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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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er vom Kriminaltechnischen Labor und dem Gerichtsmediziner erhalten hatte. Ferner teilte er ihnen mit, welche Maßnahmen sich daraus ergäben. Willy Svensén nickte und machte sich Notizen.
    »Apropos Mord: Hast du übers Wochenende wieder ein paar unschuldige Tiere geschossen?« fragte Rune Jansson mit einer ironischen Handbewegung zu seinem jüngeren Kollegen.
    »Aber ja«, erwiderte Roger Jansson mit wachsamem Blick, da er sich der Ironie nicht sicher war. »Wir haben ein paar Rehe bei den Jungs in Fagerhult erlegt und dann noch eins zu Hause, aber jetzt im Winter ziehe ich es vor, sie zu füttern.«
    »Hast du mit .308 Winchester geschossen?« fragte Rune Jansson und parodierte einen Polizeibeamten, der mit schmal werdenden Augen sein Vernehmungsopfer mustert und voll geheimer Einsichten mit dem Kopf nickt.
    »Auf Fagerhult haben wir mit Schrot gejagt, aber das letzte Reh habe ich mit einer Kugel erlegt, also mit .308, aber das war ein verlassenes Kitz. Wieso?« entgegnete Roger Jansson mit gesenktem Kopf und ging damit auf die Parodie ein.
    »Sieh dir mal diese Liste hier an. Es sind denkbare Waffen, die der Mörder in Linköping vielleicht verwendet hat. Sagt dir das was?« fragte Rune Jansson freundlich, legte dem Kollegen den Bericht des Kriminaltechnischen Labors hin und zeigte auf die unterstrichene Reihe mit Waffentypen.
    »Na ja«, sagte Roger Jansson, »der Mörder hat entweder ein finnisches, ein englisches oder ein amerikanisches Gewehr verwendet… Tikka und Sako sind gewöhnliche Jagdgewehre, recht billig. Viele Leute haben die. Dann ist da was Englisches, von dem ich noch nicht mal was gehört habe, Harington & Richardson… Macmillan, Accuracy International… Ja! Ich glaube, ich weiß, welches Gewehr in Frage kommt. Es ist eine Militärwaffe, wir haben sie auch in Schweden. Sie heißt PSG 90 und ist ein Scharfschützengewehr. Ich bin mir fast vollkommen sicher, ich brauche nur ein Telefonat, um mir Gewißheit zu verschaffen.«
    »Gut, dann machen wir das«, bemerkte Willy Svensén. »Du behältst das im Auge. Nun, wie ist dein Verhör in Linköping gelaufen?«
    »Gut und schlecht«, erwiderte Roger Jansson und hielt vielsagend ein paar Kassetten hoch, die er in der Tasche mitgebracht hatte. »Ich werde von den Dingern Abschriften machen lassen. In aller Kürze gesagt, stehen die Dinge so: Johanna Kermani, also die schwedische Frau des Opfers, ist nicht besonders religiös. Sie haben sich in Schweden zwar standesamtlich trauen lassen und einige Jahre später nach islamischem Ritus geheiratet, was sie formal zu einer Muslima macht. Sie will jedoch vom Tschador und solchen Dingen nichts wissen, und die Ayatollahs im Iran betrachtet sie als eine böse Mischung aus Trollen und Gespenstern. Im Lauf der letzten Jahre haben sie und ihr Mann sich der kleinen Gruppe von Iranern an der Universität in Linköping angenähert, die in die religiöse Ecke tendieren. Und das ist etwas, was ganz einfach nicht paßt, zumindest, was sie angeht.«
    »Hat sie sich vielleicht für ihren Mann aufgeopfert?« warf Willy Svensén ein.
    »Ich weiß nicht. Wie ein dummes kleines Mädchen ist sie mir nicht vorgekommen. Sie ist Chemikerin und hat eine Ausbildung, die etwa zweimal der eines Kriminalinspektors entspricht, wenn ich es vorsichtig ausdrücken soll. Ihre Arbeitskollegen sehen in ihr eine normale, nette, an der Universität ausgebildete Frau. Sie arbeitet hier in der Stadt für ein Labor, das einem amerikanischen Unternehmen gehört. Und dort hat sie noch kein Sterbenswörtchen über irgendwelche Ayatollahs verlauten lassen.«
    »Kann ich mir vorstellen«, bemerkte Rune Jansson sarkastisch. »Wenn du in einem amerikanischen Unternehmen arbeiten würdest, würdest du dann sagen, du seist Kommunist?«
    »Nein, natürlich nicht«, erwiderte Roger Jansson eifrig, ohne sich einschüchtern zu lassen. »Die Sache ist aber so, daß ihre Kollegen sie als… wie soll ich sagen, als vollkommen normale Schwedin ansehen. Da wird zum Beispiel etwas von Seitensprüngen gemunkelt und solchen Dingen. Versteht ihr?«
    »Und so was darf man im Iran nicht machen, meinst du?«
    fragte Willy Svensén unsicher, da er gar nichts begriffen hatte.
    »Woher weißt du das alles?« fuhr er fort. Er bemerkte, daß sein jüngerer Kollege ihn mit der Miene eines sehr jungen Mannes ansah, der einen Vater ansieht, der nicht weiß, wer Prince ist.
    »Ich habe auf Fagerhult einen Jagdgenossen, der sich in all diesen Dingen auskennt«, sagte Roger

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