Überwacht: S.M.A.R.T. - virus inside (Thriller) (German Edition)
Schlamm.
15
Telefon
Donnerstag, abends
»Das Geld ist auf deinem Konto. Also mach dich jetzt endlich auf und bring mir das Mädchen!«
»Ich 'abe bis jetzt noch kein Geld auf meinem Konto gese'en«, antwortete der Franzose am anderen Ende der Telefonverbindung.
»Dann schau jetzt noch einmal nach!«, entgegnete der Deutsche mit hörbarer Ungeduld.
»Ah, bon? Ich schaue gleich nach!«, antwortete der Franzose und legte das Handy unsanft auf einem Tisch ab.
Es dauerte einige Minuten, bis er endlich wieder das Telefon aufnahm.
»Oui. Jetzt ist es wirklich da ...«, antwortete er mit Freude in der Stimme, wurde aber sofort von dem Deutschen unterbrochen.
»Ich brauche sie morgen früh hier in Hannover.«
»Morgen früh? Meinst du wirklich morgen früh?«
»Was denkst du denn, was ich meine, wenn ich morgen früh sage?«, antwortete der Deutsche hörbar bemüht, ruhig zu bleiben, »Du schnappst dir jetzt die Tussi, steigst in dein hübsches, französisches Auto und bist spätestens morgen früh zehn Uhr hier in Hannover! Und dann lieferst du so, wie vereinbart! Fertig! Hast du mich verstanden?«
»Ich 'abe verstanden, aber ...«
»Nein! Kein aber! Ich diskutiere nicht mehr! Ihr Franzosen müsst euch endlich auch daran gewöhnen, dass nicht ständig neu verhandelt wird! Mann, das geht mir vielleicht auf die Nerven! Ich habe echt die Nase voll! Wo ist dein Problem?«
»Kein Problem ...«, antwortete der Franzose.
»Gut! Kein Problem. Dann ist ja hoffentlich alles geklärt. Und jetzt macht hin, dass ihr baldigst hier ankommt!«
Etwas Arroganz und eine nicht überhörbare Abneigung klang in seinen Worten mit. Die anfängliche geduldige Zurückhaltung war offener Aggression gewichen. Von dem Wutausbruch eingeschüchtert, antwortete der Franzose noch etwas kleinlauter als bisher, »Eh bien! Wir kommen wie vereinbart. Aber 'abt das Geld auch bereit!«
»Du redest immer nur vom Geld! Bis jetzt habe ich noch nicht viel von dir gesehen, was das Geld auch wert ist! Bring die Kleine wie vereinbart hier her, dann kriegst du auch deine Kohle. Und jetzt mach endlich los!«
Mit diesen Worten beendete der Deutsche das Telefonat. Der Franzose saß noch eine Weile regungslos auf seinem unbequemen Stuhl. Dann steckte er das Telefon zurück in seine Hosentasche und zog eine kleine Flasche und ein Tuch aus einem Rucksack, der neben ihm auf dem Boden lag. Nachdem er ein paar Tropfen der Flüssigkeit auf das Tuch gegeben hatte, warf er die Flasche zurück in den Rucksack und verließ den Raum.
Hamburg
Donnerstag, abends
Juri hatte bei allen möglichen Fluggesellschaften, aber auch bei Reisebüros, Autovermietern und selbst bei der französischen Eisenbahn nachgeforscht, aber dabei war nicht ein einziger weiterer Hinweis auf den Verbleib von Loreen aufgetaucht. Sie war scheinbar spurlos verschwunden, nachdem sie Paris erreicht hatte.
Inzwischen war es draußen schon längst dunkel geworden. Auch der Verkehr auf der Straße hatte bereits stark nachgelassen. Der Parkplatz, auf dem Juri mit seinem Auto stand, hatte sich bis auf eine Handvoll Fahrzeuge geleert, sodass er nun vereinsamt auf der großen, freien Fläche herumstand.
Plötzlich und wie aus heiterem Himmel überkam Juri ein Gefühl der Unsicherheit und Angst, wie er es schon seit den reichlich eineinhalb Jahren, nachdem er hier in Deutschland so etwas wie eine neue Heimat gefunden hatte, nicht mehr gehabt hatte. In den vergangenen Stunden war sein, wie er sagte, 'neues Leben' einem Kartenhaus gleich in sich zusammengefallen.
Bisher hatte er für sich selbst noch gar nicht realisiert, was in den letzten Stunden alles geschehen war, obwohl er es ja quasi live miterlebt hatte. Er stand die ganze Zeit allerdings auch so unter Strom, dass es für ihn fast wie ein Film, oder besser, wie ein Videospiel ablief. Doch jetzt, wo es um ihn herum ruhiger wurde und er anfing, sich wirklich Gedanken zu machen, kam es ihm so vor, als falle er in ein tiefes, schwarzes Loch. Erinnerungen an die Geschehnisse vor anderthalb Jahren blitzten in seinem Kopf auf.
Juri hatte damals noch in Kiew gelebt. Seine Arbeit als Programmierer in einer kleinen Softwareschmiede brachte ihm ein für die Ukraine mehr als überdurchschnittliches Einkommen ein. Im Prinzip hatte er den ganzen Tag am Computer gehangen. Täglich zehn bis zwölf Stunden auf Arbeit waren keine Seltenheit, doch das machte ihm nichts aus.
Aber selbst dann, wenn er zu Hause war, drehte sich sein
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