Überfall im Hafen
müssen nachsehen.
Schaffst du das, Tim?“
„Mit links.“
„Ich komme mit“, meinte Klößchen zum
Erstaunen aller. „Habe heute meinen turnerisch starken Tag. Außerdem muß man ja
nur einen Schritt machen.“
So leicht war es dann auch — fast.
Geschickt manövrierte Sauerlich das
Boot längsseits, bis es den — mit einem dicken Gummiwulst gepolsterten —
Schiffskörper berührte. Außenbords, also diesseits von Schanzkleid und offener
Reling, verlief eine Art Sims.
Tim stieg hinauf, hielt sich am
Handläufer fest — dem Reling-Geländer reichte Klößchen die Hand und zog ihn
hoch auf den Sims.
Sie flankten hinüber. Das heißt, Tim
flankte. Klößchen machte eine Art Wälzrolle und landete auf den Planken wie
eine gutgenährte Robbe.
Die Stelle, die sie erwischt hatten,
war einer der Ein- bzw. Ausgänge.
Sie rannten durch den Fahrgastraum, der
völlig leer war, entdeckten den Aufgang zum Achterdeck und jagten hinauf.
Tim sah sofort, was mit dem Mann los
war.
Totenbleich hing er auf der Bank. Ein
Ohr blutete. Das Hemd war aufgerissen. Zwei kleine Koffer lagen neben ihm.
„Heh, Sie!“ Tim rüttelte ihn
vorsichtig.
„Lebt er noch?“ fragte Klößchen.
Tim fühlte den Puls. „Sehr sogar. Aber
verdammt wenig Strom in der Leitung. Hilf mal!“
Zusammen legten sie ihn auf die Bank.
„Er braucht einen Arzt“, sagte Tim.
„Ein Glück, daß wir gleich da sind.“
Der Kapitän, der von allem nichts
wußte, manövrierte bereits.
Sie näherten sich der Landungsbrücke
,Heringsschwarms Nachtrettungslicht’. So jedenfalls stand’s auf dem Schild.
Tim beugte sich über die Reling.
Unten tuckerte die ,Seeschwalbe’ mit
gebremstem Schaum.
„Der Mann ist bewußtlos. Und verletzt“,
rief er hinunter. „Ein Arzt ist nötig. Aber erst mal bemühen wir uns um
ihn.“
Sauerlich hob die Hand. „Wir holen
Hilfe.“
In der nächsten Sekunde schoß das Boot
an der Fähre vorbei in Richtung Landungsbrücke.
Die Motoren der Fähre dröhnten. Sie
schien sich seitwärts zu bewegen.
Tim bückte sich über den Bewußtlosen
und begann mit einer Herzmassage, was hoffentlich helfen würde, aber ganz
bestimmt nicht schaden konnte.
Die Fähre manövrierte weiterhin ganz
behutsam. Fast ohne Fahrt glitt sie an die Landungsbrücke, um anzulegen.
Den Mann im hellen Anzug müßten wir
suchen, dachte Tim. Nein. Das hier ist wichtiger. Der atmet ja kaum noch. Soll
ich Klößchen losschicken? Im Fahrgastraum war niemand. Bleibt nur das
Vorderdeck übrig. Oder hat sich der Täter versteckt?
„Willi, stell dich drüben an die
Reling. Behalt den Ausgang im Auge! Ob der Typ dabei ist.“
„Welcher? Ach so, der im hellen Anzug,
den Gaby gesehen hat. Verstehe.“
Er stiefelte zur anderen Seite.
„Jetzt haben wir angelegt“, rief er.
„Merkst du’s? Das Fährschiff stoppt.“
„Paß auf, daß dir nichts entgeht.“
„Die ,Seeschwalbe’ ist dort hinten
vertäut. Nur Oma und Gaby sitzen noch drin. Karl und Papa sind sicherlich am
Telefon. Ha! Jetzt geht einer an Land. Hier bei uns, meine ich. Scheint ein
Marineoffizier zu sein. Nee, Irrtum! Ist ein Bediensteter vom Fährschiff. Er
hat ‘ne Fahrscheintasche umgehängt.“
„Und?“
„Nichts. Wir... Doch! Jetzt sehe ich
ihn, Tim. Ein Typ im hellen Anzug. Er redet mit dem Marineoffizier. Ich
meine... Du weißt schon. Er haut ab. Mann, hat’s der eilig! Wollen wir
hinterher? Können wir uns sparen. Den holen wir nicht mehr ein.“
„Vielleicht kennt ihn der
Fahrschein-Typ.“
Tim strengte sich an, knetete und
massierte, prüfte zwischendurch den Puls des Bewußtlosen und stellte eine
geringfügige Besserung fest. Aber der Mann wurde nicht wach.
„Uiiih!“ quäkte Klößchen. „Du glaubst
es nicht. Drei Rocker. Wo waren die denn? Die türmen ja, als wäre hier die Pest
an Bord. Sonst sehe ich keinen. Was machen wir nun?“
„Wir warten auf den Arzt. Hoffentlich
kommt er bald. Ich kann nichts mehr tun.“
14. Blut am Ohr
Der Notarzt und Kommissar Ohnesorge,
den die TKKG-Bande seit gestern kannte, trafen gleichzeitig ein.
Auf einer Bahre wurde der Bewußtlose an
Land gebracht.
Als ihn die beiden Sanitäter an Hermann
Sauerlich vorbeitrugen, traf ihn fast der Schlag.
„Das ist Heldt!“ rief er. „Achim Heldt!
Ja, um Himmels willen! Wieso er?“
Tim, der bereits die beiden Koffer
gefilzt hatte, nickte. „Wäre er in seinem Kontor geblieben, ginge es ihm jetzt
besser.“
„Sie kennen den Mann?“ fragte
Ohnesorge.
„Von
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