Überman
werden.
TERRORISMUS
EUROKRISE
RTL
ANARCHIE
PLANET X
SONNNENSTÜRME
Das Wort ›Sonnenstürme‹ wird überblendet mit einem brennenden Papier-Planeten. Die Musik steuert auf ihren dramatischen Höhepunkt zu.
WIR KÖNNEN ES NICHT VORAUSSAGEN,
ABER WIR KÖNNEN UNS VORBEREITEN.
AUF WAS AUCH IMMER KOMMEN MAG.
Leise und still wird die Musik und dann kommen die Fotos meiner Freunde. Flik und Daniela sind zu sehen, wie sie stolz den Wurm zeigen, und ich weiß nicht warum, aber irgendwie berührt es mich. Dann Manni, wie er am Biertisch der Kamera zuprostet, das war erst vor ein paar Wochen, und jetzt wirkt es wie aus einer vergangenen Zeit. Paula und Evil La Boum auf der Wiese am Aachener Weiher, meine Eltern und schließlich auch Annabelle und ich. Eng umschlungen sind wir und frisch verliebt und zur gleichen Zeit auf eine schaurige Art und Weise bedroht. Dann ein Paukenschlag und Schnitt auf unsere Bürouhr, die jetzt Mitternacht zeigt, dann wird das Bild schwarz, und als der Clip endet, sitze ich eine ganze Weile einfach nur so da und horche in mich hinein.
Drinnen, ganz tief drinnen in mir, formt sich ein sonderbarer Wunsch: Ich wünsche mir nämlich, dass es diesen Bunker wirklich gibt. Für Annabelle und meine Freunde. Für meine Eltern und mich. Denn wenn am 21 . 12 . wirklich etwas passiert, dann hätte ich sie gerettet, ich, das egozentrische Arschloch. Gäbe es einen größeren Beweis dafür, dass ich eben doch ein lieber Kerl bin? Für einige wenige Sekunden bin ich begeistert, dann setzt sich die Realität zu mir vor den Rechner. Sie trägt einen grauen Anzug und lacht mich aus. Das Problem ist nämlich, dass ich weder einen Bunker noch Freunde habe. Und meine Freundin darf ich erst wieder anrufen, wenn ich clean bin, und dann ist da ja noch die winzige Kleinigkeit mit den Steuerschulden und dem Knast.
Geduckt wie ein zerschredderter Waldschrat, schleiche ich zum Kühlschrank, um den Wein wegzustellen – mag keinen Alkohol mehr und unberechenbare Pillen, ein gutes Zeichen, dass ich noch nicht abhängig bin. Werd schlafen gehen und mit ein klein bisschen Glück nicht mehr aufwachen morgen, denke ich mir noch, da halte ich inne. Was stand da auf der Flasche? Ich schleiche zurück zum Kühlschrank, öffne die Tür und drehe das Etikett zu mir:
›Gekauft im Kölner Weinkeller‹
steht da in Annabelles Schrift neben dem gelben Punkt auf einem kleinen, weißen Aufkleber. Ich muss kurz schmunzeln, weil es immer das Schlimmste für Annabelle war, wenn sie einen Wein toll fand und dann nicht mehr wusste, wo sie ihn herhatte. Diesen jedenfalls hat sie aus dem
Kölner Weinkeller
, in den sie mich oft mitgeschleppt hat, und einmal, da haben wir uns sogar überlegt, wie es wäre, wenn man sich hier mal mit Freunden eine Nacht lang einschließen lassen würde. »Das wäre ein Traum!«, hat Annabelle gelacht, und ich hab gesagt, das käme ganz darauf an, ob sie irgendwo auch Bier versteckt haben. Ich stelle den Wein weg und hake die Hände hinter meinem Kopf ineinander wie bei einer gymnastischen Übung. Und ganz genauso bleib ich erst mal stehen: mitten im Raum mit beiden Händen am Kopf. Der Kölner Weinkeller! Fünfzehn Meter tief unter der Erde! Mitten in der Stadt und doch versteckt. Schwere Eisentüren. Kein Handyempfang …
Und dann lächle ich, denn mit einen Mal weiß ich, wie ich ihnen allen auf einen Schlag zeigen kann, dass ich kein Arschloch bin. ›Wir können es nicht voraussagen, aber wir können uns vorbereiten.‹ Auf was auch immer am 21 . kommen mag.
Ich werde meinen Freunden das Leben retten. Ob sie wollen oder nicht.
Teutonengejammer
Parisi hatte recht: Wenn man schon unter Zeitdruck ist, muss man wenigstens bei klarem Verstand sein, ausgeruht und gelassen statt auf Haselnussschnaps und Hydrotrampolin. Und ich BIN unter Zeitdruck: Gerade mal dreieinhalb Tage habe ich noch.
Aufgeregt tippe ich ›Überman‹ bei Google ein.
Meinten Sie ›Uberman‹?
Ja, ihr arschgebleachten kalifornischen Besserwisser mit euren pissfarbenen Nichtraucher-Frisuren, vermutlich meinte ich das. Dann halt ›Uberman‹! Hastig klicke ich auf »Uberman«, schaue mir die Ergebnisse durch und entscheide mich für einen Wikipedia-Artikel.
Polyphasischer Schlaf ist ein Schlafmuster, bei dem der Schlafbedarf auf bis zu sechs Schläfe pro Tag verteilt wird. Im Gegensatz dazu wird die Schlafverteilung auf einen Nacht- und einen Mittagsschlaf als biphasischer Schlaf bezeichnet und monophasischer Schlaf heißt
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