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Ueberflieger

Titel: Ueberflieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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gefunden hatten.
    »Die feinen Kanzleien meinten lange, feindliche Übernahmen seien unter ihrer Würde. Sie sind erst ziemlich spät darauf gekommen, dass da vielleicht auch ein Geschäft zu machen war. Dann haben sie mich in Ruhe gelassen«, berichtet Flom. »Aber wenn Sie sich auf diesem Gebiet einen Namen gemacht haben, dann kommt das Geschäft zuerst zu Ihnen.«
    Merken Sie, wie sehr diese Geschichte der von Bill Joy und Bill Gates ähnelt? Beide Programmierer waren auf einem relativ exotischen |117| Gebiet tätig, ohne sich allzu viel Hoffnung auf wirtschaftlichen Erfolg machen zu können. Dann begann mit einem Schlag die PC-Revolution, sie hatten ihre 10 000 Stunden Praxiserfahrung und waren bereit. Flom erging es ganz ähnlich. Zwanzig Jahre lang hatte er sein Handwerk bei Skadden, Arps gelernt. Plötzlich veränderte sich die Welt, und er war bereit. Er triumphierte nicht etwa über ein feindliches Umfeld, im Gegenteil: Das einstige feindliche Umfeld wurde seine große Chance.
    »Diese Jungs waren als Anwälte auch nicht besser als alle anderen«, meint Rifkind. »Sie hatten nur Fähigkeiten, die sie sich über Jahre hinweg angeeignet hatten und die mit einem Mal sehr wertvoll waren.« 15
    Lektion 2: Demografisches Glück
    5.
    Maurice Janklow schrieb sich im Jahr 1919 an der juristischen Fakultät der Universität von Brooklyn ein. Er war der älteste Sohn jüdischer Einwanderer aus Rumänien. Von seinen sechs Geschwistern wurde einer Leiter eines kleinen Kaufhauses in Brooklyn, zwei verkauften Herrenmoden, einer arbeitete als Grafiker, einer stellte Federhüte her und ein weiterer arbeitete in der Finanzabteilung der Immobilienfirma Tishman.
    Maurice war der Intellektuelle der Familie und der Einzige, der die Universität besuchte. Nach Abschluss seines Studiums eröffnete |118| er eine Anwaltskanzlei in der Court Street im Zentrum von Brooklyn. Er war ein eleganter Herr mit Homburger und Maßanzügen von Brooks Brothers, und im Sommer trug er einen Strohhut. Außerdem fuhr er ein großes Auto. Er heiratete die hübsche Lillian Levantin, die Tochter eines prominenten Talmudgelehrten, und die Familie zog in den vornehmeren Stadtteil Queens. Schließlich übernahmen er und sein Partner einen Schreibwarenhersteller, der ein Vermögen abzuwerfen versprach.
    Nach außen hin wirkte er ganz wie ein Mann, der als Rechtsanwalt in New York Erfolg haben würde. Er war intelligent und gebildet, kam aus einer Familie, die die Spielregeln des Systems kannte und lebte in der dynamischsten Wirtschaftsmetropole der Welt. Doch seltsamerweise blieb der Erfolg aus. Maurice Janklows Karriere entwickelte sich nicht wie erhofft. Er selbst meinte, er habe es nie über Court Street in Brooklyn hinaus geschafft, so sehr er auch rackerte und strampelte.
    Maurice Janklow hatte jedoch einen Sohn namens Mort, der ebenfalls Rechtsanwalt wurde, und dessen Geschichte vollkommen anders verlief als die seines Vaters. Mort Janklow baute in den Sechzigerjahren seine eigene Kanzlei auf und gründete eine der ersten Kabelfernsehgesellschaften, die er schließlich für ein Vermögen an Cox Broadcasting verkaufte. In den Siebzigerjahren gründete er eine literarische Agentur, die heute zu den angesehensten der Welt zählt. 16 Er fliegt im Privatjet. Sämtliche Träume, die dem Vater verwehrt blieben, gingen für den Sohn in Erfüllung.
    Warum hatte Mort Janklow Erfolg und Maurice Janklow nicht? Es gibt natürlich Hunderte möglicher Antworten auf diese Frage. Aber lassen wir uns von unserer Analyse der Industriemagnaten aus den Dreißigerjahren des 19. Jahrhunderts und der Geschichte der Softwareentwickler des Jahres 1955 inspirieren und betrachten wir die Unterschiede zwischen beiden Janklows vor dem Hintergrund |119| ihrer jeweiligen Generation. Gibt es möglicherweise so etwas wie ein perfektes Geburtsjahr für einen jüdischen New Yorker Anwalt? Das gibt es in der Tat, und der Faktor, der den Erfolg von Mort Janklow erklärt, ist auch der zweite Schlüssel zu Joe Floms Erfolg.
    6.
    Die im vorigen Kapitel vorgestellte Geniestudie von Lewis Terman ging der Frage nach, wie sich zwischen 1903 und 1917 geborene Kinder mit außergewöhnlich hohem Intelligenzquotienten als Erwachsene entwickelten. Terman kam zu dem Schluss, dass es eine Gruppe von Erfolgreichen und eine Gruppe von Versagern gab und dass die Erfolgreichen mit großer Wahrscheinlichkeit aus den wohlhabenderen Familien kamen. Termans Studie bestätigt damit die These von Annette Lareau,

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