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Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod

Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod

Titel: Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ortwin;Höhn Ennigkeit
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Corts hätte dieses Geheimnis innerhalb kürzester Zeit gelüftet. Aber das war offensichtlich nicht gewollt …
    Wollte die Staatsanwaltschaft den Namen von Daschner hören, um ihn damit in der Öffentlichkeit und insbesondere in Polizeikreisen als Verräter zu brandmarken?
    Und was hätte es geändert, wenn der Angerufene bekanntgeworden wäre? Nichts, denn die Entscheidung war und blieb unsere.
    Auf der Website von Gäfgens neuem Anwalt habe ich gelesen, dass sie im nächsten Prozess, der ja nun gebilligt worden war, Daschner zwingen würden, den Namen zu nennen. »Somit wird nunmehr an das Tageslicht der prozessual erzeugten Wahrheit gelangen, was damals von den Behörden vertuscht worden ist und wer der Hintermann bzw. die Hintermänner der Folteranordnung waren.« Jetzt ist dieser Abschnitt auf der Website verschwunden.
    Wer ist Gäfgens neuer Anwalt? Auf seiner Homepage ist er für einen Rechtsanwalt erstaunlich mitteilsam. Der interessierte Leser erfährt dort unter anderem, wann der Jurist mit welchem Notenschnitt Abitur gemacht hat, dass er sich als Kanzleifahrzeug einen Mercedes S 500 gönnt (»Nachdem wir drei BMW 7 hintereinander hatten, ist es der erste Versuch mit dem ›guten Stern auf allen Straßen‹«) und dass er sich als Zweitfahrzeug einen Rolls-Royce Silver Shadow I leistet (»Ausweislich zahlreicher Zeitungsartikel ist die alte, zuverlässige Lady Identifikationssymbol, Markenzeichen und gleichsam Maskottchen der Kanzlei geworden. Der Rolls-Royce ist selbstverständlich als Zweitfahrzeug ständig im Einsatz«). Neben zahlreichen Pressemeldungen ziert eine lange Liste von prozessualen »Gegnern« die Seite. Wer nicht glauben will, dass der Advokat tatsächlich auf »Geschäftsreise nach China mit einem metallindustriellen Mandatsauftrag« unterwegs war, der kann ihn nicht nur mit Einstecktüchlein und asiatischen Reisebegleitern vor Industriebauten stehen sehen, sondern eingescannte Kopien seiner Bordkarten bewundern und so erfahren, dass der Herr aufstrebenden Märkten in der Business Class entgegenfliegt. Die illustre Verteidigung wurde noch ergänzt um einen, zumindest dem podcast der Verhandlung nach zu schließen, skeptisch dreinblickenden Kollegen, der im Hauptberuf beim renommiertesten deutschen Verlag für juristische Fachliteratur angestellt ist.
    Gäfgen und sein neuer Anwalt – haben sich am Ende zwei gefunden: einer, der haben wollte, und einer, der hat?
    »Ein Virus im Urteil«, schrieb Hartmut von Tzschoppe, Vorsitzender des Strafsenats beim Oberlandesgericht Koblenz, in der Süddeutschen Zeitung vom 26. Februar 2005. Der erfahrene Richter und Jurist hatte das Urteil einer sachlichen und rechtlichen Analyse unterzogen und die darin enthaltenen Mängel treffsicher und überzeugend aufgedeckt:
    »Hans Holzhaider gebührt Dank und Hochachtung für seine sorgfältige, tiefschürfende, treffsichere Analyse des Daschner-Dramas. Nur dem letzten Satz seines Artikels kann ich leider nicht zustimmen.
    Die 27. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt hat nämlich nicht nach Recht und Gesetz entschieden. Das muss schon für jeden deutlich werden, der den Paragrafen 34 des Strafgesetzbuches gelesen hat. Alles, was das Gericht zu Papier gebracht hat, um sich aus dieser Rechtfertigungsnorm herauszuschleichen, bleibt an der Oberfläche und erschöpft sich in formelhaftem Moralisieren.
    Vor allem aber hat das Gericht massiv gegen den Elementargrundsatz des juristischen Handwerks (und zugleich immer noch die beste und zuverlässigste Richtigkeitsgewähr) verstoßen: die sorgfältige juristische Subsumption unter voller Ausschöpfung und Würdigung des gesamten Beweisergebnisses. Das Gericht hat mit Tricks gearbeitet. Es hat die aufgrund der spärlichen, hinhaltenden Angaben des Täters zwingend vorgegebene polizeiliche Ausgangslage (das entführte und versteckte Kind Jakob von Metzler, das bei jeder weiteren Verzögerung dem sicheren Tod geweiht war) nicht, wie es sich juristisch gehört hätte, säuberlich von dem Ablauf, der erst später bekannt wurde (sofortige Ermordung des Kindes), getrennt, sondern, um dem früheren Frankfurter Polizeivizepräsidenten Wolfgang Daschner einen Strick zu drehen, beide Ebenen aus der Pose des nachträglichen Besserwissers vermengt (Seite 23: ›Die Annahme, das Kind sei in akuter Lebensgefahr, gründete sich auf Vermutungen … Die Realität war ohnehin anders.‹ Und Seite 40: ›Der Fall hob sich nicht von den … Fällen ab, in denen die Täter gleich zu

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