UFOs über der Erde
ausziehen und nachsehen mußte, was ihm fehlte. Es erschien ihr wenig wahrscheinlich, daß dieser Verletzte eine Bedrohung für sie oder ihr Kind darstellte. Letztes Jahr war in Syrien ein Mann vom Himmel gefallen, wie dieser hier. Ihr Mann, Ted. War er noch lebend unten angekommen? Hatte jemand ihm geholfen? Oder hatten sie ihn in der Wüste liegenlassen, bis er umgekommen war? Kathryn fragte sich, wie sie ihn hineinschaffen sollte. Verletzte sollte man überhaupt nicht bewegen, aber es war nicht weit. Konnte sie ihn heben?
Sie schob einen Arm unter seinen Nacken, den anderen unter seine Knie. Sie wollte ihn nicht aufheben, nur sehen, wie er reagierte. Zu ihrer Bestürzung fand sie, daß er unwahrscheinlich leicht war. Obwohl er die Größe eines ausgewachsenen Mannes hatte, schien er nicht mehr als siebzig oder achtzig Pfund zu wiegen. Ohne sich ganz bewußt zu werden, was sie tat, stand Kathryn auf und hielt ihn auf den Armen. Es kostete sie Anstrengung, war aber nicht unerträglich. Sie trug ihn zum Haus, stieß die angelehnte Tür auf und legte ihn schnaufend auf den einzigen geeigneten Platz – ihr Bett, das große Doppelbett, das sie sechs Jahre lang mit einem Mann geteilt hatte, der jetzt nur noch eine verblassende Erinnerung war. Der Verletzte stöhnte wieder und murmelte in seiner fremden Sprache, aber er wachte nicht auf. Auch schien der Transport ihm nicht geschadet zu haben. Kathryn stürzte zurück und verschloß die Tür, zog den Vorhang zu. Ihr Herz pochte. Sie war verwirrt. Was nun?
Sie rannte hinaus und spähte ins Schlafzimmer ihrer Tochter. Jill schlief fest. Nun ins Bad. Sie riß das Medizinschränkchen auf und nahm beinahe wahllos heraus, was ihr in die Hände kam: Bandagen, eine Schere, Heftpflaster, Heilsalbe, antiseptische Tinktur, eine Flasche Schmerzbetäuber und sieben oder acht andere Dinge. Alles das stopfte sie in die Taschen ihres Morgenmantels, dann raste sie zurück. Der Mann auf ihrem Bett hatte sich noch nicht bewegt. Zuerst mußte sie diesen Anzug herunterbekommen. Sie suchte nach einem Reißverschluß, nach Schnallen oder Knöpfen. Sie konnte nichts finden. Das Material war glatt, der Anzug war aus einem Stück geschweißt. Kathryn nahm eine Falte zwischen zwei Finger und versuchte sie zu schneiden, doch der Stoff widerstand der Schere, als ob er aus Stahldraht gewebt wäre. Sie wagte nicht, den Verletzten auf den Bauch zu wälzen, um auf der anderen Seite nach einem Reißverschluß zu suchen.
Sie besprühte sein Gesicht mit Kölnisch Wasser von ihrem Toilettentisch, und er regte sich. »Glair?« sagte er deutlich. »Glair?«
»Rühren Sie sich nicht. Es ist alles in Ordnung. Bleiben Sie still liegen und lassen Sie sich helfen.«
Er wurde wieder ruhig. Kathryn fummelte mit wachsender Besorgnis an seinem Anzug herum. Das Ding lag wie eine zweite Haut an seinem Körper, und sie war schon am Verzweifeln, als sie endlich einen winzigen Knopf unter dem Kinn des Mannes entdeckte. Drücken nützte nichts, aber als sie ihn behutsam nach links drehte, schien etwas unter der Oberfläche des Anzugs nachzugeben, und dann öffnete er sich von selbst, spaltete sich in gerader Linie entlang einer unsichtbaren Naht von Kopf bis Fuß. Sie brauchte die Teile nur noch zurückzuschlagen.
Der Mann trug darunter lediglich eine gummiartige gelbe Umwicklung, die Unterleib und Hüften bedeckte. Sein Körper war schlank, sehr bleich, haarlos und ... schön. Das Wort drängte sich ungebeten in Kathryns Bewußtsein. Es ging eine fast feminine Schönheit von ihm aus; seine Haut war glatt und fast durchsichtig. Zugleich aber war er unleugbar männlich. Unter der Elfenbeinhaut lagen kräftige Muskeln. Seine Schultern waren breit, die Hüften schmal, Bauch und Brustkorb flach und fest. Er hätte eine zum Leben erwachte griechische Statue sein können.
Welcher Art mochten seine Schmerzen sein? fragte sich Kathryn. Sie begann ihn auf der Suche nach Verletzungen behutsam abzutasten. Krankenhauserfahrungen, die sie längst vergessen glaubte, fluteten in ihr Gedächtnis zurück. Sie sah, daß sein linkes Bein gebrochen war, und es schien ein glatter Bruch zu sein.
Andere Brüche konnte sie nicht finden, obwohl er viele Abschürfungen und Prellungen davongetragen hatte, aber es gab da zweifellos innere Verletzungen. Das erklärte die Blutung aus seinem Mund. Dieses Blut, Kathryn sah es deutlich im hellen Licht, war orangefarben. Sie betrachtete es ungläubig, dann wanderte ihr Blick zu dem offenen Anzug, auf
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