Überraschung kommt selten allein
her, aber ich erinnere mich ganz genau daran. Ich war mit meinen Eltern auf Mallorca. Während ich in einer Bar auf sie wartete, sprach mich dieser umwerfende Engländer mit flammend roten Haaren an. Wir saßen nur zwanzig Minuten zusammen, aber das waren die schönsten zwanzig Minuten meines Lebens. Und – Sie finden das sicher albern –« Alberta sah an Ericas amüsiertem Gesichtsausdruck, dass sie es wahrscheinlich wirklich albern fand, und wünschte, sie hätte nie mit der Geschichte angefangen, doch jetzt war es zu spät. – »ich habe mich in ihn verliebt! Ich musste mit meinen Eltern essen gehen – mein Vater hatte Geburtstag –, und er war zu irgendeiner Party eingeladen. Aber er fragte mich, ob wir uns am nächsten Abend wieder in dieser Bar treffen wollten, und ich war da. Ich wartete über eine Stunde, doch er tauchte nicht auf. Ich war verzweifelt. Ich war mir so sicher gewesen, dass er mich mag.«
»Als ich in der Schule war«, sagte Erica, »gab es zwei Jungen, die sich einen Spaß daraus gemacht haben, Mädchen zu versetzen. Sie haben ihre Opfer heimlich beobachtet und gewettet, wie lange sie warten würden.«
»Wie sadistisch!«, rief Alberta aus. »Wie können Menschen so etwas tun? Ob diese Jungen immer noch so sind? Oder ob sie ihr Verhalten heute bereuen?«
Erica schnaubte. »Ich denke, sie sind inzwischen fette Investmentbanker mit zu viel Geld und traurigen kleinen Frauen, die sie alle vierzehn Tage mal sehen, wenn sie nicht gerade ihre Sekretärin vögeln. Ich wette, davon gibt es hier jede Menge.«
»Nun ja.« Alberta war ein wenig verblüfft über den unmissverständlich giftigen Unterton in Ericas Stimme. »Das kann schon sein, aber es gibt auch sehr viele nette Menschen hier. Ich bin sicher«, fügte sie zögerlich hinzu, »Sie werden Bath mögen, wenn Sie es erst mal kennen.«
»Bestimmt«, sagte Erica ohne große Überzeugung. »Es scheint ein ziemlich reicher Ort zu sein. All diese großen Häuser! Ich werde mich heimischer fühlen, wenn ich ein paar Freunde gefunden habe.«
»Natürlich werden Sie das«, sagte Alberta warmherzig. »Warum fangen Sie nicht gleich damit an, und kommen zu uns zum Abendessen? Passt es Ihnen nächsten Samstag? Wir haben zwar auch ein großes Haus, aber es gehört Tonys Eltern.«
»Sie wohnen mit Ihren Schwiegereltern zusammen? Geht das gut?«
Erica schien es wirklich zu interessieren, und Alberta, die nur zu gerne ihre Schwiegereltern pries, antwortete voller Enthusiasmus: »Wir sind bei ihnen eingezogen, als Jacob noch ein Baby war. In Tonys winziger Wohnung in London sind wir fast durchgedreht, und dank seiner Eltern hatten wir ein halbes Haus und einen Garten. Tony bleibt drei oder vier Tage in der Woche in London, und seine Eltern haben Jacob immer gerne gehütet, wenn es nötig war.«
»Sie sind ein Glückspilz mit so viel Unterstützung«, sagte Erica. »Jacob hat seine Großeltern schon oft erwähnt. Und er hat mir von der unabhängigen Plattenfirma seines Vaters erzählt. Das kling faszinierend.«
»Dann müssen Sie unbedingt zum Essen kommen und mit Tony darüber reden«, sagte Alberta und bemühte sich, nicht darüber nachzudenken, ob Jacob auch von ihrem florierenden Cateringunternehmen gesprochen hatte.
Später, als Alberta versuchte, sich daran zu erinnern, wie Tony auf den Anruf reagiert hatte, fiel ihr wieder ein, dass sie Bedenken wegen der Einladung an Erica gehabt hatte. Sie war Erica dankbar, sie bewunderte Erica, aber sie war sich ganz und gar nicht sicher, ob sie sie mochte. Die Frau strahlte eine Bitterkeit und Härte aus, die Alberta einschüchterte. Dementsprechend bereitete sie den Abend besonders sorgfältig vor. Und er begann so gut . Das Haus war picobello. Alberta hatte Kirschblütenzweige für das Wohnzimmer geschnitten; ihre dichten, hellrosa Blütentrauben verkündeten definitiv den Frühling. Jacob hatte sein Fahrrad aus der Diele entfernt und die Gummistiefel an ihren Platz im Schrank unter der Treppe gestellt. Lionel hatte das Besteck und die Kerzenleuchter poliert, Evie Canapés mit Räucherlachs vorbereitet, Tony eine reichhaltige Auswahl an Weinen besorgt, und Alberta hatte ein würziges Fischcurry gezaubert und dazu gegrilltes Gemüse zubereitet, das ebenso gut duftete, wie es schmeckte.
Erica kam, sah fabelhaft aus in einer schwarzen Samthose und einer blassgrünen Kaschmirjacke und wurde von der ganzen Familie herzlich begrüßt.
Tony schüttelte ihr inbrünstig die Hand und betonte, wie glücklich
Weitere Kostenlose Bücher