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Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden

Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden

Titel: Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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sah zu den Dächern hinauf. Sie fragte jeden, dem sie begegnete, ob ihm eine schwarz-weiße Katze mit einem Fleck am Auge über den Weg gelaufen sei, aber niemand hatte Mioli gesehen.
    Ich benötige Hilfe, dachte Anita und rannte zum Haus Nummer 173, das links von Nummer 14 und rechts von Nummer 78 stand. Sie hatte lange gebraucht, sich in dem Labyrinth aus kleinen Straßen in Venedig zurechtzufinden. Dass die Vergabe der Hausnummern jeglicher Logik entbehrte, hatte es nicht gerade einfacher gemacht. Anscheinend waren nur die Briefträger in das verwirrende System eingeweiht.
    Als sie vor Nummer 173 stand, schaute Anita nach oben und trat ein paar Schritte zurück. Das von hellen Steinsimsen eingerahmte Fenster im zweiten Stock stand offen. Auf dem Balkon nebenan blühten üppige Geranien, deren scharfer Geruch die Mücken fernhielt.
    An der Haustür gab es keine Klingel. Deshalb legte Anita die Hände an den Mund und rief: »Tommi!«
    Bald darauf lehnte sich ein Junge mit braunem Haarschopf aus dem Fenster. »Anita!«, begrüßte er sie. »Warte, ich komme schnell runter und mache dir auf!«
    »Ich suche Mioli!«
    »Schon wieder?«
    »Ja, schon wieder«, stöhnte Anita. »Kannst du mir helfen, oder hast du gerade keine Zeit?«
    Tommaso Ranieri Strambi lehnte sich noch weiter aus dem Fenster. »Aber klar, bin sofort bei dir!«
    Anita hörte ihren Freund die Treppe herunterrennen. Kurz darauf wurde die Haustür aufgerissen.
    »Wann ist er denn dieses Mal verschwunden?«, japste Tommaso und zog sich einen Pullover über.
    »Ich weiß es nicht genau. Vor ein oder zwei Stunden. Vielleicht auch vor drei.«
    »Oje.« Tommaso steckte die Hände in die Hosentaschen und brachte nach und nach deren Inhalt zum Vorschein: einen Kompass, eine Uhr, ein paar Angelhaken mitsamt Schnüren, eine Schachtel Streichhölzer, ein Schweizer Taschenmesser und eine Blechdose voller Vanillekekse. »Zum Glück«, sagte er und reichte Anita die Dose, »ist Mioli so eine Naschkatze.«
    »Hast du eine Idee, wo er sich versteckt haben könnte?«
    Tommaso wiegte den Kopf hin und her. »Ich wette, dass er sich wieder irgendwo bei euch im Haus verkrochen hat. Und mit diesen Keksen locken wir ihn aus seinem Versteck hervor.«
    Vor der Ca’ degli Sgorbi blieb Tommaso wie immer erst einmal stehen. Er betrachtete die Fassade. Mit den vielen Rissen und Löchern im Verputz sah sie wie die Schatzkarte eines Piraten aus, mit eingezeichneten Küsten, Inseln und geheimen Buchten.
    »Los, Tommi!«, drängelte Anita. Sie öffnete das quietschende Tor und wartete darauf, dass ihr Freund ihr endlich folgte. »Was ist denn schon wieder?«, fragte sie ungeduldig.
    »Das weißt du doch ganz genau. Dieses Haus hat einfach keinen guten Ruf.«
    »Also Tommaso, ich bitte dich!«, rief Anita, während sie ihren Freund hinter sich her in den Flur zog.
    Tommaso sah sich argwöhnisch um. Die Fresken an den Wänden machten ihm Angst.
    »Wann gibst du endlich diesen dummen Aberglauben auf?«
    »Das ist kein Aberglaube. Vergiss nicht, dass dies hier die Ca’ degli Sgorbi ist, und …«
    »Mama sagt, dass man das Haus auch Maison Morice Moreau nennt«, unterbrach Anita ihn.
    Tommaso zuckte mit den Schultern. »Die Venezianer nennen es Ca’ degli Sgorbi«, fuhr er unbeirrt fort, »wegen all der
sgorbi
, der Ungeheuer an den Wänden.«
    »Aber Morice Moreau war ein Künstler«, warf Anita ein. »Ein großer französischer Maler und Illustrator. Mama meint, dass er sieben Jahre brauchte, um alle Wände zu bemalen.«
    »Ja. Und dann hat er sich aufgehängt.«
    »Tommaso!«
    »Das ist die reine Wahrheit!«
    »Nein, ist es nicht!«, widersprach Anita ihm energisch. »Er ist an Altersschwäche gestorben.«
    »Und wer soll dann sein Atelier angezündet haben, da oben im Dachgeschoss?«
    Anita sagte nichts. In der Etage über der goldenen Decke, dem großen Riss und dem dunklen Fleck waren immer noch alle Wände und Decken über und über verrußt.
    In jenem Teil des Hauses musste es also tatsächlich einmal gebrannt haben. Aber wer konnte schon sagen, wielange das her war. Und mit Sicherheit ließ sich heute nicht mehr feststellen, wie der Brand ausgebrochen war.
    »Bist du eigentlich schon mal im Atelier gewesen?«, fragte Tommaso.
    Anita schüttelte den Kopf. »Mama sagt, es sei zu gefährlich. Da gibt es Balken, die einstürzen könnten. Der Dachstuhl muss erst in Ordnung gebracht werden.«
    Sie schwiegen eine Weile. Schließlich holte Tommaso einen Keks aus der Dose.
    »Richtig.

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