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Überwachtes Netz

Überwachtes Netz

Titel: Überwachtes Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Meister Markus Beckedahl
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Informationen zu veröffentlichen. (Man muss sich fragen, was Nixon und Hoover mit den Überwachungsmethoden getan hätten, die der Regierung heutzutage zur Verfügung stehen.) Mit genügend Rechenleistung ist es beängstigend einfach für die Regierung, Daten zu sammeln. Diese Einfachheit wird sie sehr wahrscheinlich dazu bringen, fragwürdige oder ex post de facto Rechtfertigungen für ihre Handlungen zu suchen. Dies wurde ziemlich stichhaltig und treffend durch Bürgerrechts-Anwältin Jennifer Granick ausgedrückt: »Natürlich sehen wir eine schleichende Ausweitung der Ziele – wenn man erst einmal die Mausefalle der Überwachungsinfrastruktur gebaut hat, werden sie kommen, um sich die Daten abzuholen.« Es geht nicht nur darum, dass sie die Möglichkeit haben; Soziologen und andere haben angemerkt, dass Geheimhaltung verführerisch und wirklich schwer aufzugeben ist. Diese Geisteshaltung wurde am besten durch den Physiker Edward Teller beschrieben: »Wenn man Geheimhaltung erst einmal eingeführt hat, wird sie zur Sucht.«
    Es gibt vielleicht einen sehr guten Grund für die jetzigen Überwachungsmethoden der NSA, aber bis dieser Grund bekanntgegeben wird gibt es keinen Grund, dass sie solch wahnsinnige technische und (fragwürdige) rechtliche Macht besitzen, wie sie ihnen zur Zeit zur Verfügung steht. Das Problem ist, dass es diese Programme gibt und dass unsere Regierung sie als Werkzeug zur Unterdrückung benutzen könnte (tatsächlich führt schon der simple Umstand ihrer Existenz zur Unterdrückung Andersdenkender). Selbst wenn es bisher keinen gravierenden Missbrauch gab, ist es besorgniserregend, dass diese Programme es jeder zukünftigen Person, der sie in die Hände fallen, ermöglichen, sie zu schwerwiegender Unterdrückung zu benutzen.
    Als Gesellschaft müssen wir uns fragen, ob wir bereit sind, dieses Spiel mitzuspielen. Da für die Zukunft so viel auf dem Spiel steht, kann und sollte die Entscheidung über Umfang und Tiefe des Abhörens nicht beim Präsidenten, dem FISA Gericht oder sogar einvernehmlich bei allen drei Zweigen der Regierung liegen. Einzig wir als das Volk, die die in der Verfassung festgeschriebenen Wahrheiten als selbstverständlich annehmen, sind von ebenjener Verfassung dazu berechtigt, solche fundamentalen Rechte zu verändern. »Um diese Rechte zu sichern, wurden Regierungen für die Menschen eingerichtet, die ihre Macht aus der Zustimmung der Regierten beziehen, – und wenn dieses Ziel nicht befolgt wird, ist es das Recht des Volkes, diese zu verändern oder abzusetzen und eine neue Regierung zu bilden« An einem bestimmten Punkt führen die Handlungen der Regierung zu weit und es ist unsere Aufgabe, die Alarmglocken zu läuten. Die Pentagonberichte, die COINTELPRO-Leaks, die Tet-Offensive, es gibt viele Beispiele dafür, dass die Bürger unseren gewählten Vertretern aus gutem Grund misstraut haben.
    Es ist unsere Verantwortung, unsere gewählten Abgeordneten zur Rechenschaft zu ziehen, obgleich wir dies effektiv nur mithilfe einer freien Presse können. Journalisten helfen, Whistleblower glaubwürdig zu machen. Snowden arbeitete mit Journalisten, von der unabhängigen Filmemacherin Laura Poitras über Glenn Greenwald vom Guardian bis zu Barton Gellman bei der Washington Post. Die Tatsache, dass angesehene Nachrichtenagenturen die Enthüllungen akzeptierten, Informationen filterten und umfangreiche und tiefgründige Artikel darüber schrieben, verdeutlicht die Validität und das Verantwortungsbewusstsein von Snowdens Taten. Ich vertraue darauf, dass diese Medieneinrichtungen die Leaks nicht veröffentlicht hätten, falls seine Enthüllungen eine derart ernsthafte Gefahr für die Sicherheit des Staates darstellen würden.
    Zum Abschluss möchte ich gerne Snowdens Aussagen bzgl. Nürnberg erläutern. Er setzt die NSA nicht mit dem Dritten Reich gleich, er stellt ganz einfach Bezüge zu den Prinzipien her. Weiterhin sagt er nicht, dass diese ihn vor irgendeinem US-amerikanischen Gericht entlasten, sondern lediglich, dass sie seine Taten auf moralischer Ebene rechtfertigen. Snowden sagt, dass es Zeiten gibt, in denen es nicht nur moralisch richtig ist, das Gesetz zu brechen, sondern dass es unmoralisch und falsch ist, das Gesetz nicht zu brechen. Weiterhin könnte es interessant sein, sich auf das Gedankenexperiment darüber einzulassen, wie Snowdens Taten in Beziehung zu den Nürnberger Prinzipien stehen. Für den Zweck dieses Experiments würden wir einige unbestreitbare

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