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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Botschaft abzuwarten.
    Rune Jansson fühlte sich träge und fett. Das passierte ihm zwar nach Weihnachten und Neujahr immer wieder, und wie üblich hatte er Silvester feierlich gelobt, wieder mit seinen Trainingsläufen anzufangen. Er verabscheute das Wort Joggen, da es sich anhörte, als wäre es weniger ernst gemeint. Das Wort Trainingsläufe war ihm deshalb lieber. Diesmal würde er vielleicht ernsthaft in Gang kommen, da er keine Verletzungen hatte, die er als Ausrede benutzen konnte. Sie hatten die Weihnachtstage bei seinen Eltern unten in Östergötland auf dem Land verbracht, sehr traditionell und ohne Schnee. Er besaß die in langen Jahren eingeübte Fähigkeit, alles auszuschalten, was mit seiner Arbeit zusammenhing, wenn er über längere Zeit frei hatte. Überdies hatte sein guter Appetit die Weihnachtstage von allen Grübeleien befreit.
    Ihm war optimistisch zumute, als er die neuen Berichte des Kriminaltechnischen Labors in Linköping und des Gerichtsmediziners in Umeå in Angriff nahm. Dort hatte man zumindest eine respekteinflößende Menge an Papieren produziert.
    Rune Jansson begann mit dem Geschoß, der Kugel, die zunächst ein Fenster durchschlagen hatte und dann den Kopf Ali Akbar Kermanis, um schließlich in einem Vorort Linköpings in einer Küchenwand zu landen.
    Das vorläufige Urteil, daß es sich um ein Geschoß des Kalibers .308 Winchester handele, war bestätigt worden. Die Untersuchung des Geschosses ergab, daß es das torpedoförmige Modell war, das normalerweise bei den Streitkräften verwendet wurde. Außerdem hatte man einen kleinen Rest gerade der Lackdichtung zwischen Kugel und Hülse gefunden, die bei dieser Munition verwendet wurde.
    Das war der erste Schritt der waffentechnischen Detektive gewesen. Bei den Streitkräften gab es nämlich nicht so viele Kaliber, unter denen man wählen konnte. Die Kugel an sich hatte nicht viel ausgesagt, da man nicht wußte, aus welcher Hülse sie stammte, und bei solchen Geschossen gab es eine recht große Auswahl.
    Doch der Grund dafür, daß .308 Winchester seit langer Zeit ein bei Jägern beliebtes Kaliber war, war die Tatsache, daß man die Munition der Streitkräfte oder auch der Heimwehr als Übungsmunition verwenden konnte.
    Die Untersuchung der eigentlichen Kugel hatte Spuren kleiner Riefen ergeben, die von Glas stammen konnten. Es waren also Spuren entstanden, die nur das bewiesen, was man schon wußte, daß das Geschoß nämlich ein Fenster durchschlagen hatte.
    Ferner hatte die mikroskopische Untersuchung der einigermaßen wohlbehaltenen Kugel ergeben, daß sie aus einem Gewehr abgefeuert worden war, dessen Lauf auf eine bestimmte Art und Weise gezogen war.
    Damit blieb nur eine Auswahl von achtzehn Gewehrtypen, mehrere Waffen der Firma Remington, ferner von Harington & Richardson, Macmillan, Ruger, Accuracy International, Sako, Savage und Tikka.
    Nach Kalibern sortiert, blieben fünf denkbare Fabrikate übrig, die aufgezählt wurden. Rune Jansson vermutete, daß man in einer Stadt wie Linköping oder vielmehr im Polizeidistrikt Linköping vielleicht an die zweihundert Waffenscheine finden würde, die zu dieser Beschreibung paßten. Vermutlich würde das nichts ergeben, aber wissen konnte man das nie. Er notierte sich, daß diese Untersuchung erfolgen mußte.
    Die erweiterte gerichtsmedizinische Untersuchung, die vorgenommen worden war, um zu entscheiden, wie ein gewisser Newzat Özen außerhalb von Västerås nachts in seinem Bett schlafend hatte hinscheiden können, hatte ein einigermaßen konkretes Ergebnis zur Folge: Newzat Özen war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ermordet worden. Am wahrscheinlichsten war, daß seine Atemfunktionen in Folge einer Giftinjektion gelähmt worden waren.
    Rune Jansson erstarrte. Aus alter Gewohnheit hatte er den ganzen Papierstapel des gerichtsmedizinischen Protokolls mit einer Hand ergriffen und ihn umgedreht, um schnell zur Schlußfolgerung auf den letzten Seiten zu gelangen, dann rückwärts zu lesen und auf eine immer größere Menge medizinischer böhmischer Dörfer zu stoßen.
    Doch mochte es in gewisser Weise so sein, wie er sich gedacht hatte, blieb doch allzu vieles übrig, was nicht zusammenpaßte. Es war nicht wie damals in Haparanda, als Anders Eriksson schließlich nachweisen konnte, daß es sich um Curare gehandelt hatte, wie immer das in der Medizinersprache hieß, Succinylcholin oder so ähnlich.
    Die Gerichtsmediziner hatten miteinander Kontakt gehabt. Anders Eriksson

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