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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Jansson schnell und begütigend. »Eins steht aber fest: Hier stimmt definitiv etwas nicht. Ihr Mann war ein gewöhnlicher säkularisierter iranischer Akademiker, ein Flüchtling, Facharzt für Innere Medizin und … ja, genau, war also Arzt, obwohl er als Arzt nie eine Anstellung gefunden hat. Außerdem hat er Wein getrunken. Die beiden hatten einen Vorrat auf dem Kühlschrank. Ich habe nachgesehen, und sie wußte nicht, was Musar für ein Wein ist.«
    »Ach nein. Verzeih einem ahnungslosen Polizisten vom Lande, aber das weiß ich auch nicht«, warf Rune Jansson zweifelnd ein.
    »Eben«, sagte Roger Jansson mit einem breiten Lächeln.
    »Glaubst du, ich hätte das gewußt? Im Systembolaget gibt es diesen Wein nicht, jedenfalls nicht den Jahrgang, der dort lag. Es ist ein libanesischer Wein. Weinkenner behaupten, es sei der einzige Wein aus dem Nahen Osten, der es mit europäischen Weinen aufnehmen könnte. Sie hat diese Flaschen nicht gekauft, das kann ich bezeugen.«
    »Na ja, das zeigt nur, daß du noch jung und munter bist und immer noch zwei offene Augen im Kopf hast«, sagte Willy Svensén mit einem amüsierten Glitzern in den Augen. »Aber was hast du soeben bewiesen?«
    »Daß er den Wein gekauft hat!« sagte Roger Jansson und breitete die Arme aus, als wäre es eine Selbstverständlichkeit.
    »Ja, das leuchtet mir ein«, sagte Willy Svensén und hob verschmitzt die Augenbrauen. »Er hat also den Wein gekauft. Das nehmen wir dir ab. Und?«
    »Dann war er aber kein fanatischer gläubiger Schiite, der das Trinken von Wein als große Sünde ansieht!« sagte Roger Jansson triumphierend.
    Seine Vorgesetzten gaben sich sofort geschlagen und bestätigten es mit einem kurzen Kopfnicken.
    »Seine Frau war eine ganz gewöhnliche Schwedin, etwa so, wie auch wir uns dafür halten, und er war kein religiöser Fanatiker«, faßte Rune Jansson zusammen. »Und das hat sie bestätigt?«
    »Nein, genau das hat sie gerade nicht getan«, sagte Roger Jansson nachdenklich. »Außerdem hat sie bei diesem Thema gelogen. Sie hatte sich bei meiner Ankunft sogar verkleidet, hatte eine Art Tschador angelegt, der sogar ihre Arme bedeckte. Natürlich trug sie auch ein sehr langes Kleid, das ihr bis zu den Knöcheln reichte. Das war aber nicht besonders überzeugend, wenn ich so sagen darf. Ich fragte sie, wo in der Wohnung sie normalerweise bete. Sie zeigte mir eine Stelle, aber dort befand sich kein Gebetsteppich, und außerdem stimmte die Himmelsrichtung nicht. Na ja, zum Beten hätte sie nach Südosten blicken müssen, nach Mekka.«
    »Hat sie in weiteren wesentlichen Punkten gelogen?« wollte Rune Jansson wissen.
    »Nein, eigentlich nicht, aber sie hatte Angst vor mir. Und als ich nicht lockerließ, na ja, ihr könnt es euch schon vorstellen, sagte sie plötzlich etwas, woraus ich nicht so recht schlau geworden bin. Ich habe es aber auf Band: ›Ihr solltet das schließlich wissen, immerhin hat er der Polizei geholfen.‹ Und wie sehr ich auch nachhaken wollte, sie schüttelte nur den Kopf. Sie leugnete sogar, es gesagt zu haben, obwohl ich es auf Band hatte.«
    »Spionage unter Flüchtlingen?« fühlte Willy Svensén vor.
    »Ja, das ist das erste, was man vermutet. Aber die Polizei? Das sind wir doch!«
    »Nun ja, wir beschäftigen uns ja nicht mit solchen Dingen, das dürfte dann eher die Säpo sein«, sagte Rune Jansson. »Aber warte mal. Nehmen wir doch mal an, daß dieser Mediziner… ach, übrigens, wo hat der eigentlich gearbeitet?«
    »In einem Hamburger-Restaurant«, erwiderte Roger Jansson.
    »Als Putzmann, und zwar für die Hälfte des Lohns, den die Schulmädchen bekommen, die den Leuten die Hamburger servieren.«
    »Nehmen wir mal an, er hat für die im Gebäude nebenan gearbeitet und Flüchtlinge ausspioniert«, sagte Rune Jansson und zeigte mit dem Daumen über die Schulter. »Dann steht er doch sozusagen auf unserer Seite, was immer man von dieser Tätigkeit halten mag?«
    »Habe ich auch gerade gedacht«, bemerkte Roger Jansson.
    »Dann werden wir die da oben fragen müssen«, meinte Willy Svensén.
    »Ja, ich habe ohnehin etwas auf dem Herzen, was ich die Säpo fragen wollte«, brummte Rune Jansson nachdenklich. »Wir fragen nach, und dann hetzen wir den jungen Roger noch einmal auf sie, denn sie lügt ganz offensichtlich.«
    »Ich weiß«, fiel Willy Svensén ein. »Wir machen es so: Ich nehme Verbindung mit diesem Oberstaatsanwalt in Västerås auf und bitte ihn, die Zwangsmaßnahmen offiziell zu beschließen,

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