Ulysses Moore - 03 - Das Haus der Spiegel
gehen, aber es erscheint mir als einziger Ausweg. Ich habe keine Kraft und keine Lust mehr und auch mein Mut ist aufgebraucht. DrauÃen regnet es in Strömen und heute ist mein letzter Tag in Kilmore Cove angebrochen. Ich habe alles verdorben. Ich kann nicht mehr so weitermachen. An diesem Regentag fühle ich mich noch einsamer als sonst. Das Wasser klatscht auf die Spiegel und der Rost wird die Zahnräder zerfressen, die dafür sorgen, dass mein geliebtes Haus dem Lauf der Sonne folgt. Die Salzluft wird eines Tages auch die Windräder oben auf dem Hügel zum Stillstand bringen.
Die Tür wartet auf mich. Aber bevor ich Kilmore Cove für immer verlasse, sollt ihr wissen, dass ich mich immer geehrt gefühlt habe euer Freund sein zu dürfen und zusammen mit euch und den anderen an dem groÃen Projekt gearbeitet zu haben. Es war gut, dass wir in Erwartung besserer Zeiten die Schlüssel versteckt und die Türen geheim gehalten haben. Es war der einzige Weg, um Kilmore Cove und das Geheimnis seiner Erbauer zu schützen. Das alles war richtig. Nur
ich
habe falsch gehandelt und muss euch meinen Fehler beichten. Dieser hat einen Namen und das Gesicht einer Frau: Oblivia Newton. Es ist meine Schuld, dass unser Projekt missglückte. Es ist meine Schuld, dass sie euch jetzt verfolgt.
Ich will euch alles von Anfang an erzählen. Zum ersten Mal sah ich sie in meinem Geschäft, an einem Samstagnachmittag. Ich saà hinten in der Werkstatt, als sie den Laden betrat, und ich dachte, dass sie einfach nur eine von diesen Touristen sei, die gelegentlich zu uns finden, obwohl wir alle Hinweisschilder entfernt, Kilmore Cove von jeder Landkarte gelöscht und jedes Buch vernichtet haben, das es erwähnt. Ãbrig ist ja nur noch die eine Karte von Thos Bowen, auf der wir die Türen markiert und die Namen ihrer Schlüssel eingetragen haben.
Es ging gut voran mit unserem Projekt: Wir hatten schon fast alle Schlüssel zusammen und die Türen verborgen. Vielleicht wäre es uns tatsächlich gelungen, sämtliche Hinweise auf unser Geheimnis zu beseitigen, wenn nicht an jenem Tag Oblivia in mein Geschäft gekommen wäre.
Sie war wunderschön. Glaubt mir: wirklich wunderschön. Sie trug ein apfelgrünes Kleid und hatte etwas mitgebracht, was sie geschätzt haben wollte. Sie sagte, ihre alte Lehrerin habe es ihr geschenkt: Klio Biggles, Cleopatras Schwester. Natürlich kannte ich Klio. Aber ich hätte nicht gedacht, dass diese Frau, die viele Jahre lang fern von Kilmore Cove gelebt hatte, Oblivia einen Schlüssel geschenkt hätte: den mit der Katze.
Ich war zunächst verblüfft. Dann beging ich den entscheidenden Fehler: Ich wollte Oblivia den Schlüssel um jeden Preis abkaufen. Erinnert ihr euch, wie sehr wir danach gesucht hatten? Irgendwann waren wir zu dem Schluss gekommen, er sei für immer verschwunden. Stattdessen war er in Cheddar gelandet. Eine Grundschullehrerin hatte ihn dort hingebracht. Und nun war er zu uns zurückgekehrt.
Oblivia Newton merkte, dass es mit dem Schlüssel etwas Besonderes auf sich hatte: Sie fragte sich sicher, warum ein einfacher Uhrmacher bereit war für einen alten Schlüssel jeden beliebigen Preis zu zahlen. Sie begann öfter in mein Geschäft zu kommen. Dann folgte sie mir auf meinem Weg nach Hause und schlieÃlich kam sie direkt dorthin, nach Owl Clock.
Ich freute mich darüber. Bisher hatten mir nur meine Erfindungen Gesellschaft geleistet und die Anwesenheit einer Frau kam mir vor wie ein Traum. Ich zeigte ihr alles und sie gab vor fasziniert zu sein und behauptete, noch nie etwas Derartiges gesehen zu haben. Ich lieà das Haus für sie drehen, damit man vom Balkon aus den Sonnenuntergang oder die Hügel sehen konnte. Oblivia schmeichelte mir und sagte, ich sei ein Genie. Und ich, der ich noch nie eine so schöne Frau gesehen hatte, glaubte ihr.
Armer kleiner Peter Dedalus! Ich begriff nicht, dass nur der Schlüssel und nichts anderes uns verband. Oblivia wusste ganz genau, dass ich ihr früher oder später verraten würde, warum dieser Schlüssel so wichtig war. Sie wartete nur darauf, dass ich ihr vertraute, siegesgewiss wie eine Spinne, die weiÃ, dass die Fliege früher oder später in ihrem Netz hängen bleiben wird.
Und ich ging in ihre Falle, mit offenen Augen. Und allein, ohne mich euch jemals anvertraut zu haben. Das werde ich mir nie verzeihen. Während ich euch half
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