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Um die Wurst (German Edition)

Um die Wurst (German Edition)

Titel: Um die Wurst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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zu kommen. Da er schon mal das Telefon in der Hand hielt, konnte er auch gleich Stark anrufen. Vielleicht hatte sich beim Schlachthof etwas ergeben. Er hielt inne. Ihre Nummer? Er hatte sie noch nicht eingespeichert. Sie war erst seit drei Wochen seine neue Kollegin, und bislang hatte sie sich nur auf dem Revier eingearbeitet. Das war ihr erster Fall.
    Belledin wollte nicht unfreundlich sein, aber es war ungewohnt für ihn, mit einer Frau zu kooperieren. Sekretärin, das war etwas anderes. Oder Spitznagel. Die konnte was. Aber sie arbeitete ihm auch zu, setzte ihn nicht unter Druck, den Fall selbst lösen zu wollen. Aber Kollegin im Einsatz, das fühlte sich sehr holprig an. Und es konnte mehr daraus werden, als man wollte. Er erinnerte sich an Anna Kälble, die schwäbische Kollegin, in die er sich verliebt hatte, als er in Stuttgart bei einem Mordfall ausgeholfen hatte. Er hatte Biggi mit ihr betrogen. Einmal nur. Einmal war keinmal. Und trotzdem zitterte er seither immer, wenn ein Anruf aus Stuttgart kam. Aber Kälble hatte sich nie mehr bei ihm gemeldet. Besser so. Sie war gar nicht sein Typ gewesen. Stark war auch nicht sein Typ.
    Sie war herb, aber nicht unweiblich. Das wollte er ihr nicht absprechen. Sie war nur nicht sein Typ, das war alles. Und das war gut so. Er wollte sich in kein Verhältnis mit einer Kollegin verstricken, sondern mit ihr Fälle lösen. Ob das ging, würde sich zeigen. Er würde ihr eine Chance geben. Und er würde sich ihre Telefonnummer ins Handy speichern. Das wäre immerhin ein Anfang.
    Er wählte das Polizeisekretariat an. Aschenbrenner meldete sich. Sie hatte Rundungen, bei Gott. Aber sie stand kurz vor der Pensionierung und war für Belledin nie eine Gefahr gewesen. Zu älteren Frauen hatte er sich nie hingezogen gefühlt, außer in seiner Schulzeit.
    »Hier Belledin. Ich bräuchte die Nummer von Stark.«
    Er nahm einen Stift aus dem Haufen Büromaterial, der vor ihm auf dem Boden lag, und notierte die Zahlen auf einer Karteikarte, die er ebenfalls aus der Unordnung gegriffen hatte.
    »Danke. Ich komm heut nicht mehr aufs Revier. Ich muss noch ins MSG . Bis morgen.«
    Er drückte Aschenbrenner weg und speicherte Starks Nummer. Dann wählte er sie an.
    *
    Stark sah auf die Stufen des Mietshauses. Falscher Marmor. Schwarz mit weißen Adern. Saier wohnte im dritten Stock. In dem Moment, in dem sie die Haustür aufdrückte, klingelte ihr Handy. Auf dem Display erkannte sie, dass es Belledin war. Sie ging dran.
    »Ja? – Ich bin in Freiburg-Lehen. Hirschengarten 7. Ich befrage einen Bolzenschießer, der sich heute Morgen krankgemeldet hat. – Oh, das klingt nicht gut. Haben Sie einen Arzt gerufen? – Nein, sorry, ich wollte Sie nicht bemuttern. – Ja, ich komme dann.«
    Belledin hatte aufgelegt. Komischer Kauz. Sie nahm die letzten Stufen bis zu Saiers Wohnungstür und läutete zweimal kurz hintereinander. Die Klingel sirrte nervig. Stark setzte noch zweimal stakkato hinterher. Hinter der Tür schlurften Schritte. Jemand würde sie jetzt durch den Sucher angucken und sehen, dass sie keine Zeitschriften verkaufte. Sie klingelte noch mal. Die Tür wurde geöffnet.
    Eine Frau im Bademantel, dessen Frottee an den Ellbogen durchgescheuert war, sah sie abschätzend an. Im Mundwinkel hing eine Zigarette, ihre Tränensäcke waren gefüllt wie Wolken vor dem Sommergewitter. Das Haar lieblos schwarz gefärbt. Zuvor musste sie es mit Rot versucht haben, an einigen Stellen brach es durch. Ihr Schopf erinnerte dadurch an ein geflecktes Meerschweinchen.
    »Ich möchte gerne zu Heiner Saier. Er wohnt doch hier?«, fragte Stark.
    »Kommt drauf an.«
    »Worauf?«
    »Was du willst.«
    »Und was sollte ich wollen?«
    »Musst du wissen.«
    »Mit ihm reden.«
    Die Frau lachte. »Mit ihm kann man nicht reden.«
    Stark verstand nicht.
    »Jedenfalls nichts, was einen Sinn gibt. Der spinnt.«
    »Seit gestern?«
    »Schon immer. Schönen Tag.« Die Frau wollte die Tür schließen, Stark stellte ihren Fuß dazwischen.
    »Was soll das? Willst du uns ausrauben? Hier findest du nichts.«
    Es war Zeit, den Ausweis zu zücken. Stark tat es mit routiniertem Griff. Die Frau stierte auf das Foto.
    »Darauf siehst du aber auch noch frischer aus. Bleiben wir trotzdem beim Du? Könntest schließlich meine Tochter sein.« Sie lachte und zeigte Zahnlücken, wo sonst Eckzähne saßen. »Jedenfalls vom Alter.« Sie machte den Weg frei. »Geradeaus. Im Wohnzimmer. Wenn du mit ihm reden willst, musst du vorher ins Bad. Das ist

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