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Überman

Überman

Titel: Überman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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ist ja interessant, wie meinen Sie das?«, fragt der bärtige Mützenmann und beißt in ein Stück Sellerie mit Dip.
    »Na ja!«, antworte ich, »ich finde halt, dass jedes Leben gleich viel Wert ist. Oder?«
    »Absolut!«, nickt Paula skeptisch, und zwei andere Gäste drehen sich in meine Richtung.
    Ich fahre fort: »Die Frage ist doch nicht das Fleisch, sondern das Tier und wie viele Tiere ihr Leben lassen mussten für ein Essen. Bei einem Steak doch wohl weniger als bei einem Shrimpscocktail, oder? Und wenn ich mich nicht irre, dann essen viele, die ein Steak angewidert ablehnen würden, schon mal einen Shrimpscocktail auf einer Vernissage oder so, sind ja keine richtigen Tiere und –«
    »Was willst du uns damit sagen, Simon?«, unterbricht mich eine sichtlich nervöse Paula, nur um dann doch prophylaktisch abzuwinken: »Obwohl – lass es. Ich will’s gar nicht wissen!«
    »Also, Paula, wenn du drauf bestehst, gerne. Wenn ich mir ein schönes Steak grille, von so einem riesigen Rind, dann käme ich, jetzt nur mal so geschätzt, auf ein Hundertstel Leben pro Essen. Wenn jetzt aber ein selbsternannter Fleischfeind einen Shrimpscocktail isst, käme der auf mindestens hundert Leben pro Essen. Das Tausendfache!«
    »Interessante Theorie!«, sagt der Mützenmann, »aber worauf wollen Sie hinaus?«
    »Ganz einfach: Vegetarier sind Massenmörder!«
    Stille am Tisch. Ein junger Typ mit orangem Schal schaut mich an und klickt sein Telefon in den Aufnahmemodus.
    »Darf ich fragen, was Sie beruflich machen?«
    »Ich bin Chefredakteur bei der
Wurst & Durst
, dem Magazin für Lebensfreude. Wollen Sie … eine Karte?«
    Paula steht auf. »Okay, Simon. Wir gehen eine rauchen.«
    So schnell wie Paula mich durch die Gäste zieht, habe ich es noch nicht einmal am letzten Karneval zum Ausgang geschafft, und da musste ich sogar kotzen. Die Tür schwingt auf, Paula sagt: »Soooo …!«, zündet sich eine
American Spirit
an und bläst den Rauch hektisch in den klaren Sternenhimmel.
    »Arschloch, Arschloch, Arschloch!«
    Okay, sie ist wirklich, wirklich sauer, aber hätte ich sie anders vor die Tür bekommen?
    »So einen Bullshit hab ich ja noch nie gehört!« Paula schüttelt sich.
    »Da kennst du meine Tofu-Theorie nicht!«
    »Wie geht die?«
    »Tofu ist schwules Fleisch.«
    »Die ist tatsächlich noch dümmer. Das war der Pressetisch, du Vollhorst! Abgesehen davon essen Vegetarier keinen Fisch! Nur so als Bildungsnachhilfe.«
    »Ich kenne aber einen, der kein Fleisch isst, dafür aber Fisch.«
    »Der ist dann aber kein Vegetarier, der isst einfach nur kein Fleisch.«
    »Ich esse keine Früchte und hasse Gemüse, was bin ich denn dann?«
    »Falsch ernährt.«
    Für einen kurzen Augenblick schweigen wir, bis mir einfällt, dass ich ja was von Paula will und nicht andersherum.
    »Annabelle hat mich verlassen.«
    »Was? Wann?«
    »Gerade eben!«
    Ratsuchend schaue ich Paula an, doch kann so recht keinen Rat entdecken.
    »Ja, was willst du denn jetzt von mir hören?«, fragt sie schließlich und schnippt ihre offenbar nicht so nachhaltige Zigarette weg.
    »Was du denkst, natürlich!«
    »Was ich denke?«, japst Paula und zündet sich direkt eine neue Zigarette an.
    »Ja, bitte. Es ist wichtig!«
    »Ich hab mich immer gefragt, wie sie das so lange bei dir aushält.«
    »Echt?«
    »Ja. Also ich halte es nicht mehr aus.«
    »Wie?«
    »Du musst dir echt ein neues Büro suchen. Es geht nicht mehr. Ich hab ja schon Angst, wenn du reinkommst.«
    Das war nicht exakt das, was ich hören wollte. »Aber ich bin doch euer Simon! Der Spaßpräsident! Allein im letzten Jahr hab ich fünf Spaßtage organisiert für euch …«
    »Mit Sachen, die vor allem dir Spaß gemacht haben und die exakt dann zu Ende waren, als du keinen Spaß mehr hattest! Jetzt bist du –«
    »Es ist ja nicht nur Annabelle weg, Paula. Flik ist sauer, Phil hasst mich. Mein Anwalt hat mich rausgeschmissen. Jetzt kommst du noch und … eben haben diese hirngebleachten Netzwerk-Mongos von Facebook mir geschrieben, dass ich mein Profil auch nutzen kann, wenn ich keine Freunde mehr habe.«
    »Du hast keine Freunde mehr bei Facebook?« Paula grinst.
    »Also da steht jedenfalls: ›Freunde null‹.«
    »Tut mir leid«, lacht Paula, »aber das finde ich jetzt ziemlich komisch!«
    Ich zucke schwach mit den Schultern. »Ja, ich halt nicht!«
    »Was willst du von mir, Simon?«
    »Einen Paula-Plan. Wie ich Annabelle zurückhaben kann und meine Freunde. Was mach ich falsch? Paula,

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