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Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht

Titel: Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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später lernen sollte
     – eine wichtige Lektion für alle, die als Ärzte oder Anwälte bis nach ganz oben kommen wollten: Wenn du hart genug arbeitest
     und dich durchsetzt, und wenn du deinen Verstand und deine Fantasie gebrauchst, dann kannst du die Welt ganz nach deinen Wünschen
     gestalten.
    11.
    Im Jahr 1982 besuchte eine Soziologiestudentin namens Louise Farkas eine Reihe von Altenheimen in New York City und Miami
     Beach. Sie war auf der Suche nach Leuten wie den Borgenichts, oder besser gesagt den Kindern von Leuten wie den Borgenichts,
     die mit der großen jüdischen Einwanderungswelle Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in die Vereinigten Staaten ­gekommen
     waren. Für sämtliche der Befragten erstellte sie einen Familienstammbaum, aus dem hervorging, welchen Berufen ­Eltern, Kinder,
     Enkel und zum Teil sogar die Urenkel nachgingen.
    Über ihren Informanten Nummer 18 schreibt sie:
    Ein russischer Schneider kommt in die Vereinigten Staaten und arbeitet hier für ein schlechtes Gehalt in einer Näherei. Später
     nimmt er zugeschnittene Stoffe mit nach Hause, um sie dort zusammen mit seiner Frau |137| und seinen Kindern zu vernähen. Um sein Gehalt aufzubessern, arbeitet er bis spät in die Nacht. Später näht er selbst Kleider
     und verkauft sie auf den Straßen von New York. Er kann ein wenig Geld auf die Seite legen und eröffnet mit seinem Sohn eine
     eigene Herrenschneiderei. Der russische Schneider und sein Sohn werden Anzugschneider und beliefern zahlreiche Herrenausstatter
     … Vater und Sohn werden reich … Die Kinder des Sohnes besuchen die Universität.

    Hier der Stammbaum eines Gerbers, der Ende des 19. Jahrhunderts aus Polen in die Vereinigten Staaten einwanderte:

    Farkas erstellt seitenweise Stammbäume von jüdischen Einwandererfamilien, die einander zum Verwechseln ähnlich sehen. Schließlich
     ist nur noch eine Schlussfolgerung möglich: Juden wurden nicht trotz ihrer armen Herkunft Ärzte und Anwälte, sondern gerade
     aufgrund ihrer armen Herkunft.
    Ted Friedman, der prominente Prozessanwalt der Siebziger und Achtzigerjahre, erinnert sich, wie er mit seiner Mutter Konzerte
     in der Carnegie Hall besuchte. Sie waren arm und lebten in der abgelegensten Ecke der Bronx. Wie konnten sie sich die Eintrittskarten
     leisten? »Wir haben Mary einen Vierteldollar gegeben«, erzählt Friedman. »Eine gewisse Mary war Kartenabreißerin, und wenn
     wir ihr einen Vierteldollar gegeben haben, durften wir uns ohne Eintrittskarte auf den obersten Balkon |138| stellen. Es war eine ziemliche Strecke von der Bronx zur Carnegie Hall, aber wir sind ein- oder zweimal im Monat ins Konzert
     gegangen.« 19
    Friedmans Mutter war eine russische Einwanderin und sprach kaum Englisch. Doch sie hatte seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr
     als Näherin gearbeitet und war eine bekannte Gewerkschaftsführerin geworden. In einer Position wie dieser lernt man, dass
     man durch eigene Überzeugungskraft und Initiative seinen Kindern einen Konzertbesuch in der Carnegie Hall ermöglichen kann.
     Für einen angehenden Anwalt gibt es kaum eine bessere Lektion. Die Bekleidungsindustrie war die Grundausbildung für die angehenden
     Akademiker.
    Was tat der Vater von Joe Flom? Er nähte Schulterpolster in Frauenkleider. Was tat der Vater von Robert Oppenheimer? Er war
     Bekleidungsfabrikant, genau wie Louis Borgenicht. Ein Stockwerk über dem Büro von Flom bei Skadden, Arps sitzt Barry Garfinkel,
     der fast so lange bei Skadden, Arps ist wie Flom und lange Jahre die Prozessabteilung der Kanzlei leitete. Was war Garfinkels
     Mutter? Hutmacherin. Sie arbeitete zu Hause. Und was wurde aus den Kindern von Louis und Regina Borgenicht? Zwei seiner Söhne
     studierten Jura, und ganze neun Enkelkinder wurden Ärzte oder Anwälte.
    Sehen wir uns einen den bemerkenswertesten von Farkas’ Familienstammbäumen an. Er gehört einer jüdischen Familie aus Rumänien,
     die in der alten Welt einen kleinen Lebensmittelladen hatte und im Manhattaner Stadtteil Lower East Side wieder einen Laden
     eröffnete. Dieser Stammbaum ist vielleicht die eleganteste Antwort auf die Frage, woher all die Joe Floms kamen:

    12.
    Zehn Straßenzüge nördlich von Skadden, Arps, in einem bekannten Bürogebäude namens Black Rock, hat Joe Floms großer Konkurrent
     seinen Sitz – eine Kanzlei, die oft als die beste der Welt bezeichnet wird. Um dort eine Stelle zu bekommen, ist ein kleines
     Wunder nötig. Anders als andere New Yorker Kanzleien,

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