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Um die Ecke gekusst

Titel: Um die Ecke gekusst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cabot Meg
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anbrüllte.
    Also habe ich mir das Fernglas geholt (keine Sorge, ich habe vorher das Licht ausgemacht) und gesehen, dass er einen der Kater seiner Tante anbrüllt. Tweedledum, um genau zu sein.
    Das fand ich ziemlich merkwürdig, also habe ich das Fernglas weggelegt, bin raus auf den Korridor gegangen und habe gegen die Tür gehämmert. Ich hatte mir sogar eine Ausrede parat gelegt: Ich könnte ihn selbst durch die Wand schreien hören, was nicht stimmte, aber das konnte er ja nicht wissen.
    Jedenfalls kam er völlig verschwitzt und aufgelöst an die Tür. Was Vivica an diesem Kerl findet, ist mir ein echtes Rätsel. Er und John könnten nicht verschiedener sein. Er trägt ein Goldkettchen um den Hals. Nicht dass ich etwas gegen Männer hätte, die Schmuck tragen, aber, entschuldige mal, dieser Kerl trägt sein Hemd praktisch bis zum Bauchnabel offen, damit man auch ja alles sieht. Das Kettchen, meine ich.
    Außerdem trägt er diesen »Ich-hab-mich-seit-Tagen-nicht-mehr-rasiert«-Look. John hat das auch gemacht, aber bei ihm wusste ich, dass er sich in Wahrheit eben doch rasiert hat, während ich bei Max Zweifel habe, ob sein Gesicht in den letzten Wochen überhaupt mit einem Rasierer – oder einem Stück Seife – in Berührung gekommen ist.
    Jedenfalls war er echt pampig, wie immer, und wollte wissen, was ich will. Und als ich ihm erklärt habe, dass mich sein hysterisches Geschrei erschreckt hätte, fing er an zu fluchen und wetterte herum, Tweedledum treibe ihn noch zum Wahnsinn, weil er konsequent neben das Katzenklo pinkeln würde.
    Was ich natürlich sehr merkwürdig fand, weil Tweedledum, soweit ich weiß, noch nie neben das Katzenklo gemacht hat. Dann meinte Max, Tweedledum laufe durch die Wohnung und trinke aus jedem Gefäß, das er finden könne, einschließlich aus Max’ Wasserglas neben dem Bett (stell dir mal vor, ein Mistsack wie der hat auch noch ein Glas Wasser neben dem Bett stehen) und der Toilette.
    Da wusste ich, dass etwas nicht stimmt. Wenn bei uns zu Hause in Lansing ein Tier aus heiterem Himmel so viel trinkt und ständig überall hinpinkelt, bedeutet das höchstwahrscheinlich, dass es Diabetes hat. Ich habe also zu Max gesagt, er müsse auf der Stelle mit dem Kater zum Tierarzt.
    Und weißt du, was er darauf gesagt hat?
    Â»Vergiss es, Schwester. Ich hab schließlich Termine.«
    Im Ernst. Genau das hat er gesagt.
    Also habe ich gesagt »Gut, dann gehe ich mit ihm hin«, habe ihn in die Transportbox gepackt und mich auf den Weg gemacht. Oh, Nadine, du hättest Pacos Gesicht sehen sollen! Wie der traurigste alte Hund aller Zeiten. Auch er vermisst John, das merkt man ganz deutlich. Selbst Mr. Peepers kam raus auf den Flur und wollte mir nachgehen, um nicht länger in Max Friedlanders liebloser Nähe sein zu müssen.
    Also bin ich mit Tweedledum in die Tierklinik gefahren. Zweihundert Dollar später (die ich aus eigener Tasche bezahlt habe, versteht sich, und auch nie wiedersehen werde. Herzlichen Dank) hatte sich also herausgestellt, dass der Kater tatsächlich an Diabetes leidet, zweimal am Tag Insulin gespritzt bekommen und einmal pro Woche zur Nachuntersuchung vorbeigebracht werden muss, bis sich der Diabetes reguliert hat.
    Glaubst du ernsthaft, ich kann MAX so eine Art von Verantwortung zutrauen? Natürlich nicht. Er wird diesen armen Kater umbringen. Im Moment ist Tweedledum bei mir, aber natürlich ist er nicht mein Kater. Ich weiß, dass Mrs. Friedlander sich die bestmögliche Behandlung für ihn wünschen würde, aber die bekommt er nicht, wenn er bei Max ist.
    Und jetzt weiß ich nicht, was ich machen soll. Soll ich ihm einfach erzählen, der Kater sei gestorben, und ihn heimlich hier bei mir lassen? Ich wünschte, ich könnte alle hierher in meine Wohnung schmuggeln. Tiere, meine ich − Max kümmert sich einen Dreck um sie. John mag ja ein elender Lügner gewesen sein, aber Mrs. Friedlanders Tiere lagen ihm sehr am Herzen, wohingegen sie Max vollkommen gleichgültig sind. Das sieht man auf den ersten Blick.
    Ich würde alles darum geben, wenn es wieder so wäre wie damals, bevor ich wusste, dass John in Wahrheit nicht Max Friedlander ist. Er war ein so viel besserer Max als der echte Max.
    Mel
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    Von: Nadine Wilcock < [email protected] >
    An: Mel Fuller < [email protected]

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