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Um Haaresbreite

Um Haaresbreite

Titel: Um Haaresbreite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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einem Gespenst begegnet sind.«
    »Nein«, erwiderte Pitt. »Keinem Gespenst. Aber dafür einem schlauen Schwindel, der den Geisterzug ganz perfekt vortäuscht.«
    Magees breite Schultern sanken ein, und er schüttelte den Kopf. »Ich habe schon immer gewußt, daß mir jemand eines Tages auf die Schliche kommt. Die Ortsbewohner sind prompt darauf hereingefallen. Es hat ihnen sogar gefallen. Es erfüllt sie mit Stolz, ihren eigenen Geisterzug zu haben. Sie protzen gern damit, um Touristen zu beeindrucken.«
    »Wann sind Sie darauf gekommen?« fragte Annie.
    »An dem Abend, als ich an Ihre Tür klopfte. Ich stand vorher auf der Brücke, als Sie das Gespenst einmal wieder auf die Reise schickten. Ganz kurz vor mir ist die Lampe ausgegangen und der Lärm auch.«
    »Dann haben Sie gesehen, wie es funktionierte?«
    »Nein, ich war vom Licht geblendet. Als meine Augen sich wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten, war es längst wieder weg. Hat mich damals ganz höllisch erschreckt. Mein Instinkt riet mir, den Boden abzusuchen. Aber meine Verwirrung wurde nur noch größer, als ich keine Spuren im Schnee fand. Nur bin ich von Natur aus sehr neugierig. Ich fragte mich, warum die alte Gleisunterlagerung bis auf die letzte Querschwelle aufgerissen und zerstört war, während die Telegrafenmasten immer noch standen. Eisenbahnbehörden sind äußerst knauserig.
    Sie hinterlassen nicht gerne verwendbares Material, wenn sie eine Strecke stillegen. So folgte ich den Masten, bis ich an den letzten kam. Und der steht an der Tür eines Schuppens neben Ihrem privaten Schienenstrang. Ich bemerkte auch, daß der Scheinwerfer an Ihrer Lokomotive fehlte.«
    »Das muß ich Ihnen schon lassen, Mr. Pitt«, sagte Magee. »Sie sind der erste, der die Wahrheit entdeckt hat.«
    »Wie funktioniert dieses Ding?« fragte Giordino.
    »Nach dem gleichen Prinzip wie ein Skilift«, erklärte Magee.
    »Der Scheinwerfer und eine Gruppe von vier Lautsprechern hängen an einem Draht, der an den Querbalken der Telegrafenmasten entlangläuft. Wenn das Licht mit der Klangvorrichtung an den Rand der alten Brücke gelangt, werden die Batterien durch eine Fernsteuerung ausgeschaltet, und dann macht das Ganze eine Wendung von hundertachtzig Grad und kehrt zum Schuppen zurück.«
    »Warum hörten wir in manchen Nächten nur das Geräusch und sahen kein Licht?« fragte Chase.
    »Der Lokomotivscheinwerfer ist ziemlich groß«, antwortete Magee. »Er ist zu leicht zu erkennen. Deshalb nehme ich ihn in Mondnächten ab und lasse nur das Klangsystem laufen.«
    Giordino lächelte breit. »Ich muß gestehen, daß Chase und ich bereit waren, uns zur Religion zu bekehren, als das Ding uns zum ersten Mal besuchte.«
    »Hoffentlich habe ich Ihnen keine Unannehmlichkeiten bereitet.«
    »Nicht im geringsten. Es war ein beliebtes Gesprächsthema.«
    »Ich stand mit Annie fast jeden Tag am Ufer und schaute Ihren Bergungsarbeiten zu. Es sieht mir ganz so aus, als hätten Sie Probleme. Sind schon irgendwelche Teile des
Manhattan Limited
herauf geholt worden?«
    »Nicht einmal eine Schraube«, sagte Pitt. »Wir brechen das Unternehmen ab.«
    »Das ist aber schade.« Magee sagte es ganz ehrlich. »Ich hatte gehofft, Sie würden Erfolg haben. Vielleicht soll der Zug nie gefunden werden.«
    »Auf jeden Fall nicht im Fluß.«
    »Möchte jemand noch Kaffee?« Annie reichte die Kanne herum.
    »Ich nehme gern noch eine Tasse«, sagte Pitt.
    »Sie sagten eben…«, wollte Magee wissen.
    »Besitzen Sie einen dieser kleinen Motorwagen, den die Eisenbahner für kleine Gleisreparaturen benutzen?« fragte Pitt und wechselte das Thema.«
    »Ich habe eine achtzigjährige Draisine mit Handbetrieb.«
    »Darf ich sie mir mit Ihrer Geisterzugausrüstung ausleihen?«
    »Wann brauchen sie es?«
    »Jetzt.«
    »In einer so stürmischen Nacht?«
    »Ganz besonders in einer so stürmischen Nacht.«
71
    Giordino stellte sich an den ihm zugewiesenen Platz auf dem alten Bahnsteig neben den Gleisen. Er hielt eine große Stablampe in der Hand. Die Windstärke war auf zwanzig Stundenkilometer gesunken, und der Schuppen, vor dem er sich aufhielt, schützte ihn vor dem peitschenden Regen.
    Chase war weniger glücklich. Er stand zusammengekauert auf der Draisine, eine Viertelmeile gleisaufwärts. Zum vielleicht zehnten Mal trocknete er die Batterieanschlüsse ab und prüfte die Drähte des Lokomotivscheinwerfers und der Lautsprecher, die notdürftig vorne auf der Draisine befestigt waren.
    Pitt trat an die Tür und

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