Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden

Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden

Titel: Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
Vom Netzwerk:
sehr belogen.
    Es stimmte, sie hatte ein Ticket.
    Aber nicht für einen Flug nach Venedig.
    Viele Kilometer von London entfernt hinkte Nestor zur gleichen Zeit durch den Garten der Villa Argo.
    Er holte sein Motorrad mit Beiwagen aus der Garage, schob es auf die Straße und ließ es an, um hinunter in den Ort zu fahren. Er hatte eine Schachtel mit
Chubber
-Pralinen dabei.
    Hinter einem Vorhang aus Wolken ging gerade die Sonne unter. Nestors Ziel war das Haus von Miss Stella, der ältesten Lehrerin von Kilmore Cove. Er klopfte an die schwere Holztür und wartete geduldig, bis die alte Dame öffnete.
    »Guten Abend, Miss Stella. Ich bin Nestor, der Gärtner der Villa Argo«, stellte er sich vor und reichte ihr die Pralinenschachtel.
    Zehn Minuten später saß er auf der Kante eines Sofas, das ganz so aussah, als würde es im nächsten Moment zusammenbrechen.
    Der ihm angebotene Tee hatte einen merkwürdigen Beigeschmack nach Knoblauch. Nachdem Nestor ein paar Minuten mit Miss Stella über die guten alten Zeiten gesprochen hatte, kam er zum Punkt: die Schlüssel der Schule von Kilmore Cove.
    »Sie müssten doch noch einen Satz davon haben«, sagte Nestor betont beiläufig.
    Wie er gehofft hatte, hatte sich die Lehrerin noch nicht davon trennen können. Sie hatte ihren Beruf erst vor einigen Monaten endgültig aufgegeben und war schweren Herzens in den Ruhestand getreten. Letzter Auslöser für ihre Entscheidung war das Verschwinden von Direktor Marriet gewesen.
    Eine Stunde später verließ Nestor ihr Haus – mit den Schlüsseln der Schule von Kilmore Cove in der Hand.
    Der Gärtner der Villa Argo erreichte das alte Schulgebäude und parkte seine Maschine vorsorglich so, dass man sie von der Straße aus nicht sehen konnte. Dann schlich er zum Haupteingang, suchte nach dem richtigen Schlüssel und sperrte die Tür auf.
    Zügig ging er einen der Flure entlang, durch die er einst gerannt war, damals, als er der Freund von Leonard Minaxo, Black Vulcano, Peter Dedalus, Klytämnestra und Kleopatra Biggles geworden war. Und einen Augenblick lang kam es ihm vor, als würden ihn ihre Kindergesichter aus der Dunkelheit heraus ansehen.
    Das Zimmer, das Nestor suchte, lag im Erdgeschoss, am Ende des Gangs, hinter dem Lehrerzimmer. Neben der Tür stapelten sich ausrangierte Schulbücher.
    Wie der Gärtner schon vermutet hatte, war es abgeschlossen, aber schnell fand sich auch für diese Tür der passende Schlüssel.
    Der Schlüssel zur Kellertür.
    Das Schloss knackte und gab die Sicht auf eine Treppe frei, die von einer flackernden Glühbirne nur schlecht beleuchtet wurde. Die Hand fest am Geländer, stieg Nestor hinunter.
    Unten bog er in einen schmalen Gang ein. Die einzelnen Kellerabteile waren mit Buchstaben gekennzeichnet. Raum A folgte Raum B, diesem Raum C, und so weiter.
    Vor Raum D blieb Nestor stehen.
    D wie Dedalus.
    Er schloss auch diese Tür auf.
    Eine Zeitschaltermechanik löschte das Licht im Treppenaufgang. Nestor stand für einen Moment im Stockfinsteren, fand dann aber den Lichtschalter im Raum. Er hatte sich nicht geirrt. Ganz hinten vor der Wand erkannte er die große, mit einem staubigen Laken abgedeckte Maschine.
    Sie sah fast wie ein eiserner Triceratops aus. Oder wie eine Kreuzung zwischen einem mechanischen Webstuhl, einer auseinandergenommenen Kirchenorgel und Teilen eines U-Boots. Wie allen anderen von Peters Maschinen war auch diesem Ungetüm auf den ersten Blick nicht anzusehen, wozu es diente oder wie man es in Gang setzte.
    »Hallo, Identity«, begrüßte Nestor Dedalus’ Erfindung und legte seine Hand auf ihre schwarze Metalloberfläche. »Ich brauche einen schönen neuen Pass. Hast du Lust, ihn mir zu drucken?«
    Er besah sich die Maschine von allen Seiten und betätigte schließlich einen Hebel. Identity begann sich zu regen und fuhr eine Tastatur mit runden Tasten aus, die denen einer Schreibmaschine ähnelten.
    »Rick Banner«, murmelte Nestor und gab die Buchstaben nacheinander ein.
    Aus der Maschine wuchs ein Scherengitter mit einer Klammer am Ende, in die Nestor das Foto von Rick steckte, das er am Nachmittag gemacht hatte.
    Identity zog das Foto in ihr Inneres und begann laut und immer schneller zu ticken.
    Nestor verschränkte die Arme und wartete, bis die Maschine ihre Arbeit getan hatte.

Kapitel 22
Mitternacht
    Als er die Kirchturmuhr schlagen hörte, schlüpfte Rick Banner aus dem Bett. Er war schon fertig angezogen und hatte, den Anweisungen des Fensterbuchs entsprechend, bequeme

Weitere Kostenlose Bücher