Um Haaresbreite
Schlagzeilen zu verschaffen.«
»Ich bin Ihnen für die Warnung dankbar«, sagte Klein. »Ich werde meine Leute anhalten, alle Schränke zu durchsuchen.«
Mercier erhob sich und reichte ihm die Hand. »Nichts ist einfach.«
»Nein«, sagte Klein lächelnd. »Einfach ist es nie.«
Als Mercier gegangen war, trat Klein zum Kamin, blickte lässig auf das neue Holzscheit im rußigen Feuergitter, beugte den Kopf, vergrub die Hände in den Seitentaschen seiner Jacke und versank in Nachdenken.
»Unglaublich«, murmelte er den vier Wänden zu, »daß jemand es fertigbringt, sechshundertachtzig Millionen Dollar einfach aus den Augen zu verlieren.«
5
Charles Sarveux stand im Generatorenraum des hydroelektrischen Kraftwerks von James Bay und blickte über die hundertzwanzig Meter unter der Erde aus dem Granit gemeißelte Fläche von achtundvierzigtausend Quadratmetern.
Drei Reihen riesiger Generatoren, fünf Stockwerke hoch und von Wasserturbinen angetrieben, summten mit Millionen Kilowatt von Elektrizität. Sarveux war sehr beeindruckt und tat es den erfreuten Direktoren der
Quebec Hydro Power
kund.
Es war sein erster Besuch in diesem Kraftwerk seit seiner Wahl zum Premierminister von Kanada, und er stellte all die Fragen, die man von ihm erwartete.
»Wieviel elektrische Energie produziert jeder dieser Generatoren?«
Der Generaldirektor Percival Stuckey trat hervor.
»Fünfhunderttausend Kilowatt, Herr Premierminister.«
Sarveux nickte und gab seinem Gesicht einen leicht anerkennenden Ausdruck. Das gehörte zu jenen Verhaltensweisen, die er sich im Laufe seiner Wahlkampagne angeeignet hatte.
Sarveux galt sowohl bei Männern wie bei Frauen als ein äußerst gutaussehender Mann, und er hätte in einem Schönheitswettbewerb mit John F. Kennedy oder Anthony Eden wahrscheinlich den ersten Platz erobert. Seine hellblauen Augen besaßen große Anziehungskraft, und sein scharfgeschnittenes Gesicht wirkte besonders energisch unter der dichten und locker gekämmten Haarmähne, die ihm ein lässig elegantes Aussehen verlieh.
Seine schlanke, mittelgroße Figur war geradezu der Traum eines Schneiders, aber er zog es vor, sich seine Anzüge von der Stange in einem Warenhaus zu kaufen. Das gehörte zu jenen charakteristischen Eigenschaften, die es den kanadischen Wählern ermöglichten, sich mit ihm zu identifizieren.
Als Kompromißkandidat zwischen den Liberalen, der Partei für ein Unabhängiges Kanada und der französischsprechenden Partei der Québéquois hatte er in den ersten drei Jahren seiner Amtszeit einen ständigen politischen Balanceakt ausgeführt und alles getan, um seinem Land die Einheit zu bewahren. Sarveux betrachtete sich als kanadischer Lincoln, der für Einigkeit und gegen den Zerfall seines Hauses kämpft. Seine Drohung mit Waffengewalt hatte bisher die radikalen Separatisten in Schach gehalten. Aber sein Werben für eine starke Zentralregierung stieß fast überall auf taube Ohren.
»Möchten Sie sich vielleicht die Kontrollzentrale anschauen?«
schlug Direktor Stuckey vor.
Sarveux wandte sich an seinen Sekretär. »Wie steht es mit unserer Zeit?«
Ian Jeffrey, ein Mann von Ende Zwanzig mit einem ernsthaften Gesicht, blickte auf seine Uhr.
»Knapp, Herr Premierminister. Wir sollten in dreißig Minuten auf dem Flugplatz sein.«
»Ach, wir können uns ruhig noch ein bißchen Zeit nehmen«, sagte Sarveux lächelnd. »Es wäre doch schade, etwas Interessantes zu verpassen.«
Stuckey nickte und zeigte auf eine Fahrstuhltür. Zehn Stockwerke über dem Generatorenraum stiegen Sarveux und seine Begleiter vor einer Tür aus, auf der zu lesen stand: NUR FÜR PERSONAL MIT SICHERHEITSAUSWEIS.
Stuckey nahm eine Plastikkarte, die ihm an einer Schnur um den Hals hing, und steckte sie in einen Schlitz unterhalb der Türklinke.
Dann drehte er sich um und sagte: »Es tut mir leid, meine Herren, aber in Anbetracht der Enge des Kontrollzentrums dürfen nur der Herr Premierminister und ich diesen Raum betreten.«
Sarveux’ Sicherheitsbeamte wollten protestieren, aber er winkte ihnen ab und folgte Stuckey durch die Tür und einen langen, schmalen Korridor entlang, wo die Kartenprozedur noch einmal wiederholt werden mußte.
Die Kontrollzentrale des Kraftwerks war wirklich sehr klein und dazu noch von spartanischer Nüchternheit. Vier Ingenieure saßen vor einer mit unzähligen Schaltern und Lichtknöpfen übersäten Konsole, gegenüber einer Wand, in die Zähluhren und Meßgeräte eingebaut waren.
Außer einer
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