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Ulysses

Ulysses

Titel: Ulysses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Joyce
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jetzt vielleicht in ihrer eigenen Kutsche fahren, und keine andere käme ihr gleich.
    Immer und immer wieder hatte sie sich das gesagt, wenn sie in düsterem Sinnen ohne Lampenlicht vor den verglimmenden Kohlen saß, denn sie haßte zweierlei Licht, oder oftmals träumerisch aus dem Fenster blickte, stundenlang, wo der Regen auf den rostigen Eimer fiel, und nachdachte. Doch jener garstige Absud, der schon so viele Herde und Heime zerstört hat, er hatte seinen Schatten auch über die Tage ihrer Kindheit geworfen. Ja, sie war im häuslichen Kreise Zeugin von Gewalttätigkeiten gewesen, deren Ursache die Unmäßigkeit war, und hatte mitansehen müssen, wie ihr eigener Vater, eine Beute der Dünste des Rausches, sich vollständig vergaß, und wenn von all den Dingen, die Gerty kannte, eines absolut feststand, dann war es daß der Mann, der seine Hand hebt wider eine Frau, es sei in Freundlichkeit und Milde denn, also daß der verdient, als das Allergemeinste vom Gemeinen gebrandmarkt zu werden.
    Und immer noch sangen die Stimmen ihr Flehen empor zur hochmächtigen Jungfrau, zur hochbarmherzigen Jungfrau. Und Gerty, in Gedanken versunken, sah und hörte kaum mehr etwas von ihren Gefährtinnen oder den Zwillingen bei ihren knabenhaften Possen oder dem Herrn, der dort hinten von Sandymount Green gekommen war und den Cissy Caffrey einen Mann nannte, der auch ganz so aussähe, wie er wäre, und der hier am Strand jetzt einen kurzen Spaziergang machte.
    Man hatte ihn zwar noch niemals betrunken gesehen, aber trotzdem hätte sie ihn nicht zum Vater haben wollen, denn er war zu alt oder irgendwas oder wegen seinem Gesicht (das war ein handgreiflicher Fall von Doktor Fell) oder seiner Karbunkelnase mit den Pusteln darauf oder wegen seinem sandfarbenen unter der Nase ein bißchen weißen Schnurrbart. Armer Vater! Bei all seinen Fehlern liebte sie ihn doch immer noch, wenn er Sag mir, Marie, wie kann ich dich gewinnen oder Mein Schatz, der wohnt in La Rochelle sang und sie gedämpfte Herzmuscheln und Lattich zum Abendbrot hatten mit Lazenbys Salatsauce und wenn er mit Mr. Dignam, der so plötzlich gestorben war und begraben, Gott erbarme sich seiner, am Schlaganfall, Der Mond ist aufgegangen sang. Am Geburtstag ihrer Mutter war das gewesen und Charley war zu Hause in den Ferien und Tom und Mr. Dignam und Mrs. und Patsy und Freddy Dignam und sie wollten eine Gruppenaufnahme machen. Kein Mensch hätte gedacht, daß das Ende so nahe war. Nun war er schon zur Ruhe gebettet. Und ihre Mutter hatte noch zu ihm gesagt er soll sich das zur Warnung dienen lassen für sein ganzes Leben und er konnte nicht einmal mit zur Beerdigung gehen wegen seiner Gicht und sie mußte in die Stadt laufen und ihm aus seinem Büro die Briefe und Muster von Catesbys Korklinoleum holen, erstklassige künstlerische Dessins, wie für einen Palast gemacht, absolut schrittfest, ein Schmuck für jedes gemütliche Heim.
    Eine bewährte gute Tochter war Gerty, fast wie eine zweite Mutter im Haus, ein Schutzengel geradezu, mit einem kleinen Herzen, das sein Gewicht in Gold wert war. Und wenn ihre Mutter jene wahnsinnigen rasenden Kopfschmerzen hatte, wer anders war es als Gerty dann, der ihr die Stirn mit dem Mentholstift einrieb, obschon sie es gar nicht leiden mochte, daß ihre Mutter dauernd eine Prise Schnupftabak nahm, aber das war das einzige, weswegen sie sich manchmal stritten, dieser Schnupftabak. Alle hielten große Stücke auf sie, wegen ihrer sanften Art. Es war Gerty, die jede Nacht das Gas abdrehte am Haupthahn, und es war Gerty, die an der Wand jenes Örtchens, wo sie niemals alle vierzehn Tage den Chlorkalk vergaß, Mr. Tunneys, des Krämers, Weihnachtskalender aufhängte, das Bild der halkyonischen Tage, auf dem ein junger Herr in der Tracht, die man damals trug, mit einem Dreispitz, seiner Geliebten mit altmodischer Ritterlichkeit einen Blumenstrauß durch ihr Gitterfenster reichte. Man konnte sehen, dahinter steckte eine ganze Geschichte. Die Farben waren einfach wundervoll ausgeführt. Sie trug, in einstudierter Haltung, enganliegendes Weiß, und der Herr war in Schokoladenbraun, und er sah durch und durch aristokratisch aus. Sie blickte gar oftmals träumerisch zu ihnen auf, wenn sie zu gewissem Zweck dort weilte, und befühlte ihre eigenen Arme, die weiß waren und weich wie die ihren mit den zurückgeschobenen Ärmeln, und dachte über jene Zeiten nach, denn sie hatte in Walkers Aussprache-Lexikon, das Großpapa Giltrap gehörte, über die

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