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Überfall im Hafen

Überfall im Hafen

Titel: Überfall im Hafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Kumpane.
    „Mir kommen die Tränen“, meinte Eddi.
    Drohend beugte sich Skin über den
Hausmittel-Hersteller. „Wenn wir mit dir fertig sind, Opa, hast noch mehr Krankheiten.
Zum Beispiel: wackelnde Zähne.“
    „Und Hexenschuß“, feixte Eddi.
    „Sowie Hautabschürfungen“, ergänzte
Django.
    Die bringen mich um! schoß es Heldt
durch den Kopf. Hier, mitten im Hafen, am Pfingstsonntag, auf einem Fährschiff
— inmitten von Fahrgästen... nein, es sind ja keine da außer mir und diesem
Trio. O Gott! Soll ich um Hilfe rufen? Wer würde mich hören?
    Seine Brust wurde eng. Die Krawatte
schien ihm die Luft abzuschnüren.
    Verzweifelt riß er sich den Kragen auf.
    Für einen Moment wurde ihm schwarz vor
Augen.
    „Faßt mich... nicht an!“ stammelte er.
„Ich... fühle mich bedroht. Bin... krank. Laßt mich in Ruhe, sonst... kommt
euch das teuer zu stehen.“

    Bösartiges Gelächter brandete auf.
    „Er droht uns“, sagte Django.
Gleichzeitig versetzte er Heldt einen Schlag vor die Brust, und auch die
anderen hoben die Fäuste. „Du hast mir eine reingehauen, Opa. Das hat noch
keiner gewagt. Jetzt kriegst du die Quittung.“
    Heldt war nicht krank im eigentlichen
Sinne. Seine Beschwerden, die allerdings von Tag zu Tag massiver wurden, hätten
einen Arzt zu der Feststellung veranlaßt: „Keine organischen Schäden, mein
Lieber. Aber Sie sind ein Fresser, Säufer und Faultier. Wenn Sie sich um das
Gegenteil bemühen, sind in vier Wochen alle Symptome verschwunden.“
    Heldt wußte natürlich, daß man sich zu
Tode mästen und am Alkohol kaputtgehen kann. Und daß ein Körper, der nicht
durch Bewegung gefordert wird, allmählich zum lebenden Leichnam verkommt. Daß
er seine Lebensweise dennoch nicht änderte, lag in seinem Charakter begründet.
Er vertraute auf die Hilfe der Medizin. Jetzt wurde er eines anderen belehrt.
    Er war der seelischen Belastung nicht
gewachsen. Sein Kreislauf versagte. Kein Blut mehr im Gehirn. Lediglich dicke
Füße und ein Puls nahe bei null.
    Heldt sackte zurück. Sein Kopf sank auf
die Schulter. Aus dem Mundwinkel hing ihm die Zunge heraus. Er verdrehte die
Augen. Ohnmacht.
    Mitleidlos beobachteten ihn die drei.
    „Seht euch den Penner an!“ meinte Eddi.
    „Und darauf sollen wir reinfallen?“
lachte Skin. „Der verstellt sich doch.“
    Django beugte sich über Heldt und schob
eins seiner Lider hoch.
    „Nee, Leute! Der weilt geistig
woanders. Schlapper Typ! Aber wir sollten jetzt die Mücke machen. Sonst sind
wir’s gewesen. Dabei haben wir ihn gar nicht angerührt, wie? Nicht mal mit der
Fingerspitze.“
    Sie verzogen sich zur Tür, hinter der
ein Niedergang abwärts führte.
    Doch Eddi fiel noch was ein.
    Er machte kehrt, lief zu Heldt und zog
ihm die goldene Armbanduhr vom Handgelenk.
     
    *
     
    Fährschiffe sind rundum verglast.
    Lotzke hatte eine Ecke gefunden, in der
er — zusammengekauert — nahezu unsichtbar war.
    Aber wenn er den Hals verdrehte, sich
reckte und ein Stück zur Seite rückte, konnte er zum Achterdeck spähen.
    Schadenfreude rieselte ihm durchs
Gemüt.
    Er beobachtete, wie sich die Rocker
über Heldt hermachten. Dem erging’s schlecht.
    Jetzt hing er k. o. in den Seilen,
vielmehr auf der Bank, hatte tatsächlich die Pupillen auf null gedreht und
wirkte fahl wie der Bauch eines toten Fisches. Bekanntlich schwimmen die in
Rückenlage.
    Und das Trio? Dem grauste es wohl vor
der eigenen Courage. Jedenfalls türmten sie hastig, die drei. Nicht ohne Heldt
vorher die Uhr abzunehmen.
    Lotzke duckte sich hinter eine Lehne,
als die Rocker vorbeiliefen.
    Sie durchquerten den Fahrgastraum und
stampften den Aufgang zum Vorderdeck hinauf. Oben, im Freien, würde ihnen der
Fahrtwind um die Ohren wehen, und die Sonne war grell.
    Zum Achterdeck konnten sie von dort aus
nicht sehen.
    Lotzke richtete sich auf.
    Was war jetzt mit Heldt?
    Immer noch bewußtlos. Tatsächlich. Mal
sehen, ob er lebt.
    Lotzke nahm seinen Musterkoffer.
    Als er die Stufen des Aufgangs erklomm,
wußte er noch nicht, wie er sich verhalten sollte.
    Einerseits haßte er Heldt. Andererseits
mußte er Hilfe leisten. Aber wie? Das Fährschiff war noch in voller Fahrt. In
etwa fünf Minuten würde es anlegen — drüben auf der anderen Seite des Hafens.
    Von Erster Hilfe verstand Lotzke
nichts. Der Bedienstete der Fährschiff-Gesellschaft hockte sicherlich vorn beim
Kapitän — und die beiden ärgerten sich, daß sie am Pfingstsonntag Dienst
hatten. Von denen war nichts zu erwarten.
    Lotzke

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