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Um die Ecke gekusst

Titel: Um die Ecke gekusst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cabot Meg
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aalglatten Schönling eingestellt.
    Aber welcher aalglatte Schönling läuft in einem Grateful-Dead-T-Shirt herum? Und er trug Jeans. Und Segelschuhe ohne Socken.
    Ich hatte zumindest Gucci-Slipper erwartet.
    Und er war so bescheiden – zumindest dafür, dass er ein Nacktfoto von sich zur Biennale eingereicht hat. Wahrscheinlich übertreibt Dolly mal wieder, und er war gar nicht ganz nackt. Vielleicht hatte er ja einen dieser hautfarbenen Ganzkörperbodys an, du weißt schon, wie sie sie in den Filmen immer tragen.
    Und er wollte um keinen Preis über die Äthiopiengeschichte sprechen. Als ich seine Arbeit für Save the Children erwähnte, wurde er auf einmal ganz verlegen und versuchte, das Thema zu wechseln.
    Ich sage dir, Nadine, er ist nicht mal ansatzweise so, wie Dolly ihn beschrieben hat.
    Sogar Mrs. Friedlander ist ihm nicht gerecht geworden in ihren Erzählungen. Bei ihr hörte es sich immer an, als wäre er ein bisschen verantwortungslos, aber auf mich wirkte er überhaupt nicht so, Nadine. Er fragte mich regelrecht aus – in Bezug auf den Raubüberfall und so. Obwohl ich ja wie gesagt stark bezweifle, dass es sich wirklich um einen Überfall handelt – schließlich war die Tür nicht einmal verschlossen.
    Jedenfalls war es sehr rührend zu sehen, wie er sich um seine Tante sorgt. Er wollte wissen, wo genau ich sie gefunden habe, wie sie genau dalag, na ja und ob etwas fehlte. Irgendwie kam es mir fast so vor, als hätte er Erfahrung im Umgang mit Gewaltverbrechen. Ich weiß auch nicht. Vielleicht waren beim Victoria’s-Secret-Shooting ja wüste Streitereien an der Tagesordnung.
    Ein bisschen seltsam fand ich allerdings, dass er erstaunt darüber zu sein schien, wie groß Paco ist – immerhin war er vor ein paar Monaten zum letzten Mal zum Abendessen bei Mrs. Friedlander. Außerdem ist Paco mittlerweile fünf Jahre alt und damit ausgewachsen.
    Als ich erwähnte, dass Paco mir letzte Woche beinahe die Schulter ausgekugelt hätte, sagte Max, dass es ihm schleierhaft sei, wie eine so zarte alte Dame mit einem so großen Hund spazieren gehen könne. Ist das nicht merkwürdig? Ich würde sagen, ihr Neffe ist der einzige Mensch, der sie als zerbrechlich bezeichnen würde. Für meinen Geschmack ist sie ziemlich tough. Immerhin ist sie letztes Jahr ganz allein durch den Yosemite Nationalpark gewandert!
    Trotzdem bin ich sehr froh, dass du mich dazu gebracht hast, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Er meinte nämlich, dass er es nicht richtig fände, wenn ich weiter mit Paco Gassi ginge – immerhin hätte ich ja eine verletzte Schulter und so. Deshalb würde er bei seiner Tante einziehen, um sich besser um die Tiere kümmern und die Dinge im Auge behalten zu können.
    Kannst du dir das vorstellen? Da lerne ich allen Ernstes einen Mann mit Verantwortungsbewusstsein kennen! Ich bin immer noch fassungslos.
    Jetzt muss ich Schluss machen. Da steht jemand vor der Tür. O Gott – die Polizei.
    Bis später!
    Mel
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    Von: Mel Fuller
    An: Nadine Wilcock < [email protected] >
    Betreff: Wie er so ist?
    So, die Polizisten sind wieder weg. Ich habe ihnen die ganze Geschichte erklärt − du weißt schon, wegen meiner Mutter und ihrer fixen Idee mit dem Transvestitenmörder. Zum Glück sind sie nicht einmal richtig sauer geworden.
    Aber soll ich dir noch etwas erzählen? Über Max Friedlander, meine ich. Wenn du es noch erträgst …
    Von meinem Schreibtischstuhl aus kann ich in seine Wohnung sehen – also, in Mrs. Friedlanders Wohnung. Und zwar genau ins Gästezimmer. Eigentlich hat Mrs. Friedlander die Rollos immer unten, aber Max hat sie gleich als Erstes hochgezogen (wahrscheinlich um die Großstadtlichter sehen zu können – hier im fünfzehnten Stock ist die Aussicht ja recht nett). Jetzt sehe ich ihn auf dem Bett liegen und etwas in seinen Laptop tippen. Tweedledum liegt rechts neben ihm, und Paco zu seiner Linken (von Mr. Peepers ist weit und breit nichts zu sehen, aber er ist eben ein bisschen schüchtern).
    Ich weiß ja, dass man so etwas eigentlich nicht tun darf, aber, Nadine, sie sehen so glücklich und zufrieden aus.
    Dass Max auch noch ausgesprochen schöne Unterarme hat, ist ebenfalls nicht zu verachten…
    O Gott, ich sollte besser ins Bett gehen, sonst werde ich noch

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