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Uhtred 6 - Der Sterbende König

Uhtred 6 - Der Sterbende König

Titel: Uhtred 6 - Der Sterbende König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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einem stinkenden Raum zu liegen, quälenden Schmerzen unterworfen, mit einem Klumpen im Bauch wie ein Stein, mit herablaufendem Speichel und Tränen und Kot und üblen Gerüchen. Aber dann kommt die Befreiung des Lebens im Jenseits, die Wiedergeburt in die Freude. Die Christen nennen es Himmel und wollen uns in seine marmornen Hallen treiben, indem sie uns mit grauenhaften Geschichten von einer Hölle schrecken, die heißer ist als die Schmiedeesse von Blaneford, ich aber werde in den Armen einer Walküre mit einem strahlenden Lichtblitz in den großen Ehrensaal von Walhall eingehen, wo meine Freunde auf mich warten, und nicht nur meine Freunde, sondern auch meine Feinde, die Männer, die ich in der Schlacht getötet habe, und es wird ein Schwelgen sein und ein Trinken und Kämpfen, und es werden Frauen da sein. Das ist unser Schicksal, es sei denn, wir sterben einen schlechten Tod, dann leben wir ewiglich in den eisigen Sälen der Göttin Hei.
    Wie seltsam das war, dachte ich, als ich Æthelwold durch die Nacht folgte. Die Christen sagen, unsere Strafe sei die Hölle, und die Dänen sagen, diejenigen, die einen schlechten Tod sterben, gehen nach Hei, in die Unterwelt, in der die Göttin gleichen Namens regiert. Aber Hei ist nicht die Hölle. Hei lässt niemanden brennen, sie lässt ihn nur im Elend leben. Stirb mit einem Schwert in der Hand, und du wirst niemals Hels verwesenden Körper sehen oder in ihren riesenhaften kalten Höhlen Hunger leiden. Doch Hels Bezirke sind kein Ort der Bestrafung. Nur das ganz gewöhnliche Leben für alle Zeit. Die Christen verheißen uns Strafe oder Belohnung, als wären wir kleine Kinder, aber in Wahrheit ist das, was danach kommt, das Gleiche, was vorher war. Alles ändert sich, wie Ælfadell erklärt hatte, und alles bleibt gleich, wie es seit jeher war und für immer sein wird. Und die Erinnerung an Ælfadell ließ mich an Erce denken, an diesen schlanken Körper, der sich auf meinem gewiegt, an die kehligen Geräusche, die sie ausgestoßen hatte, an dieses Andenken der Wonnen.
    Als die Morgendämmerung kam, hörte ich Hirsche röhren. Es war Brunftzeit, die Zeit, in der Starenwolken den Himmel verdüstern und die Blätter zu fallen beginnen. An einer Erhebung der Straße ließ ich mein erschöpftes Pferd rasten und sah mich um. Ich entdeckte niemanden. Ich schien ganz allein zu sein in dieser nebeligen Dämmerung, beinahe zu schweben in einer Welt aus Gold und Gelb, deren Stille nur vom Röhren der Hirsche unterbrochen wurde, und dann verhallte auch noch dieses Geräusch, während ich ostwärts und südwärts nach einem Zeichen von Edwards Männern Ausschau hielt. Doch ich sah immer noch nichts. Also ritt ich weiter Richtung Norden, wo ziehender Rauch am Himmel die Lage der Stadt Sceaftesburi jenseits der Hügel anzeigte.
    Sceaftesburi war eine von Alfreds Wehrstädten, eine Festung, die sowohl einer königlichen Münzstätte als auch einem von Alfred besonders geliebten Frauenkloster Schutz bot. Æthelwold hätte es niemals wagen können, nachts in einer solchen Stadt um Einlass zu bitten oder abzuwarten, bis die Stadttore geöffnet wurden, sodass er hineinreiten konnte. Der Befehlshaber über die Wehrstadt, wer immer es auch sein mochte, wäre zu neugierig gewesen, und das hieß, dass Æthelwold einen Bogen um Sceaftesburi gemacht haben musste. Aber in welcher Richtung? Ich suchte nach Spuren, fand jedoch nichts Auffälliges. Ich war versucht, die Verfolgung aufzugeben, die von Anfang an töricht gewesen war. Ich wollte mir in der Stadt ein Wirtshaus suchen und für etwas zu essen, ein Bett und eine Hure zahlen, die es mir wärmte, aber dann sprang ein Hase über meinen Weg, von Osten nach Westen, und das war ganz gewiss ein Zeichen der Götter. Ich ritt nach Westen von der Straße weg.
    Und wenig später hob sich der Nebel, und ich sah die Pferde auf einem Kalkhügel. Zwischen mir und dem Hügel lag ein weites, dichtbewaldetes Tal, und ich galoppierte darauf zu, obwohl ich sah, dass mich die Reiter schon bemerkt hatten. Es war eine ganze Gruppe, alle starrten in meine Richtung, und einer deutete auf mich. Dann drehten sie um und ritten nach Norden. Ich zählte nur neun Männer, und ganz bestimmt gehörten sie zu Æthelwolds Trupp, aber als ich in dem bewaldeten Tal angekommen war, konnte ich nicht nach den übrigen Reitern suchen, weil der Nebel noch zwischen den Bäumen stand und ich langsam reiten musste, denn die Äste hingen niedrig, sodass ich mich auf den Pferderücken

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