Ulysses
Stück ab und knabbert daran, gibt auch Kitty Ricketts ein Stück und wendet sich dann kätzchenhaft Lynch zu) Du hast doch nichts gegen französische Rautenriegel? (Er nickt. Sie hänselt ihn.) Ja, willst dus nun jetzt oder warten, bis dus kriegst? (Er öffnet den Mund, den Kopf gereckt. Sie läßt den Preis linksum im Kreise wirbeln. Sein Kopf folgt. Dann läßt sies rechtsum kreisen. Er beäugt sie.) Fangs! (Sie wirft ihm ein Stück zu. Mit geschicktem Schnapp fängt er es auf und beißt es krachend durch.)
KITTY (kauend): Der Ingenieur, mit dem ich auf dem Basar war, der hat welche, phantastisch!
Mit lauter bestem Likör gefüllt. Und der Vizekönig war auch da, mit seiner Frau. Mensch, haben wir uns amüsiert auf dem Reitkarussell von Toft! Mir ist noch immer ganz schwindelig davon.
BLOOM (in Svengalis Pelzmantel, mit verschränkten Armen und napoleonischer Stirnlocke, schaut in bauchrednerischem Exorzismus mit durchdringendem Adlerblick finster zur Tür.
Dann macht er, starr, den linken Fuß vorgestellt, mit zwingendem Finger eine rasche Streichbewegung und das Zeichen des Logenmeisters, indem er mit dem rechten Arm von der linken Schulter niederfährt): Geh, geh, geh, ich beschwöre dich, wer immer du auch seist.
(Man hört ein männliches Husten und Schritte, die draußen durch den Nebel gehen. Blooms Züge entspannen sich. Er steckt, in ruhiger Pose, eine Hand in die Westentasche. Zoe bietet ihm Schokolade an.)
BLOOM (feierlich): Danke.
ZOE Tu, was dir gesagt wird. Hier.
(Ein zackiges Hackenschlagen ist auf der Treppe zu hören.)
BLOOM (nimmt die Schokolade): Ein Aphrodisiakum? Aber ich hab sie gekauft. Vanille beruhigt, oder? Mnemo. Trübes Licht trübt das Gedächtnis. Rot wirkt auf Lupus. Farben beeinflussen den Charakter der Frauen, wenn sie einen haben. Dies Schwarz macht mich traurig. Essen und fröhlich sein, denn morgen. (Er ißt) Wirken auch auf den Geschmack, Malvenfarbe.
Aber es ist so lange her, daß ich. Scheint mir neu. Aphro. Dieser Priester. Mußte ja kommen. Lieber spät als nie. Trüffeln bei Andrews probieren.
(Die Tür geht auf. Bella Cohen, eine massige Puffmutter, tritt ein. Sie ist in ein elfenbeinfarbenes Dreiviertel-Kleid gehüllt, das einen Fransensaum von bequastetem Salband hat, und fächelt sich Kühlung zu, indem sie mit einem schwarzen Hornfächer wedelt wie Minnie Hauck in der Carmen .
An ihrer linken Hand steckt ein Ehe- und ein Schutzring. Ihre Augen sind tief geschwärzt. Sie hat einen sprießenden Schnurrbart. Ihr olivdunkles Gesicht ist dicklich, leicht verschwitzt und vollnasig, die Nüsterngegend orangen getönt. Sie trägt große hängende Beryll-Ohrringe.)
BELLA Mein Wort drauf! Ich bin quatschnaß geschwitzt.
(Sie blickt sich um, mustert die Paare. Dann ruhen ihre Augen mit zäher Hartnäckigkeit auf Bloom. Ihr großer Fächer wedelt Wind in ihr erhitztes Gesicht, auf Nacken und Embonpoint. Ihre Falkenaugen funkeln.)
DER FÄCHER (geschwind wedelnd, dann langsam): Verheiratet, wie ich sehe.
BLOOM Ja… das heißt, zum Teil nur, ich habe… verlegt…
DER FÄCHER (sich halb öffnend, sich dann schließend): Und Madame ist der Herr im Hause, was?
Unterrockregiment.
BLOOM (senkt den Blick mit schäfischem Grinsen): Das kann schon stimmen.
DER FÄCHER (faltet sich zusammen, ruht an einem Ohrgehänge): Hast du mich vergessen?
BLOOM Na. Jein.
DER FÄCHER (zusammengefaltet in ihre Seite gestemmt): Bin ich sie war du träumt zuvor? War dann sie er du uns bekannt? Bin alle sie dieselb nun wir?
(Bella tritt näher, schlägt leicht mit dem Fächer)
BLOOM (zurückfahrend): Mächtiges Wesen! Lies in meinen Augen jenen Schlummer, den die Frauen so lieben.
DER FÄCHER (mit einem leichten Schlag): Wir sind uns begegnet. Du bist mein. Das ist Schicksal.
BLOOM (eingeschüchtert): Üppiges Weib! Gewaltig erwünsche ich deine Beherrschung. Ich bin erschöpft, verlassen, nicht mehr jung. Ich stehe sozusagen mit einem nicht aufgegebenen Briefe, der mit Sonderzuschlag frankiert ist, vor dem Briefkasten für verspätete Post am Hauptpostamt des menschlichen Lebens. Die rechtwinklig offenstehende Tür wie auch das ebensolche Fenster verursacht einen Luftzug von zweiunddreißig Fuß pro Sekunde nach dem Gesetz des freien Falls. Ich habe soeben einen zuckenden Ischias-Schmerz in meinem linken Glutäus empfunden. Das liegt bei uns in der Familie. Der arme liebe Papa, ein Witwer, war in dieser Hinsicht ein regelrechtes Barometer. Er glaubte an die
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