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Uhtred 6 - Der Sterbende König

Uhtred 6 - Der Sterbende König

Titel: Uhtred 6 - Der Sterbende König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Boote, länger in westsächsischen Gewässern zu fahren, und damit war es mehr als unwahrscheinlich, dass ein Schiff zu Æthelwolds Rettung bereitlag. Er war jetzt auf sich allein gestellt, und das bedeutete, dass er versuchte, über Land zu reiten.
    Und ich verfolgte ihn, besser gesagt, ich tastete mich schlecht und recht durch die Dunkelheit. In dieser Nacht schien zwar der Mond, doch die Schatten, die er warf, lagen schwarz auf dem Weg, und weder ich noch das Pferd konnten viel erkennen, und deshalb bewegten wir uns nur langsam vorwärts. An manchen Stellen glaubte ich frische Hufabdrücke auf dem Boden zu erkennen, aber sicher war ich nicht. Die Straße bestand aus Schlamm und Gras, sie lag breit zwischen Hecken und hohen Bäumen, es war ein Weg für den Viehtrieb, und er folgte dem Flusstal, das sich nordwärts wand. Irgendwann in dieser Nacht kam ich zu einem Dorf und sah Licht in der Schmiedewerkstatt. Ein Junge schürte das Feuer in der Esse. Das war seine Arbeit, er musste das Feuer über Nacht in Gang halten, und er kauerte sich ängstlich zusammen, als er mich in meiner Kriegerpracht sah. Helm, Kettenhemd und Schwertscheide funkelten im Widerschein der Flammen, die Licht auf die morastige Straße warfen.
    Ich hielt das Pferd an und schaute zu dem Jungen hinüber. »In deinem Alter«, sagte ich, »habe ich manchmal ein Köhlerfeuer gehütet. Meine Aufgabe war es, die Löcher im Meiler mit Moos und feuchten Erdklumpen zu verstopfen, falls irgendwo Rauch austrat. Ich habe die ganze Nacht aufgepasst. Dabei kann man sich sehr einsam fühlen.«
    Er nickte, immer noch zu erschrocken, um etwas zu sagen.
    »Aber ich hatte ein Mädchen, das mir beim Feuerhüten geholfen hat«, sagte ich und dachte an die dunklen Nächte mit Brida zurück. »Hast du kein Mädchen?«
    »Nein, Herr«, sagte er. Inzwischen hatte er sich auf die Knie aufgerichtet.
    »Mädchen sind die beste Gesellschaft in einsamen Nächten«, sagte ich, »auch wenn sie zu viel reden. Sieh mich an, Junge.« Er hatte den Kopf gesenkt, vielleicht aus Scheu. »Und jetzt erzähl mir etwas«, fuhr ich fort, »sind ein paar Männer durchs Dorf geritten? Sie müssten eine Frau bei sich gehabt haben.« Der Junge sagte nichts, starrte mich einfach nur an. Mein Pferd mochte die Hitze der Esse nicht, oder vielleicht wurde es auch durch den beißenden Geruch verunsichert, also klopfte ich ihm beruhigend auf den Hals. »Die Männer haben dir gesagt, du sollst den Mund halten«, sagte ich zu dem Jungen, »sie haben gesagt, du musst das Geheimnis bewahren. Haben sie dir gedroht?«
    »Er hat gesagt, er sei der König, Herr.« Beinahe flüsternd hatte der Junge die Worte hervorgestoßen.
    »Der wahre König ist ganz in der Nähe«, sagte ich. »Wie heißt dieser Ort?«
    »Blaneford, Herr.«
    »Sieht so aus, als könnte man hier gut leben. Sie sind wohl nach Norden geritten?«
    »Ja, Herr.«
    »Wie lange ist das her?«
    »Nicht lange, Herr.«
    »Und diese Straße führt nach Sceaftesburi?«, fragte ich und versuchte mir die Gegebenheiten im Kernland des reichen Wessex ins Gedächtnis zu rufen.
    »Ja, Herr.«
    »Wie viele Männer waren es?«, fragte ich.
    »Dick a mimp, Herr«, sagte er, und mir war klar, dass er auf diese Art zählte, und es war eine andere als meine, aber er war schlau genug, das selbst zu bemerken, und hob einmal alle Finger hoch und dann nur eine Hand. Fünfzehn.
    »War ein Priester dabei?«
    »Nein, Herr.«
    »Du bist ein guter Kerl«, sagte ich, und das war er auch, weil er so klug gewesen war, die Männer zu zählen. Ich warf ihm ein Stückchen Silber zu. »Morgen früh«, sagte ich, »erzählst du deinem Vater, dass du Uhtred von Bebbanburg begegnet bist und deinen Dienst am neuen König erfüllt hast.«
    Er starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an, als ich mein Pferd umdrehen ließ und zu der Furt lenkte, wo ich das Tier trinken ließ, bevor ich hügelan weiterritt.
    Ich weiß noch, wie mir durch den Kopf ging, dass ich in dieser Nacht hätte sterben können. Æthelwold hatte vierzehn Begleiter, wenn man Æthelflæd nicht mitrechnete, und er muss gewusst haben, dass er verfolgt werden würde. Ich vermute, er dachte, dass Edwards gesamte Armee hinter ihm her durch die Dunkelheit stolperte, denn wenn er gewusst hätte, dass es nur ein einzelner Reiter war, hätte er sicher einen Hinterhalt gelegt, und ich wäre niedergeschlagen und im Mondeslicht abgeschlachtet worden. Ein besserer Tod, dachte ich, als ihn Alfred gestorben war. Besser, als in

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