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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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begann er und holte in der kalten Stille, die im Saal entstanden war, tief Luft, »würde ich auf dich schießen, und zwar direkt unter den Halsansatz. Tiefer dürfte ich nicht zielen, weil ich dann Gefahr liefe, das Mädchen zu treffen, das schräg vor dir sitzt. Höher könnte ich auch nicht zielen, weil dann die Gefahr bestünde, den jungen Mann zu treffen, der hinter dir sitzt. Die Munition, die ich verwende, ist entschärft, wie es heißt. Die Kugel würde bei dir im Körper bleiben, so daß nicht die Gefahr eines Durchschusses besteht. Falls Sie entschuldigen, meine Damen und Herren, was mich angeht, ist dieser Abend jetzt beendet.«
    Im nächsten Augenblick ging Hamilton mit langen Schritten auf die Tür zu, durch die er den Saal betreten hatte. Seine vier Sicherheitsbeamten gingen im Gänsemarsch hinter ihm her. In dem Augenblick, in dem der letzte von ihnen die Tür hinter sich zumachte, war es vollkommen still im Saal.
    Erik Ponti sah auf die Armbanduhr und schaltete das Tonbandgerät aus. Wenn er sich jetzt beeilte, würde er gerade noch den nächsten Zug schaffen und im Kampf zwischen Familie und Arbeit mindestens eine halbe Stunde Zeit gewinnen.
    Er stand auf und drängte sich schnell zum Ausgang. Er tat mit einer Handbewegung all die ab, die empört mit ihm sprechen und den jüngsten Vorfall kommentieren wollten. Manche wollten mehr oder weniger betrunken intelligente Fragen zu dem stellen, was im Lauf des Abends gesagt worden war.
    Ponti lief am NK-Haus mit den eigenartigen Käselöchern vorbei, sah auf seine Armbanduhr und verfluchte sein Alter und seine Schwerfälligkeit. Er biß jedoch die Zähne zusammen und quälte sich mit großer Atemnot weiter. Das Gewicht des Tonbandgeräts und der Bänder machte sich bemerkbar. Seine mögliche halbe Stunde, vielleicht sogar Stunde, würde am Redaktionstisch sehr wertvoll sein, im Wartesaal des Hauptbahnhofs von Uppsala jedoch sinnlos.
    Als er sich dem Bahnhof näherte, erkannte er, daß er es nicht mehr schaffen würde. Die Abfahrtszeit des Zuges tickte unerbittlich in dem Augenblick, in dem er die Bror-Hjorth-Skulptur direkt vor dem Bahnhofsgebäude passierte. Er lief jedoch trotzdem weiter, da sich Züge immer verspäten können.
    Als er den Bahnsteig betrat, sah er, wie der Zug aus dem Bahnhof rollte. Er blieb stehen und fluchte. Dann ging ihm auf, daß alles Gerede von der preiswertesten Transportmöglichkeit ihm im Augenblick höchst unpassend erschien; zwar war es ihm absolut ernst damit, daß die Chefs in der Redaktion mit gutem Beispiel vorangehen sollten, und so weiter, und so weiter, doch jetzt konnte er alles auf die Tschetschenien-Reise schieben, und außerdem hatte das Echo des Tages exklusiven Zugang zu interessantem Material. Wäre es um Tschetschenien gegangen, hätte er ohnehin die teuerste Transportmöglichkeit wählen können. Er atmete in der kühlen, naßkalten Luft ein paarmal ein und aus, um die Atemnot loszuwerden, und drehte sich um, um zum Taxistand hinauszugehen.
    Die interne und offiziellere Bezeichnung der Reichsmordkommission lautete Dezernat A. Sie nimmt einen einzigen Korridor im neunten Stock im ersten Polizeihaus von der Polhemsgatan an gerechnet ein, und in diesem Flur arbeiteten elf Männer und zwei Frauen. Willy Svensén würde bei der Pensionierung im Frühjahr siebenundzwanzig Dienstjahre mit Morden hinter sich haben und war der in der Truppe, der mit weitem Abstand am längsten im Dienst war, nicht nur in der Mordkommission, sondern überhaupt als Polizist. Er hatte dreiundvierzig Dienstjahre hinter sich und hatte einmal als junger Ordnungspolizist mit Säbel angefangen. Das kürzeste Dienstalter beim Dezernat A hatte Kriminalinspektorin Anna Wikström mit acht Monaten. Zuvor hatte sie bei der Säpo gearbeitet, war dort aber nicht entlassen worden; sie hatte vor Hamiltons Amtsantritt aufgehört. Das Gerücht von einem steten Strom von Entlassungen bei der Säpo hatte sich jetzt in den Polizeihäusern auf Kungsholmen zu verbreiten begonnen, nämlich aus dem einfachen Grund, daß derjenige, der bei der Säpo entlassen wurde, immer noch Polizeibeamter war und folglich an einer anderen Stelle im System untergebracht werden mußte.
    Bei der Mordkommission waren alle eine gut zusammengeschweißte Truppe, wahrscheinlich eine Voraussetzung dafür, so lange Zeit mit manchmal anscheinend so trostlosen Aufgaben zu verbringen, wie sie sich bei Mordermittlungen manchmal ergeben können. Aus diesem Grund ließ sich niemand stören,

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