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Um Haaresbreite

Um Haaresbreite

Titel: Um Haaresbreite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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gefallen, und der weiße Rumpf der
Venturer
glitzerte orangefarben in der aufgehenden Sonne. Im Gegensatz dazu wirkte die zerkratzte und abgebröckelte blaue Farbe des alten Fischerboots, das zweihundert Meter von ihnen seine Netze auswarf, matt und dunkel. Den Fischern erschien die
Ocean Venturer,
die sich vom heller werdenden Horizont abhob, wie das Werk eines Künstlers mit leicht abwegigem Humor.
    Die Rumpflinien waren zwar ästhetisch und modern, der Bug anmutig gerundet, das Hauptdeck lief harmonisch in einer Bogenlinie zum ovalen Heck aus; nichts auch von den scharfen Kanten und Ecken, die man auf vielen Schiffen findet. Selbst die eiförmige Kommandobrücke saß auf einem gerundeten Unterbau. Aber damit endete die Schönheit. In der Mitte der
Ocean Venturer
ragte, einer übergroßen häßlichen Nase gleich, ein Mastkran empor, der einem jener Bohrtürme glich, die man auf neuen Ölfeldern errichtet.
    Dieser wenn auch nicht schöne, so doch sehr praktische Mastkran machte es möglich, Geräte und Gegenstände durch den Rumpf auf den Flußboden zu befördern oder schwere Gegenstände, wie Wrackteile, direkt in die Laderäume des Schiffs zu bringen. Die
Ocean Venturer
war die ideale Plattform für die Suche nach dem Vertrag.
    Pitt stand auf dem Achterdeck, zog sich eine portugiesische Fischermütze fest über den Kopf, als die Blattschrauben eines NUMA-Helikopters die Luft um ihn herumpeitschten. Der Pilot blieb eine Weile im Schwebeflug, um die Windströmungen zu testen. Dann senkte er den Hubschrauber langsam, bis die Kufen sich fest auf die Markierungen des Decks gesetzt hatten.
    Pitt trat gebeugt vor, öffnete die Tür. Heidi Milligan in einem leuchtend blauen Fallschirmspringeranzug glitt heraus. Pitt half ihr herunter und trug den Koffer, den der Pilot ihm gereicht hatte.
    »Bei Ihrer nächsten Taxifahrt«, schrie Pitt ihm durch das Heulen der Turbinen zu, »bringen Sie uns eine Kiste Erdnußbutter mit.«
    Der Pilot grüßte mit der Hand und schrie zurück: »Wird gemacht.«
    Pitt führte Heidi über das Deck, während der Hubschrauber wieder aufstieg und sich nach Süden wandte. Sie blickte ihn lächelnd an.
    »Gehört es zu den Pflichten des Planungsdirektors, den Gepäckträger zu spielen?«
    Pitt lachte. »Das ist der Dank für meine Höflichkeit.«
    Einige Minuten später, nachdem er ihr die Kabine gezeigt hatte, kam sie mit einem Stapel Papiere in den Speiseraum und setzte sich zu ihm.
    »Wie war deine Reise?«
    »Recht ergiebig«, antwortete sie. »Und wie geht es bei dir?«
    »Wir sind gestern nachmittag hier angekommen, achtzehn Stunden dem Zeitplan voraus, und jetzt liegt die
Ocean Venturer
über dem Wrack.«
    »Was hast du als nächstes vor?«
    »Ein kleines unbemanntes und ferngesteuertes Unterseeboot mit Kameras wird die ganze
Empress
aufnehmen. Dann werden die Videodaten auf unsere Bildschirme übertragen, geprüft und analysiert.«
    »In welchem Winkel liegt das Schiff?«
    »Fünfundvierzig Grad Steuerbord.«
    Heidi runzelte die Stirn. »Pech.«
    »Warum?«
    Sie begann, die Papiere über den Tisch auszubreiten. Einige waren ziemlich groß und mußten aufgefaltet werden.
    »Bevor ich diese Frage beantworte, zeige ich dir hier eine Kopie der Passagierliste der
Empress
auf ihrer letzten Fahrt.
    Zuerst glaubte ich, in eine Sackgasse geraten zu sein, als ich Harvey Shields Namen nicht unter den Passagieren der ersten Klasse finden konnte. Dann fiel nur ein, daß er vielleicht in der zweiten Klasse gereist war, um nicht aufzufallen. Die meisten Überseeschiffe verfügten über Luxuskabinen auf den Decks der zweiten Klasse für wohlhabende und geizige Exzentriker oder hohe Regierungsbeamte, die Publizität vermeiden wollen. Und dort habe ich ihn gefunden. Oberdeck D, Kabine sechsundvierzig.«
    »Gute Arbeit. Du hast die Nadel im Heuhaufen gefunden. Jetzt brauchen wir nicht mehr das ganze Schiff auseinanderzunehmen.«
    »Soweit die guten Nachrichten«, sagte Heidi. »Und jetzt die schlechten.«
    »Laß hören.«
    »Die
Storstad,
der norwegische Kohlenfrachter, der die
Empress
versenkte, stieß mittschiffs ein, direkt zwischen den Schornsteinen, und bohrte ein Loch von über viereinhalb Meter Breite und fast fünfzehn Metern Höhe. Der Bug des Frachters drang unterhalb der Wasserlinie bis in die Kesselräume ein und zerstörte dabei einen Teil der darüberliegenden Zweitklaßkabinen.«
    »Soll das heißen, daß die
Storstad
auch Shields Kabine zerstörte?«
    »Wir müssen uns darauf gefaßt machen.«

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