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Ulysses Moore – Die Stadt im Eis

Ulysses Moore – Die Stadt im Eis

Titel: Ulysses Moore – Die Stadt im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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dem Höhepunkt der Überschwemmung unter Wasser gestanden, war aber nicht eingedrückt worden. Dafür war sie jetzt mit Schlamm verschmiert, an dem etliche zerrissene Buchseiten klebten. Die Ladentür war natürlich abgeschlossen.
    Anita schlug mit den Handflächen gegen die Glastür, bis sie eine Klingel mit dem Schild »Für Notfälle« entdeckte. Sie drückte auf den Knopf und klingelte lange.
    »Doktor Bowen! Doktor Bowen!«, rief sie dabei laut. »Doktor Bowen, bitte!«
    Der Lärm lockte den Doktor an die Tür. Anita bemerkte, wie der dunkle Vorhang dahinter zur Seite geschoben wurde. Bowen sah sie und machte ein enttäuschtes Gesicht. Sie blickte ihn flehend an und zeigte auf eine Stelle hinter dem Haus, die er von seiner Position aus nicht sehen konnte.
    »Machen Sie bitte auf! Es ist ein Notfall!«
    Bowen bedeutete ihr ein paar Male, dass er nicht öffnen konnte, weil sich der Holzrahmen der Tür infolge der Flut verzogen hatte. Doch Anita gab nicht nach. Resigniert schloss Bowen auf und zog mit aller Kraft an der Tür, bis diese schließlich unter lautem Knarzen aufging.
    »Was soll das, Mädchen? Was um alles in der Welt willst du denn?«, herrschte er sie an. Seltsamerweise bekam er dabei einen hochroten Kopf, so als sei er bei irgendetwas ertappt worden.
    Anita stellte einen Fuß in die Tür und bekam Bowen am Ärmel seines Regenmantels zu fassen. »Bitte, Doktor, kommen Sie schnell!«, rief sie aufgeregt. »Mein Vater ist ins Meer gefallen! Mein Vater ist ins Meer gefallen!«
    Er riss sich los. »Ja, und?«, erwiderte er unfreundlich. »Ich kann schließlich nicht jeden retten kommen, der ins Meer gefallen ist. Bring ihn in die Klinik. Das Haus da drüben, siehst du es? Sobald ich alle Medikamente beisammenhabe, die ich brauche, komme ich auch dorthin. Und wenn du jetzt freundlicherweise erlaubst …« Bowen stieß schnell ihren Fuß weg und schloss die Tür, indem er sich mit seinem ganzen Gewicht dagegenwarf. Dann drehte er das Schild mit den goldenen Buchstaben um, das im oberen Teil der Tür hing, sodass man nun von der Straßenseite aus lesen konnte:
    WIR HABEN LEIDER GESCHLOSSEN. WENDEN SIE SICH
IN DRINGENDEN FÄLLEN BITTE AN PATER PHOENIX IN
DER KIRCHE ST. JACOB’S (GEGENÜBER).
    Anita starrte noch ein paar Minuten lang auf das Schild, bevor sie sich umdrehte und wegging. »Jetzt gehört er dir, Jason«, murmelte sie leise.

Kapitel 11
Der Spion in der Besenkammer
    Darauf bedacht, nicht das leiseste Geräusch zu machen, hielt Jason in der Besenkammer der Apotheke die Luft an.
    Genau in dem Augenblick, in dem Dr. Bowen damit beschäftigt gewesen war, die vordere Tür der Apotheke aufzureißen, hatte er sich durch die Hintertür hineingeschlichen. Dann war er in den Abstellraum geschlüpft, der nur durch einen blau und beige gestreiften Vorhang vom Hinterzimmer des Ladens abgetrennt war. Wie durch ein Wunder war es Jason gelungen, keinen der zahlreichen Besen, Wischmopps und Eimer umzustoßen, die sich in seinem Versteck befanden. Er hörte, wie der Arzt das Schild am Eingang umgedreht und Anita leise ein paar Schimpfwörter hinterhergeschickt hatte. Dann hatte Jason gewartet, bis ihm das Rumpeln eines über den Fußboden gezogenen Hockers verriet, dass sich Bowen wieder an die Arbeit gemacht hatte.
    Jason schluckte, bevor er den Vorhang zur Seite nahm, um ihn dabei zu beobachten.
    Bowen hatte in seiner Apotheke die alte Einrichtung beibehalten: das Nussholzparkett, einen riesigen Holz schrank mit Schubladen für die verschiedenen Medika mente und dunkle Regale, deren Bretter sich im Laufe der Jahre unter dem Gewicht der zahlreichen blau-wei ßen Porzellandosen mit den Heilkräutern durchgebogen hatten. Ein großer Spiegel mit Goldrahmen an der Decke reflektierte die Ladentheke und das Licht des alten Kron leuchters.
    Der Arzt hatte die schlammverkrusteten Schuhe aus gezogen und war auf eine Haushaltsleiter geklettert, um aus dem obersten Regalfach drei Dosen herunterzuho len. Schnaufend stieg er wieder herunter und reihte die Dosen auf der Ladentheke auf.
    Jason zog schnell den Kopf ein und ließ den Vorhang los.
    »Mal sehen«, brummelte Bowen leise, während er die Deckel der Dosen abnahm. »Wo habe ich dich denn hin gesteckt?«
    Die Kräuter und Tütchen raschelten, als er ungeduldig in den Dosen herumwühlte. Schließlich zog er aus einer ein knisterndes Päckchen hervor.
    »Da ist es ja«, sagte er. »Das wär’s dann also. Perfekt! Noch ein bisschen davon …«
    Jason hörte das Klirren von

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