Überfall im Hafen
früher“, nickte Sauerlich. „In
meiner Jugend gehörten wir alle zu einer Clique. Ich wollte Achim Heldt vorhin
besuchen, traf ihn aber nicht an.“
Sie sahen zu, wie Heldt in den
Notarztwagen gebracht wurde.
Das Fahrzeug parkte vor einem
Dienstgebäude der Fährschiff-Gesellschaft.
Der Arzt, der Heldt untersucht hatte,
kam heran.
„Zum Glück ist es nicht so schlimm, wie
es aussah. Der Mann hatte einen schweren Anfall. Aber es besteht keine
Lebensgefahr. Wir bringen ihn ins Krankenhaus.“
„Also nur ein Anfall?“ sagte der
Kommissar. „Keine Gewalteinwirkung? Ich muß nachfragen, weil Gaby Glockner
gesehen haben will, wie ein Unbekannter auf Heldt — er heißt Achim Heldt —
einschlug.“
Von Sauerlich wußte Ohnesorge bereits,
was sich abgespielt hatte.
„Herr Heldt wurde geschlagen“, sagte
Gaby. „Oder irgendwie gepackt und gerupft. Genau konnte ich das nicht
erkennen.“
„Außerdem“, sagte Ohnesorge, „haben Tim
und Willi Blutspuren entdeckt. Hier?“
Er griff sich ans Ohr. Fragend sah er
den Arzt an.
„Stimmt!“ sagte der. „Das Ohrläppchen
ist eingerissen. Als hätte jemand daran gezerrt. Daß sich Heldt selbst verletzt
hat, halte ich für ausgeschlossen.“
„Also hat jemand versucht, ihm das Ohr
abzureißen“, faßte Ohnesorge als Ergebnis zusammen.
Der Arzt hob die Achseln. Dann nickte
er.
„Hm“, brummte der Kommissar. „Also
Körperverletzung mit gefährlichen Folgen. Wer war das? Heldt können wir im
Moment nicht fragen. Oder ist er vernehmungsfähig?“
„Den lassen wir erst mal in Ruhe. So,
ich muß los. Der Patient braucht mich.“
Der Arzt nickte in die Runde, machte
eine Verbeugung vor Oma Sauerlich und zog ab.
Ohnesorge wandte sich an Gaby. „Wie sah
der Mann aus, den du durchs Fernglas gesehen hast?“
„Oh, beschreiben kann ich den nicht“,
antwortete sie. „Unser Boot hat gewackelt. Außerdem sah ich ihn nur von hinten.
Daß er einen hellen Anzug trug, weiß ich.“
Tim grinste. „Wahrscheinlich heißt der
Mann Ferdinand Lotzke — und könnte Vertreter sein für das Hausmittel, das Heldt
herstellt. Für Fitto-Top. Lotzkes Adresse haben wir auch.“
Verblüfft sahen ihn alle an —
ausgenommen Klößchen.
Der wetzte die wenigen Meter bis zum
Dienstgebäude, wo ein schwarzer Aktenkoffer an der Mauer stand — daneben ein
brauner Musterkoffer, wie ihn Vertreter herumschleppen.
„Beide Behältnisse“, Tim befleißigte
sich bürokratischer Ausdrucksweise, „wurden von uns am Tatort sichergestellt,
weil selbiger ja auch anderen Personen zugänglich und daher unsicher war. Ich
rief Sie dann an, Herr Kommissar. Aber während wir auf Sie warteten, hätte uns
die Neugier — mit uns meine ich Willi und mich — fast zerrissen. Deshalb
gestatteten wir uns Einblick in die Behältnisse. Der Aktenkoffer gehört Heldt.
Geschäftspapiere sind drin. Der Musterkoffer gehört Ferdinand Lotzke —
jedenfalls ist dessen genaue Adresse innen aufs Leder gemalt. Der Inhalt
besteht aus Fitto-Top-Fläschchen.“ Klößchen überreichte dem Kommissar die
Koffer.
„Besten Dank!“ meinte der. Amüsiert
fügte er hinzu: „Falls ich mal Probleme habe, werde ich mich an euch wenden.“
„Wir vier“, Tim grinste, „können sogar
Referenzen (Empfehlungen) vorweisen. In unserer Heimatstadt beteiligen
wir uns des öfteren an polizeilichen Ermittlungen. Gabys Vater ist
Kripo-Kommissar — und hat eine enorm hohe Aufklärungsquote. Wenn Sie ihn
anrufen wollen — er wird uns sicherlich wärmstens empfehlen.“
Ohnesorge glaubte, nicht richtig gehört
zu haben.
Sauerlich seufzte. „Was er sagt, ist
leider wahr, Herr Kommissar. Sie glauben nicht, wie viele schlaflose Nächte das
allen beteiligten Eltern bereitet.“
„Übrigens“, sagte Tim, „haben wir nicht
nur unsere Neugier gestillt, während des Wartens, Herr Kommissar, sondern
umfassend, ohne Lücke, alles festgemacht, was zur Situation gehört. Damit meine
ich: Außer Heldt, dem Mann im hellen Anzug — der vielleicht mit Lotzke
identisch (personengleich) ist dem Kapitän und dem Bediensteten befanden
sich noch drei abenteuerliche Gestalten an Bord. Rocker! Willi hat sie nur von
hinten gesehen. Oma und Gaby konnten sie von der Seite bewundern — aber auf
größere Entfernung. Herr Sauerlich, Karl und ich hatten überhaupt nicht das
Vergnügen. Doch der Bedienstete, an dem sie vorbeirannten, kennt die drei. Sie
fahren häufig mit der Fähre und nennen sich Django, Eddi und Skin. Skin heißt
mit Nachnamen
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