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Uhrwerk Venedig (German Edition)

Uhrwerk Venedig (German Edition)

Titel: Uhrwerk Venedig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucas Edel , Emilia Dux , Susanne Wilhelm , Tom Wilhelm , Dirk Ganser , T. S. Orgel
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offensichtlich nicht viel vom Leben erwartet. Und das Leben hatte seinen Erwartungen entsprochen, indem es ihm nicht viel gegeben hatte.
    Einen Augenblick war Hawthorne versucht, seine beiden Mitarbeiter zu fragen, ob sie sich nicht etwa geirrt hätten, doch dann entdeckte er einen dunklen Fleck am Boden, der nicht viele Zweifel offen ließ. Irgendwer hatte eine große Blutlache hinterlassen. Und wenn es nicht Cresciczo gewesen war, musste wohl jemand ein Schwein unter dem Tisch geschlachtet haben.
    »Mordechai, schließ’ bitte die Tür.«
    »Aber ... was? Klar, Chef. Aber ich verstehe nicht ...«
    Don sah sich verständnislos um. »Vielleicht waren die Vigili schon hier gewesen.«, mutmaßte er halbherzig.
    »Kaum.« Hawthorne öffnete den Schrank. Er enthielt neben zwei oder drei Sätzen Kleidung einen abgeschabten schwarzen Brustpanzer, einen leicht verbeulten Gardehelm, eine abgegriffene Gardearmbrust, Standardausführung, und ein  Kurzschwert.
    Cresciczos Ausrüstung.
    »Ich glaube nicht, dass sie das dagelassen hätten. Euer Freund scheint noch einen letzten Spaziergang in der Morgensonne zu unternehmen.«
    »Aber ...«
    »Fasst bitte nichts an.«
    Hawthorne besah sich die Blutlache. Sie war beinahe eingetrocknet und zum Teil durch die Ritzen der Dielen in den darunter liegenden Lagerraum versickert. Einige Fliegen taten sich an dem unerwarteten Frühstück gütlich.
    »Eine ziemliche Menge Blut«, stellte Hawthorne fest.
    »Es kann nicht mehr allzuviel im guten Cresciczo übrig geblieben sein, bedenkt man, was durch die Dielen gelaufen sein muss. Ungewöhnlich für eine so kleine Wunde.«          
    Hawthorne sah sich weiter um.
    Auf dem Tisch befand sich noch immer eine Batterie aus leeren und (in drei Fällen) ansatzweise gefüllten Bechern, die penetrant nach schalem Starkbier rochen. Daneben standen die Reste heruntergebrannter Kerzen, ein halbvertrockneter Strauß Blumen in einem Steingutbecher, ein verziertes Jagdmesser auf einer zerknitterten Papierverpackung und ein verstreutes Kartenspiel. Hawthorne hob das Messer mit zwei Fingern auf und betrachtete es.
    »Unser Geschenk an ihn,« murmelte Mordechai. »Wir hatten alle zusammengelegt. « Hawthorne nickte und legte die Waffe zurück. Er trat ans Fenster, öffnete den verriegelten Laden und blickte nach draußen.
    Weitere Lagerhäuser, stellte er fest. Direkt gegenüber der Fensteröffnung, nur getrennt durch eine etwa drei Meter breiten, nach Abfall stinkenden Canaletto, ragte bereits die nächste fensterlose und marode Holzfassade auf. Der Verstorbene hatte wirklich nicht viele Aussichten im Leben gehabt. Weiter oben war ein mit Holz geschindeltes Dach im fortgeschrittenen Stadium des Verfalls zu sehen.
    »Hm.« Der Capitano staubte sich in Gedanken versunken die Hände ab, wandte sich um und betrachtete den Raum. Dielen, unter denen sich ein muffiger Lagerraum befand. Eine nicht abschließbare Tür, an deren Innenseite ein fadenscheiniger Regenmantel an einem Messinghaken hing, ein morastverkrustetes Paar Gardistenstiefel in der Ecke, daneben ein kupferner Kohleneimer und einige Scheite Holz. Nichts Stehlenswertes im gesamten Raum. Nun, zumindest nichts, was jetzt noch da war.
    »Don, Mordechai, fehlt in diesem Raum irgendetwas?«
    »Hm, Capo ...«, Mordechai sah sich ebenfalls um.
    »Cresciczo.« Don ließ sich finster auf einen der Stühle fallen. Er vermied es, den dunklen Fleck anzusehen.
    »Non, Capo. Nichts, was mir auffallen würde«, stellte Mordechai fest.
    »Außer Cresciczo...« 
    »Richtig.« Hawthorne griff versonnen nach oben, um seinen Bart zu zwirbeln, bevor ihm einfiel, dass es da nicht mehr allzuviel zum Zwirbeln gab. »Wer könnte Interesse daran haben, seinen Leichnam verschwinden zu lassen?«
    »Sein Mörder? Um den illegalen Bolzen verschwinden zu lassen?«
    »Korrekt.«
    »Trotz Zeugen? Warum? Ich meine, es ist ja nicht so, dass es niemand bemerkt hätte.« Mordechai runzelte die Stirn. »Es sei denn ...« Er und Don sahen sich an und schluckten.
    »Ich habe da ein ungutes Gefühl, Mordy.«, bemerkte Don vorsichtig.
    Hawthorne winkte ab. »Hätte er euch beseitigen wollen, hätte er das auf eurem Heimweg schon erledigt. Ich vermute, ihr wart keine allzu schwer verfehlbaren Ziele.«
    »Ich kann ziemlich unvorhergesehen schwanken. Und ziemlich schnell.«
    Der Capitano warf ihm einen Seitenblick zu, der ihn verstummen ließ. »Wichtiger ist doch die Frage, wer Interesse daran gehabt haben könnte, Messer Cresciczo

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