Über Morgen
ist erst das fünfte Rennen, an dem ich in meinem ganzen Leben teilnehme. Ich platziere mich im hinteren Teil des Pulks und dehne mich erneut, auch wenn dasDehnen vor einem Rennen eigentlich keine so gute Idee ist. Mein Stresslevel steigt auf 3,8. Noch drei Minuten. Mein GSRcx piepst. Theo ist in Reichweite. Ich schaue mich um, kann ihn aber nicht entdecken.
Viel Glück , schreibt er.
Dir auch , schicke ich zurück, fast schneller, als ich die Worte denken kann. Dann geht es los. Es ist ein Flachrennen also muss ich aufpassen, dass ich nicht zu langsam starte. Gleichzeitig muss ich aber auch daran denken, mit meiner Energie auf den ersten vier Kilometern zu haushalten, damit ich in der zweiten Hälfte schneller laufen kann. Meine letzte persönliche Bestzeit über acht Kilometer waren 42:02. Gar nicht so schlecht für einen blutigen Anfänger, aber ich glaube, heute bin ich besser. Sobald ich mich aus dem Durcheinander der Körper aus dem Pulk gelöst habe und in meiner eigenen Geschwindigkeit neben dem Weg laufe, schaue ich automatisch auf mein Tempo. Es liegt im Moment bei 09.17. Ich muss etwas schneller werden, aber ich darf auch nicht zu früh müde werden. Mein GSRcx piepst.
Was gab’s zum Frühstück?
Ich lächle und schreibe: Porridge. Bei dir.
Hört sich gut an.
Ach herrje, wie macht man ein Fragezeichen.
Mit dem Hammer.
und Apostrophen?
ohren.
Also was gab’s bei dir zum Frühstück?
Dasselbe wie bei dir. Mit Heidelbeeren. Wo bist du?
Im hinteren Feld. und du?
Im vorderen Feld! Du hast mir noch gar nicht gesagt, wie du heißt.
Agnes.
Apfel, Gitarre, Nuss, Ei, Stern. Hört sich ganz gut an. Die Spitze ist ein ganz schönes Stück weiter vorne. Aber das ist mir ziemlich egal. So ein Rennen zu laufen ist etwas völlig anderes, als gegen ein Boot zu laufen, das gegen die Strömung fährt. Ich werde es niemals schaffen, Theo zu schlagen, wenn er schon jetzt im vorderen Feld läuft. Das kann ich wirklich niemals gewinnen. Aber das ist inOrdnung. Alles, was ich möchte ist eine neue persönliche Bestzeit und, wenn ich ehrlich bin, eine Gelegenheit herauszufinden, wer Theo ist. Außerdem mag ich es auch sehr gerne, Teil einer Gruppe Menschen zu sein, die alle dasselbe Ziel haben, so als wären wir blaue Autos im Netzwerk. Jeder möchte etwas anderes und mag unterschiedliche Bücher und Musik – aber für den Moment bewegen wir uns, als wären wir ein Ganzes. Wir machen alle dasselbe. Mein alter iPod spielt Elliott Smith, dann die Pixies, Pavement und Bob Dylan. Ich laufe mich in eine Art Trance, bis mein GSRcx wieder piepst.
Was glaubst du, ist das Wichtigste im Leben?
Ich war mir nicht sicher, die Antwort auf diese Frage zu haben, aber ich schrieb zurück: Muster. und was glaubst du?
Liebe.
Das Rennen absolviere ich in 39:45 Minuten. Nach dem Endspurt bin ich erledigt und schaffe es gerade noch, meine Medaille in Empfang zu nehmen und das Wasser zu trinken, das mir jemand in die Hand gedrückt hat, bevor ich im Gras alle Viere von mir strecke. Ich schließe die Augen und langsam wird meine Atmung wieder regelmäßiger. Ich habe mich mit der Tatsache abgefunden, dass er da sein wird, sobald ich die Augen öffne, und dass ich schrecklich aussehen werde. Ich stelle mir vor, wie seine Locken feucht vom Schweiß sein werden und sein grünes Shirt an seinem Oberkörper klebt. Vielleicht sind seine Knöchel voller Matsch. Er wird mir ein Bier reichen, auch wenn ich eigentlich diejenige sein sollte, die die Drinks ausgibt. Ich liege ein paar Minuten hier und nichts passiert. Dann öffne ich die Augen. Kein Theo in Sicht. Stattdessen ein Mann mit Jeans und einem Intel-blauen T-Shirt, der so alt sein könnte wie mein Vater. Er hält etwas in der Hand, was nach einer Visitenkarte aussieht.
„Entschuldigung, ich möchte nicht stören.“
„Nein, schon Okay“, sage ich und setze mich auf.
„Sind Sie Agnes?“
„Ja.“
Er reicht mir die Visitenkarte. Darauf steht Richard Mars. Leitung Entwicklungsabteilung. Factors.
„Ich hätte da einen Job für Sie, wenn Sie wollen. Gedankenkontrollierte Spiele.Ich habe gehört, Sie sollen ziemlich talentiert sein.“
„Wie bitte? Ich verstehe nicht ganz ...“
„Das Gehalt ist nicht schlecht, aber darüber können wir noch sprechen. Und Sie müssten auch ein bisschen herumreisen. Haben Sie Interesse?“
Natürlich bin ich interessiert, aber ich höre mich selbst sagen: „Ich bin mir nicht so sicher.“
Er lächelt. „Ich kann mir vorstellen, dass Sie
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