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Uhtred 6 - Der Sterbende König

Uhtred 6 - Der Sterbende König

Titel: Uhtred 6 - Der Sterbende König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Ein zweites Band lag wie ein dünner Schal um seinen Hals und wirkte seltsam weibisch, denn es war rosafarben und aus der wertvollen und zarten Seide gemacht, die von Händlern aus einem fernen Land nach Britannien gebracht wird. Die Enden des Seidenbandes hingen über sein Kettenhemd, das aus feinen Gliedern bestand und wohl von den kostspieligen Schmieden im Frankenreich angefertigt worden war. Sein Gürtel war mit eckigen Goldplättchen besetzt und das Heft seines Schwertes mit einem Kristallknauf geschmückt. Er war reich, er war selbstbewusst, und er sah uns streitlustig entgegen. »Wer seid Ihr?«, fragte Pater Coenwulf den Jüngling.
    »Mein Name ist Sigebriht«, sagte der junge Mann stolz. »Herr Sigebriht für Euch, Priester.« Also war dies der junge Mann, der die Botschaften zwischen Æthelwold und den Dänen übermittelt hatte, Sigebriht von Cent, der die Herrin Ecgwynn geliebt und sie an Edward verloren hatte. »Lasst sie gar nicht erst reden«, drängte Sigebriht seinen Meister. »Tötet sie!«
    Æthelwold wusste nicht, was er tun sollte. »Der Herr Uhtred«, grüßte er mich, weil er irgendetwas sagen wollte. Er hätte seinen Männern befehlen sollen, uns in Stücke zu hacken, um anschließend seine Kräfte zum Angriff auf Edward zu fuhren, aber dafür war er nicht Manns genug, und vermutlich wusste er, dass ihm nur eine Handvoll Männer im Saal folgen würden.
    »Herr Æthelwold«, sagte Pater Coenwulf streng, »wir sind hier, um Euch an den Hof König Edwards vorzuladen.«
    »Diesen König gibt es nicht«, zeterte Sigebriht.
    »Ihr werdet Eurem Rang gemäß behandelt«, Pater Coenwulf achtete nicht auf Sigebriht und sprach an Æthelwold gewandt weiter, »aber Ihr habt den Frieden des Königs gestört, und dafür müsst Ihr dem König und seinem Witan Rede und Antwort stehen.«
    »Ich bin hier König«, sagte Æthelwold. Er straffte sich, um würdig auszusehen. »Ich bin König«, wiederholte er, »und ich werde hier in meinem Königreich leben oder sterben!«
    Einen Augenblick lang tat er mir beinahe leid. Er war ja tatsächlich um den Thron von Wessex betrogen worden, verdrängt von seinem Onkel Alfred und gezwungen zuzusehen, wie Alfred Wessex zum mächtigsten Königreich Britanniens machte. Æthelwold hatte Trost in Ale, Met und Wein gefunden, und in trinkseliger Laune konnte er durchaus eine unterhaltsame Gesellschaft sein, doch immer hatte er den Ehrgeiz gehabt, das richtigzustellen, was er als das große Unrecht betrachtete, das ihm in seiner Kindheit angetan worden war. Und jetzt mühte er sich so sehr um einen königlichen Auftritt, doch nicht einmal seine eigenen Gefolgsleute waren bereit, sich ihm in dieser Sache anzuschließen, nur ein paar wenige junge Narren wie Sigebriht.
    »Ihr seid nicht König, Herr«, sagte Pater Coenwulf schlicht.
    »Er ist König!«, beharrte Sigebriht und ging auf Pater Coenwulf zu, als wolle er den Priester niederschlagen. Da trat auch Steapa einen Schritt vor.
    Ich habe im Leben viele respekteinflößende Männer gesehen, und von ihnen war Steapa der furchterregendste. In Wirklichkeit war er eine sanftmütige Seele, freundlich und unendlich rücksichtsvoll, aber er war auch einen Kopf größer als die meisten Männer und mit einem knochigen Schädel gesegnet, über den die Haut straff gespannt schien, was ihm einen immerzu düsteren Ausdruck verlieh, der an gnadenlose Grausamkeit denken ließ. Früher hatten ihn die Männer Steapa Snotor genannt, was Steapa der Dumme bedeutet, aber diesen Spottnamen hatte ich schön seit Jahren nicht mehr gehört. Steapa war als Sklave geboren, war aber bis zum Anführer der königlichen Leibwache aufgestiegen, und obwohl er kein schneller Denker war, so war er doch treu, gewissenhaft und gründlich. Außerdem war er der gefurchtetste Krieger von Wessex, und nun, als er eine Hand auf den Griff seines gewaltigen Schwertes legte, blieb Sigebriht stehen, und ich sah die Angst auf seinem hochmütigen Gesicht aufblitzen.
    Und ich sah Æthelflæd lächeln.
    Æthelwold wusste, dass er verloren hatte, klammerte sich aber an seine Würde. »Pater Coenwulf, nicht wahr?«, fragte er.
    »Ja, Herr.«
    »Ihr seid ein weiser Ratgeber, da bin ich gewiss. Möchtet Ihr vielleicht auch mir einen Rat geben?«
    »Deshalb bin ich hier«, sagte Coenwulf.
    »Und würdet Ihr in meiner Kapelle ein Gebet sprechen?« Æthelwold deutete auf eine Tür hinter sich.
    »Das wäre eine besondere Ehre«, sagte Coenwulf.
    »Du auch, meine Teure«, sagte

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