Überfall im Hafen
Brehbörtl. Das weiß der Bedienstete, weil Skin auf dem Fährschiff
mal seine Brieftasche verloren hat. Der Bedienstete fand sie.“
Ohnesorge sagte eine Weile nichts.
Mit ganz anderen Augen als bisher
betrachtete er die TKKG-Bande.
„Daß euch gestern der Einbrecher
entwischt ist“, sagte er schließlich, „war sicherlich Zufall, nicht wahr?“
Tim schüttelte den Kopf. „Im
allgemeinen sind wir gründlich und umsichtig. Gestern ist uns echt ein Fehler
unterlaufen. Zeitlich haben wir den Einbrecher völlig falsch eingeschätzt. Aber
das passiert uns kein zweites Mal.“
„Bestimmt nicht“, nickte Ohnesorge.
„Was meint ihr denn nun: Haben die Rocker mit der Sache was zu tun?“
Tim grinste. „Das müssen wir
überprüfen.“
„Wir?“
„Selbstverständlich leiten Sie die
Ermittlung. Aber uns brauchen Sie als Augenzeugen. Wir müssen unbedingt
dabeisein.“
„Na, dann frohe Pfingsten!“ murmelte
Ohnesorge.
15. Ein seltsamer Vertreter
Oma Sauerlich und ihr Sohn traten die
Rückfahrt an.
Die TKKG-Bande mußten sie dem Kommissar
überlassen. Dem schien das nicht ganz geheuer zu sein. Aber er hatte keine
Wahl.
Zufrieden quetschten sich die vier
Freunde in den Polizeiwagen, wo ein Uniformierter am Lenkrad saß:
Polizeimeister Hornrich.
Er war jung und hatte seltsamerweise
nur auf einer Gesichtshälfte Sommersprossen, der rechten.
Ab Nasenrücken links wies sein heller
Teint nicht eine einzige Abweichung auf.
Ohnesorge hatte Heldts Aktenkoffer in
den Kofferraum gelegt.
Lotzkes Ausrüstung stellte er vor dem
Beifahrersitz auf den Boden.
Nachdem er sich angegurtet hatte, griff
er zum Sprechfunkgerät.
„Hallo, Zentrale! Hier Wagen Ohnesorge.
Stellt mal die Adresse fest von einem gewissen Skin Brehbörtl. Wahrscheinlich
ist Skin ein Spitzname, aber den Taufnamen weiß ich nicht. Ende!“
Tim konnte die gequäkte Antwort nicht
verstehen.
Ohnesorge legte den Hörer zurück.
„Jetzt habe ich Lotzkes Adresse
vergessen“, murmelte er.
„Vorderer Manntau Weg 19“, sagte Tim.
„Wenn ich dich nicht hätte!“ sagte
Ohnesorge.
„Sie kämen auch allein ganz gut
zurecht“, lachte Tim. „Aber jetzt haben Sie nicht nur mich, sondern uns alle
vier.“
„...auf dem Hals“, ergänzte Ohnesorge.
Immerhin: Auch er lachte.
„Manntau Weg“, sagte Hornrich. „Das ist
ganz nahe hier bei, nicht wahr?“
„Dann fahr mal hin zu!“ nickte
Ohnesorge.
Die vier TKKGler tauschten Blicke und
schwiegen erheitert.
Alsbald holperte der Wagen über eine
schiefe Fahrbahn. Sie gehörte zum Vorderen Manntau Weg.
Ältliche Häuser wurden von Gärten
umgeben. Einige Grundstücke waren unbebaut. Auf anderen lagerte der Schutt
abgerissener Ruinen.
Kein Nobel-Viertel, dachte Tim. Aber
für einen Fitto-Top-Vertreter angemessen.
Sie fanden Haus Nr. 17 und Nr. 21.
Nr. 19 gab’s nicht.
Doch dann entdeckte Karl eine
stichstraßenartige Gasse.
Am Lichtmast war ein Schild angebracht
— mit dem Hinweis auf Nr. 19.
Die Gasse führte bis vor ein
Gartenhaus.
Der gelbe Verputz bröckelte bereits ab.
Hinter staubblinden Scheiben hingen Gardinen.
Rückseitig — etwa in südwestlicher
Richtung — war eine Terrasse angebaut.
Tim sah ein Stück eingefaßter
Steinplatten und zusammengestellte Gartenmöbel.
An der Eingangstür hing das
Namensschild: Ferdinand Lotzke.
Ohnesorge klingelte.
Es dauerte eine Weile, bis der
Vertreter öffnete. Er trug Hauslatschen, eine lappige Jogginghose und T-Shirt.
Über dem Hosenbund schichteten sich
Speckröllchen. Das Gesicht war rund und glatt und wie mit Baby creme
eingerieben. Er hatte hellblaue Glubschaugen.
„Herr Ferdinand Lotzke?“ fragte
Ohnesorge — und hielt seine Blechmarke hin.
„Ja.“
„Ich bin Kommissar Ohnesorge. Die vier
Nachwuchs-Profis hier sind Zeugen in einer Sache, wegen der ich Sie belästigen
muß. Können wir reinkommen?“
„Bitte!“ Lotzkes Stimme war schrill.
„Es ist zwar nicht aufgeräumt. Aber das macht ja nichts - bei ungebetenen
Gästen.“
Er ging voran. Zu fünft folgten sie
ihm. Hornrich blieb im Wagen.
Offenbar enthielt das Gartenhaus außer
den Nebenräumen — wie Küche, Bad und Klo — nur ein einziges Zimmer.
Es diente zum Wohnen, Schlafen,
Arbeiten, Feiern, Fitneß-Training, Faulenzen und Musizieren.
Die Geräte, Gegenstände und Möbel, die
man zur jeweiligen Tätigkeit benötigte vereinten sich zum friedlichen Chaos.
Auf dem Tisch war eine Bierflasche
umgekippt. Aus ihr tropfte es auf den Teppich.
Tim
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