Über jeden Verdacht erhaben
erkannte, daß sie ungefähr verstanden hatte, worum es bei dieser Besprechung ging. »Das war wohl ein Ergebnis des sogenannten Zeitgeistes. Ich kann dir im Vertrauen mitteilen, daß ich hier einige bemerkenswerte Akten gefunden habe, die als Geschäftspläne und derlei bezeichnet werden. Mach dir wegen solcher Dinge keine Gedanken mehr, konzentriere dich auf deine Arbeit. Fühlst du dich hier übrigens wohl?«
»Ja, sonst hätte ich schon längst aufgehört«, erwiderte sie schnell, fast mechanisch schnell. Dann machte sie ein Gesicht, als täten ihr diese Worte schon wieder leid.
»Gut«, versetzte Carl kurz angebunden und streckte die Hand nach der grünen Mappe aus, die hinter ihm auf dem Schreibtisch lag. »Deine Arbeit hat von heute an eine höhere Priorität. Du bist jetzt stellvertretende Kriminalkommissarin mit der daraus folgenden Gehaltserhöhung und damit auch Chefin der anderen in der Dolmetscherabteilung. Damit du eine sozusagen richtige Kommissarin wirst, verlangt unsere Polizeiverwaltung, daß du bestimmte Kurse absolvierst, doch darüber entscheidest du selbst. Deine neue Position hast du von heute an.«
Er zog die Mappe zu sich heran, ging mit einigen langen Schritten durchs Zimmer und überreichte sie ihrem Chef.
»Meinen Glückwunsch, besten Dank für gute Arbeit und kluge Ansichten«, sagte er. »Und wenn du irgendwelche guten neuen Ideen hast, solltest du nie zögern, dich bei mir zu melden. Ein Kommissar kann bei uns den Chef jederzeit stören, das weißt du hoffentlich.«
»Vielen Dank«, sagte sie nur und machte dann ein Gesicht, als hätte sie ihrer Freude gern noch etwas deutlicher Ausdruck gegeben.
»Laß uns jetzt bitte kurz mal allein«, sagte Carl. Er nahm sie schnell bei der Hand, begleitete sie zur Tür, machte sie auf und ließ sie hinaus. Dann kehrte er zu ihrem Chef zurück, der jetzt aufgestanden war.
»Die stellvertretende Kommissarin Anna Karin Wingren hat eine Reihe außerordentlich kluger Vorschläge gemacht, was die Schaffung eines Filters für die persönlichen politischen Ideen der Dolmetscher angeht, ihre Freundschafts oder Feindschaftsverhältnisse zu den Landsleuten, die sie für uns übersetzen sollen«, sagte Carl zur Erklärung. »Lies dir ihre Akte durch, und laß sie auch einen Blick hineinwerfen. Dort steht alles, was wichtig ist. Das hoffe ich jedenfalls. Schick mir die Papiere wieder her, wenn ihr fertig seid.«
Carl streckte seine Hand zum Abschied aus, zeigte freundlich auf die Tür, nickte und ging zu seinem Schreibtisch zurück, als gleichzeitig das Telefon läutete.
Seine Sekretärin kam morgens nicht vor acht Uhr, und es war ungewöhnlich, daß die Zentrale direkt Gespräche zu ihm durchstellte, sofern sie nicht von der Regierungskanzlei oder dem Generalstab kamen. Er ging schnell um seinen Schreibtisch herum, winkte einem Untergebenen, der schon eine ganze Weile im Zimmer gesessen hatte, ohne sich überhaupt äußern zu können, entschuldigend zu und riß den Hörer hoch.
»Hamilton!« meldete er sich barsch.
»Verzeihen Sie, ich bin die russische Rechtsanwältin Larissa Nikolajewna Astachowa, und ich möchte gern den schwedischen Admiral Carl Hamilton sprechen«, sagte eine weibliche Stimme in angestrengtem Englisch mit hörbarem russischem Akzent.
»Gut«, sagte Carl auf russisch, »dann dürfte es praktischer sein, daß wir uns auf russisch unterhalten.«
»Oh, das ist ja verteufelt«, fuhr die Frau auf russisch fort, »was für einen Service ihr da drüben in Schweden habt! Nun, ich sagte gerade, daß ich mit Admiral Hamilton sprechen möchte. Können Sie mich mit ihm verbinden?«
»Ich bin es selbst. Was wünschen Sie?« antwortete Carl und äffte die mürrischen russischen Telefonmanieren nach.
»Oh, Verzeihung. Verzeihen Sie meine Wortwahl, mir war nicht klar, daß Sie selbst am Apparat sind«, sagte die Frau, »dann hätte ich mich vielleicht etwas respektvoller ausgedrückt.«
»Aha«, sagte Carl und setzte sich. »Woher rufen Sie an, Frau Anwältin? Wie um alles in der Welt haben Sie meine Telefonnummer bekommen?«
»Ich rufe aus Moskau an, Herr Admiral, und es war Ihre schwedische Vertretung hier, die mir die Telefonnummer gegeben hat. In der Botschaft schlug man vor, daß ich Sie anrufe und die Angelegenheit erkläre, statt den Weg über die Bürokratie zu wählen.«
»Klingt vernünftig«, bemerkte Carl. »Und jetzt zur Sache!«
»Also, ich rufe auf Verlangen eines Klienten an, nämlich von Generalleutnant Jurij
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