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Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel

Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel

Titel: Über mir der Himmel - Nelson, J: Über mir der Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jandy Nelson
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immer labert, und er glaubt, sie hat musikalisches Insiderwissen oder so.« Zwei Seelen, ein Gedanke … dann fängt Sarah plötzlich an, auf ihrem Sitz zu hüpfen wie auf einem Springstock. »O Lennie, tu es! Fordere sie heraus. Sag ihr, du willst erste Klarinette spielen. Heute. Kommschon. Das wär so aufregend, wahrscheinlich ist so was in der Geschichte des Orchesters noch nicht vorgekommen – eine Herausforderung am letzten Schultag!«
    Ich schüttel den Kopf. »Das wird nicht passieren.«
    »Wieso nicht?«
    Ich antworte ihr nicht, ich weiß nicht wie.
    Ein Nachmittag im letzten Sommer taucht in meinem Kopf auf. Ich hatte gerade meinen Unterricht bei Marguerite geschmissen und hing mit Bailey und Toby am Flying Man’s ab. Er erzählte uns, dass Rennpferde immer diese Beistellponys an ihrer Seite haben, und ich weiß noch, dass ich dachte: Das bin ich . Ich bin ein Beistellpony und Beistellponys spielen keine Solos. Sie spielen weder erste Klarinette, noch nehmen sie an einem bundes- oder landesweiten Wettbewerb teil, noch denken sie ernsthaft an ein gewisses Konservatorium in New York City, von dem Marguerite hartnäckig immer wieder anfing.
    So was tun sie einfach nicht.
    Sarah seufzt und schwenkt in eine Parklücke ein. »Na gut,
ich glaub, dann muss ich mich am letzten Schultag auf eine andere Art vergnügen.«
    »Glaub ich auch.«
    Wir springen aus Ennui, steuern Cecilia’s an und bestellen eine obszöne Menge Kuchen, die Cecilia uns kostenlos und mit demselben kummervollen Blick überlässt, der mich auf Schritt und Tritt verfolgt. Ich glaube, würde ich darum bitten, gäbe sie mir sogar noch das letzte Stück Kuchen im Laden.
    Wir landen auf unserer bevorzugten Bank neben Marias Italienischen Delikatessen. Seit meinem vierzehnten Geburtstag bin ich dort im Sommer immer die Cheflasagneherstellerin. Morgen fange ich wieder an. Die Sonne ist in Millionen Stücke explodiert, die alle auf die Main Street gerieselt sind. Ein herrlicher Tag heute. Alles strahlt, nur nicht mein schuldbeladenes Herz.
    »Sarah, ich muss dir was erzählen.«
    Sie bekommt einen besorgten Blick. »Klar.«
    »Neulich Nacht ist was mit Toby gewesen.« Ihre Sorge hat sich in etwas anderes verwandelt, das hatte ich befürchtet. Sarah folgt einem eisernen Verhaltenskodex für Freundinnen, wenn es um Jungs geht. Schwesternschaft über alles ist die Devise.
    »Was gewesen im Sinne von was gewesen? Oder einfach nur was gewesen?« Ihre Augenbrauen streifen den Mars.
    Mir dreht sich der Magen um. »Wie was gewesen … wir haben uns geküsst.« Ihre Augen weiten sich und ihre Miene verzieht sich ungläubig, vielleicht auch entsetzt. Das ist das Gesicht meiner Schande, denke ich, als ich sie ansehe. Wie
konnte ich Toby nur küssen? , frage ich mich zum tausendsten Mal.
    »Wow«, sagt sie. Wie ein Stein fällt das Wort zu Boden. Sie macht keinen Versuch, ihre Verachtung zu verbergen. Ich vergrabe den Kopf zwischen den Händen und bereite mich auf die Bruchlandung vor – ich hätte es ihr nicht sagen sollen.
    »In dem Augenblick fühlte es sich richtig an, wir vermissen beide Bailey so sehr, er versteht es einfach, versteht mich, er ist der Einzige, der das tut … und ich war betrunken.« All das rede ich in meine Jeans.
    »Betrunken?« Sie kann aus ihrer Überraschung keinen Hehl machen. Auf den Partys, zu denen sie mich mitschleift, trinke ich höchstens mal ein Bier. Dann, mit einer leiseren Stimme, höre ich: »Toby ist der Einzige, der dich versteht?«
    Uh-oh.
    »So hab ich das nicht gemeint.« Ich hebe den Kopf, damit ich ihr in die Augen schauen kann. Aber es ist nicht wahr. Ich hab es so gemeint und ich kann ihr ansehen, dass sie es weiß. »Sarah.«
    Sie schluckt, guckt weg, dann wechselt sie schnell das Thema und kommt wieder auf meine Schande zu sprechen. »So was kann vorkommen. Kummersex ist so ein Ding. In einem dieser Bücher hab ich was darüber gelesen.« Immer noch schwingt Verurteilung in ihrer Stimme mit – und jetzt auch noch etwas anderes.
    »Wir hatten keinen Sex«, sage ich. »Ich bin immer noch die letzte standhafte Jungfrau.«
    Sie seufzt, dann legt sie mir den Arm um, ungelenk, so als
ob sie das tun müsste. Ich fühle mich wie im Schwitzkasten. Keine von uns hat einen Schimmer, wie wir mit dem Ungesagten umgehen sollen oder was es ist.
    »Ist okay, Len. Bailey würde das verstehen.« Das klingt alles andere als überzeugend. »Und es wird ja auch nie wieder vorkommen, richtig?«
    »Natürlich nicht«, sage ich und

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