Ulysses Moore 6: Der erste Schlüssel (German Edition)
und besorgst die Schlüssel. Auch meine. Solltest du sie nicht finden, dann lass dir von Ulysses Moore, von Peter, von Black Vulcano oder von sonst irgendjemand helfen. Ich will von der ganzen Geschichte nichts mehr wissen.« Das stimmte nicht ganz, denn wenn Black Vulcano mit dem Ersten Schlüssel nach Kilmore Cove zurückgekehrt war, würde sie mit ihm sämtliche Türen öffnen können. Aber Oblivia hatte keine Lust, alle ihre Pläne offenzulegen. Sie fand, sie hatte jetzt genug gesagt. Zufrieden lehnte sie sich gegen den Türrahmen und fügte hinzu: »Und wenn du willst, kannst du auch Manfred behalten. Ich überlasse ihn dir gerne.«
»Oblivia!«, schrie Julia.
Doch Miss Newton ging, ohne sich noch einmal umzudrehen, durch die Tür zur Zeit.
Als sie die Tür des Badezimmers der Villa Argo hinter sich geschlossen hatte, hörte Zan-Zan unten im Haus eine Frauenstimme, die nach jemandem rief. Black sang unter der Dusche und hatte sicher nichts mitbekommen.
Mit dem Schlafmittelflakon in der Hand schlich Zan-Zan die Treppe hinunter. Wieder hörte sie die Stimme.
Eine Frau stand auf der Terrasse.
Blacks Assistentin schlich bis zu den Glastüren, von denen aus man in den Garten gelangte, und schaute hinaus.
Jetzt war die fremde Frau nur noch wenige Schritte von ihr entfernt. Sie sah sich um, als suche sie jemanden.
Zan-Zan öffnete leise eine Tür und ließ sie einen Spaltbreit offen stehen, sodass sie zum Eintreten einlud. Sie wartete, bis die Frau in ihre Reichweite kam, und blies ihr dann eine grüne Wolke ins Gesicht.
»Rick?«, konnte Patricia Banner gerade noch rufen. Dann sank sie betäubt zu Boden.
Auf der anderen Seite der Tür zur Zeit sagte Julia zu Rigobert: »Ich hätte nicht gedacht, dass sie es wirklich tun würde.«
»Es kam mir nicht so vor, als hätte sie etwas Schlimmes gemacht«, meinte der alte Mann und ging auf die Tür zu.
»Nein!«, schrie Julia. »Öffne sie nicht!«
»Warum denn nicht?«, fragte der Dieb erstaunt. »Was soll denn an dieser Tür so besonders sein?«
»Glaub mir, wir haben jetzt keine Zeit für Erklärungen.« In Julias Kopf schwirrten in diesem Augenblick die verschiedensten, einander widersprechenden Ideen herum.
Plan Nummer eins: Oblivia folgen. In der Villa Argo würden ihre Eltern sein und ihr helfen. Aber wie konnte sie Rigobert daran hindern, mit ihr zu kommen? Und was war mit Jason? Konnte sie ihn an so einem Ort alleinlassen?
Plan Nummer zwei: Auf Jason warten und sich mit ihm gemeinsam die Schlüssel und das Notizbuch zurückholen. Zuvor aber musste sie Rigobert dazu bringen, ihr zu helfen und nicht durch die Tür zur Zeit zu gehen.
Plan Nummer drei: So schnell wie möglich den Kreuzgang verlassen und irgendwo ein warmes Bad nehmen.
Während sie immer noch versuchte, sich zu einem Entschluss durchzuringen, hatte sich der alte Dieb die Umgebung der Tür genauer angesehen.
»Hier scheint in letzter Zeit ziemlich viel los gewesen zu sein«, murmelte er und beugte sich über die Fußabdrücke im Kies. »Mindestens drei Personen …«
»Drei Personen?«, fragte Julia entsetzt. Ein schrecklicher Gedanke schoss ihr durch den Kopf: Black Vulcano, seine chinesische Assistentin und Oblivia Newton … Wenn sie alle drei durch die Tür gegangen waren … »Es kann nur noch einer zurückkehren«, sagte sie leise, den Blick auf die Tür zur Zeit gerichtet.
»Was?« Rigobert hob den Kopf. Verblüfft kniff er ein paarmal die Augen zu und öffnete sie wieder: Das Mädchen war verschwunden.
Er richtete sich auf und ging zur Tür. Er versuchte, sie zu öffnen. Es ging nicht. Sie war verschlossen.
Zwei flinke Schatten flitzten auf den Wehrgängen entlang, stiegen Treppen hinauf und hinunter und durchquerten zahllose mondbeschienene Innenhöfe.
Als sie in die Nähe des hässlichen Gebäudes kamen, in dem sich die Zellen befanden, zeigte Dagobert Jason die fünf Münzen, die er im Beutel des schlafenden Wachtpostens gefunden hatte, und erklärte ihm seinen Plan.
Zuerst suchten sie in der Umgebung des Gefängnisses nach einem Soldaten, der ihnen geeignet erschien.
Sie ließen ein paar dünne, streng dreinblickende Wachmänner links liegen und auch ein kleiner dicker, dem das Kettenhemd kaum über den Bauch reichte, kam für ihre Zwecke nicht infrage. Beim dritten Eingang aber stand ein junger Soldat, der sich schläfrig auf seine Hellebarde stützte und dem der Kopf immer wieder auf die Brust sank.
»Den nehmen wir«, beschloss Dagobert und verließ ihr
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