Überwachtes Netz
schlichtweg rechtliche Mittel nutzen, um schlechte Gesetze auszulöschen und gravierende Ungerechtigkeiten zu bekämpfen. Kritiker sollten diesen Weg gehen, bevor sie das Gesetz brechen.
In diesem Fall ist genau das passiert. Seit Inkrafttreten des US PATRIOT Act, der während einer Zeit großer nationaler Angst und Zwang verabschiedet wurde, haben wir diverse Versuche von Bürgerrechtsorganisationen gesehen, die mit Rechtsmitteln die riesige Industrie des unbefugten Abhörens ohne richterlichen Beschluss einschränken wollten. Ein Gerichtsverfahren, das 2006 zuerst durch die Electronic Frontier Foundation und die American Civil Liberties Union gegen AT&T geführt wurde, wurde nicht nur hinausgezögert, sondern kam letztlich zum Erliegen. Grund dafür war ein dubioses Gesetz, das Telekommunikationsunternehmen, die mit der Regierung kooperierten, nachträglich Immunität gewährte. Das Gesetz wurde soweit gebogen bis es für diesen Fall nutzlos wurde.
Neben rechtlichen Anstrengungen haben Individuen auch versucht, andere zur Verfügung stehende Kanäle zu nutzen, um Veränderung herbeizuführen – jedoch ohne Erfolg. Wir müssen nur zu Thomas Drake blicken, dem langjährigen NSA-Mitarbeiter, der immer mehr Unbehagen aufgrund der Verstöße in seinem nächsten Umfeld verspürte. Er äußerte seine Bedenken gegenüber seinen Vorgesetzten und wurde aufgefordert, dies zu unterlassen. Er wandte sich mit geheimen Informationen an die Presse, wofür er teuer bezahlte. Das Justizministerium ermittelte gegen ihn und erst als seine Karriere zerstört war, wurde das Verfahren eingestellt.
Die einzigen Taten, die eine substantielle Debatte und zarte Anzeichen von Änderung erzeugten, waren Snowdens Enthüllungen. Warum? Zuerst ist zu erwähnen, dass es keine sagenumwobene Mehrheit gibt, die Überwachung unterstützt. Als PRISM die ersten Schlagzeilen machte und Umfragen eingeholt wurden, waren lediglich 56% für staatliche Überwachung und die Umfragen erwähnten nicht, dass auch US-Amerikaner überwacht werden. Selbst dann, wie kann eine Zahl, die lediglich die Hälfte eines Landes verkörpert, als Mehrheit dargestellt werden? Sie kann es nicht. Dieses Problem ist noch lange nicht gelöst. Weiterhin haben sich die Zahlen verschoben als immer mehr Vorwürfe ans Tageslicht gelangten. Immer mehr Amerikaner sprechen sich gegen die aktuellen Programme aus, vor allem wenn die Fragen widerspiegeln, dass auch das digitale Leben von US-Amerikanern überwacht und abgespeichert wird.
Snowdens Gründe für das Veröffentlichen der Informationen können nicht einfach darauf reduziert werden, dass »Dinge nicht geheim gehalten werden sollten.« Seine Aussagen darüber, warum er getan hat was er getan hat und die Dokumente, die er enthüllt hat, zeigen eine wesentlich komplexere logische Grundlage, die wir bei unserer Analyse nicht auslassen dürfen. Was Snowden getan hat, war den Wasserhahn aufzudrehen, damit wertvolle Informationen der durstigen Öffentlichkeit zufließen können, die ein Recht auf dieses Wissen hat. Nur dann kann die Öffentlichkeit zu einer realistischen Einschätzung darüber kommen, wie sie weiter mit einer staatlichen Behörde verfahren will, die zur Zeit uneingeschränkte Macht zur Überwachung hat und die aktiv Informationen zurückgehalten und den Kongress über ihre Taten angelogen hat.
Manche mögen meine Rechtfertigung von Snowdens Taten kritisieren – durch Anfechtung der Annahme, dass die Öffentlichkeit ein »Recht auf Wissen« habe – jedoch zeigt schon ein seichtes Waten in das historische Becken der Verschwiegenheit der-US Regierung, dass dieses Argument nicht stichhaltig ist.
Die Geschichte hat gezeigt, dass Geheimhaltung, obwohl nötig, auch ein Nährboden für Missbrauch ist. In einer früheren Ära half eine dramatische Enthüllung durch die »Bürger-Kommission zur Untersuchung des FBI« einer 40-jährigen Herrschaft abscheulichen Missbrauchs ein Ende zu setzen – wie das »Counter Intelligence Program« (COINTELPRO), für das J. Edgar Hoover, der das FBI mit verschlossener eiserner Faust regierte, maßgeblich verantwortlich war.
Jedoch trumpft dieser heutige Überwachungsapparat als technologisch und somit historisch unvergleichlich auf. Es kann mit und ohne jemanden wie Hoover gravierend Missbrauch getrieben werden. Nie zuvor in der Geschichte hatten wir eine ähnlich weitreichende und mächtige Überwachungsinfrastruktur wie jetzt. Oder eine Regierung, die es so systematisch verweigert,
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