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Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition)

Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition)

Titel: Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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gänzlich außer Reichweite gelangen konnte, öffneten sich in den Handflächen Schlünde, so groß wie der gierige Rachen einer Boa Constrictor.
    Der Staub, zu dem die beiden Männer an Bord der DRAGON CHINOISE zerfallen waren, erhob sich. Wie von Geisterhand schwebte der graue Staub in zwei unterschiedlichen Strängen auf die Hände der Kreatur zu und wurde von den Schlünden auf den Handflächen verschlungen. Sie saugten den Staub der Toten regelrecht in sich hinein.
    Im selben Moment spürte ich einen mentalen Druck von ungeheurer Intensität. Mir wurde schwindelig. Tom hielt mich am Arm.
    ES ernährt sich von der Lebensenergie derer, die es tötet, wurde mir klar.
    Ein schnarrender, geradezu ohrenbetäubender Laut stieß das Wesen hervor.
    Es klang triumphierend.
    Es trat ein paar Schritte näher.
    Sun feuerte noch einmal in wilder Verzweiflung die Kalaschnikow ab, während die DRAGON CHINOISE führerlos flussabwärts trieb. Für uns war das Boot verloren. In irgendeiner der kleinen Ortschaften an den Ufern des Stoeng Sen würde man das Boot finden und die beiden Skelette an Bord waren dann wahrscheinlich der Ausgangspunkt neuer Gerüchte...
    "In den Wald!", rief Tom.
    Er hatte Recht. Es hatte keinen Sinn, zu den Booten zu laufen. Die Strahlen des Monstrums konnten uns dort ungehindert treffen. Es gab keinerlei Deckung - wenngleich fraglich war, ob sie diese nicht hätten durchdringen können. Wir rannten.
    Sun war ein Stück hinter uns. Er feuerte das ganze Magazin leer. Dann hörten wir jenen charakteristischen Zischlaut, der das Grauen verhieß.
    Ich wandte mich halb herum. Aus den Augenwinkeln sah ich auch Suns Körper wie unter Röntgenstrahlen. Sein Schädel war deutlich zu sehen. Der Kiefer war weit aufgerissen, wie zu einem Schrei.
    Aber dieser Schrei blieb stumm.
    Der Chinese zuckte, ehe auch er zu Staub zerfiel, der von den eigenartigen Mäulern aufgesogen wurde, die sich in den Handflächen des Wesens befanden.
    Wieder taumelte ich schier unter der Wucht des mentalen Impulses, der mich erreichte. Alles begann sich vor meinen Augen zu drehen.
    Versuch dich abzuschirmen, Patti!, versuchte ich mir einzuhämmern. Alles, was sich an mentalen Kräften in mir mobilisieren ließ, versuchte ich dafür zu verwenden. Tom zog mich indessen weiter, auf den Wald zu.
    Wir erreichten das dichte Unterholz und versuchten uns einen Weg durch die Vegetation zu bahnen. Hinter uns hörten wir das brummende Geräusch, das von der unheimlichen Kreatur ausging. Und die stampfenden Schritte.
    Doch beides wurde leiser.
     
    *
     
    Ich weiß nicht, wie lange wir geradewegs in den Dschungel hineinliefen.
    Irgendwann sank ich vor Erschöpfung nieder.
    "Patti", hörte ich Tom sagen.
    Er beugte sich zu mir.
    "Hör nur", flüsterte ich. "Es sind wieder Geräusche des Dschungels zu hören. Vielleicht haben wir es geschafft, dieses Wesen abzuhängen..."
    Ich atmete tief durch.
    Mein Herz raste noch immer.
    Und der kalte Angstschweiß stand mir auf der Stirn. Tom erging es nicht anders. Er setzte sich auf die Wurzel eines gewaltigen Urwaldriesen. Hoch über uns schwangen sich Halbaffen durch das Geäst.
    "Es wird langsam dunkel", meinte Tom. "Und um ehrlich zu sein, ich kann nur noch vermuten, wo wir uns befinden..."
    "Müsste Pa Tam Ran nicht ganz in der Nähe sein?"
    "Was heißt schon unter diesen Umständen ganz in der Nähe?" Tom schüttelte den Kopf. "Wenn wir Pech haben, laufen wir im Kreis und merken es nicht einmal..." Ich rutschte zu ihm, lehnte mich gegen ihn und lauschte dabei einige Augenblicke lang den Geräuschen des Dschungels. Nie zuvor hatte ihr Klang ein derartiges Gefühl der Erleichterung in mir ausgelöst.
    Das Wesen war nicht in der Nähe.
    Mochte der Teufel wissen, weshalb es die Verfolgung nicht aufgenommen hatte. Vielleicht hatte es uns im Dschungel einfach verloren, aber an diese Möglichkeit glaubte ich nicht so recht. Eine andere Variante war, dass es seinen unheimlichen Hunger gestillt hatte und uns vorerst nicht brauchte.
    Ein beunruhigender Gedanke.
    "Tom...", flüsterte ich.
    "Ja?"
    "Erzähl mir davon, wie du zum ersten Mal auf Pa Tam Ran gestoßen bist? Wie hast du jenen Ort erreicht?"
    "Ich weiß nicht", murmelte er. Ich sah zu ihm auf. Der Blick seiner meergrünen Augen war in die Ferne gerichtet. Nach einer Pause fuhr er fort: "Pa Tam Ran war einfach plötzlich da. Die Mauern der Tempelanlage tauchten aus dem Dschungel auf. Es war Zufall, so dachte ich damals, dass
    ausgerechnet ich darauf gestoßen

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