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Überwachtes Netz

Überwachtes Netz

Titel: Überwachtes Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Meister Markus Beckedahl
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Anfang August gesagt, dass die NSA 90% der System-Administratoren entlassen will - um die Arbeit durch verlässliche Algorithmen erledigen zu lassen. Das macht Sinn, da das Kerngeschäft der Geheimdienste das Abfangen, Filtern und Analysieren von Datenflüssen ist. Dafür benötigt es potente Hardware und Entwickler – wie bei Google. Vor allem jedoch schlaue Algorithmen, die ständig dazulernen, Muster erkennen und mit möglichst vielen Daten gefüttert werden. Das Resultat für den Bürger ist jedoch keinesfalls mehr Komfort. Das Resultat wurde durch Philip K. Dick beschrieben und Andrew Patrick hat durch viele der Aussagen seiner ersten Amtsrede diesen Eindruck nochmals untermauert: Vollständige Kontrolle aller Kommunikationskanäle, basierend auf dem Glauben, dass dadurch Sicherheit vor Systemkritikern und Andersdenkenden erlangt wird. Deswegen wird die konstante Bedrohung der Gesellschaft betont und nicht darüber gesprochen, dass durch Kontrolle natürlich auch Machterhalt der Institutionen und der Status Quo sichergestellt werden. Deswegen wird der fragwürdige Zusammenhang zwischen Kommunikationsüberwachung und Verbrechensprävention nicht hinterfragt. Deswegen wird nicht darüber gesprochen, dass allein die bisher über uns gespeicherten Daten ein reales Risiko darstellen, falls eine der nächsten Regierungen – ganz gleich ob in Deutschland, Großbritannien oder den USA – ein anderes Terrorismus-Verständnis hat.
    Es ging nie um die Abwägung von Freiheit gegenüber Sicherheit. Es geht ausschließlich um Kontrolle. Vollständige Kontrolle der Bevölkerung durch umfassende, verdachtsunabhängige Überwachung jeglicher Kommunikation. Sicherheit kann ein Nebeneffekt von Kontrolle sein – muss es aber nicht. Kontrolle fokussiert immer auf Machterhalt und Abschottung nach außen.
    Eine kontrollierte Gesellschaft kann niemals frei sein.

Wie ‘Sicherheit’ unsere Gesellschaft gefährdet
    Gabriella Coleman
    Aus all den Vorwürfen, mit denen Edward Snowden bombardiert wurde, empfinde ich die laienhafte Diagnose seines »Narzissmus« am rätselhaftesten und unberechtigsten. Was ist daran narzisstisch, sein Leben zu riskieren – und mit Leben meine ich ein Leben im Gefängnis? Obwohl er, teilweise zum Selbstschutz, an die Öffentlichkeit ging, hat er seine Interaktion mit den Medien auf das Mindeste reduziert und ganz offensichtlich keine unnötige Aufmerksamkeit gesucht. Aufgrund der mangelnden Beweise für solch eine Diagnose scheint es sich eher um Rufmord zu handeln, um von den dringenderen Problemen abzulenken, die durch seine Taten enthüllt wurden.
    Wenn wir das, was er tat nicht mit seiner Persönlichkeit, sondern mit dem gegenwärtigen historischen Moment in Zusammenhang bringen, sehen wir ohne jeglichen Zweifel, dass Edward Snowden nicht allein ist. Er ist Teil einer wachsenden Schar an Bürgern, die seit Jahren erkannt haben, dass der explosionsartige Anstieg staatlicher Geheimhaltung und Überwachung solch ein großes Problem ist, dass sie gewillt sind, persönliche Risiken einzugehen, um eine Debatte und einen Umbruch voranzutreiben. Am bemerkenswertesten ist, dass sich diese Schar aus Insidern (William Binney, Thomas Drake, Edward Snowden, Bradley Manning) und Outsidern (Julian Assange, Barrett Brown, Laura Poitras, James Bamford) zusammensetzt. Es ist bemerkenswert, dass ihre Kernaussagen die selben sind.
    Die Öffentlichkeit sollte vielleicht skeptischer sein, wenn es sich nur um eine Person handeln würde oder um die Julian Assanges dieser Welt – Langzeit-Aktivisten, die seit jeher außerhalb des staatlichen Apparates sitzen – die aufschreien. Dass wir investigative Journalisten, Militärpersonal, Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden und Aktivisten haben, die sich dem Schlachtgetümmel anschließen, verdeutlicht das Ausmaß des Problems. Unterschiedliche Individuen ohne jegliche Verbindung, aus verschiedensten gesellschaftlichen Schichten treten hervor und identifizieren ähnliche Probleme.
    Dies bringt uns zu den Ufern des zweiten Problems: Die Unverletzlichkeit des Gesetzes. Ich denke, nun ist offensichtlich, dass die enthüllten Programme Teile des Gesetzes verletzen – sowohl im Wortlaut als auch im Geist. Anwälte haben es erst kürzlich unmissverständlich ausgedrückt: »Die beiden Programme verletzten Bundesrecht sowohl im Wortlaut als auch im Geist. Es gibt kein Gesetz, dass massenhafte Überwachung ausdrücklich authorisiert.« In einer vollkommenen Welt würden wir

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