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Um Leben Und Tod

Um Leben Und Tod

Titel: Um Leben Und Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Hoehn , Ortwin Ennigkeit
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Verwahrort des Kindes zu befragen, eindringlich an sein Gewissen zu appellieren und auf die akute Lebensgefahr hinzuweisen. Für den Fall der weiteren Weigerung sollte ich ankündigen, dass sich die Behördenleitung damit nicht zufriedengeben könne; er müsse damit rechnen, dass unmittelbarer Zwang gegen ihn angewendet werde.
    Daschner setzte alles daran, mich zu entlasten: »Herr Ennigkeit hatte keine Möglichkeit, die Sach- und Rechtslage eigenverantwortlich zu prüfen. Ich hatte ihn darauf hingewiesen, dass von höchster Lebensgefahr für Jakob von Metzler ausgegangen werden musste. Die Pflicht der Polizei, diese Gefahr abzuwehren, war ihm bekannt; die Rechtsgrundlage für die Ankündigung unmittelbaren Zwanges ergab sich aus dem Polizeigesetz des Landes Hessen. Ich habe Herrn Ennigkeit ferner dargelegt, dass hilfsweise auch die Rechtfertigungsgründe der Notwehr (in Form der Nothilfe) und des Notstandes in Anspruch genommen werden können. Unabhängig davon bestand seine Aufgabe lediglich darin, meine Entscheidung als Bote zu übermitteln. Diesen Rahmen hat er nach meiner Überzeugung eingehalten. Ich bedaure daher sehr, dass er in dieses Verfahren einbezogen wurde.«
    Und in einer persönlichen Erklärung führte er aus: »In den vergangenen 21 Monaten ist viel über ›Folter‹ gesprochen und geschrieben worden, und der Fantasie waren dabei kaum Grenzen gesetzt. Ich möchte klarstellen, dass ich zu keinem Zeitpunkt die Androhung oder Anwendung von ›Folter‹ veranlasst habe … Wenn verallgemeinernd von ›Folter‹ die Rede sein kann, dann war das der Zustand, dem das entführte Kind Jakob von Metzler ausgesetzt war und der nach damaliger Bewertung noch andauerte – aber davon war in den vergangenen 21 Monaten kaum noch die Rede.«
    Im Anschluss an diese Aussage trug ich meine Sicht des Einsatzablaufs vor und bestätigte den Auftrag des Polizeivizepräsidenten. Zu dem danach folgenden Gespräch mit Gäfgen habe ich ausgeführt:
    Â»Ich schilderte ihm kurz den aktuellen Stand, nämlich, dass sich der Verdacht gegen die Gebrüder B. [Name geändert] nicht erhärtet hatte und sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts mit der Sache zu tun hatten. Außerdem teilte ich ihm mit, dass am Langener Waldsee eine Hütte mit einem Kinderschlafplatz und Blutspuren gefunden wurde. Ich erklärte ihm, es werde davon ausgegangen, dass Jakob in höchster Lebensgefahr schwebe und es auch in seinem eigenen Interesse von Vorteil sei, wenn er sagte, wo das Kind sein könnte. Ich sagte ihm, von der Behördenleitung/Einsatzführung sei angedacht und werde vorbereitet, ihn unter Zufügung von Schmerzen (Anwendung unmittelbaren Zwanges) oder durch Beibringen eines Wahrheitsserums dazu zu bringen, Einzelheiten zu nennen, um das Leben des Kindes zu retten, sofern er weiter schweige oder falsche Angaben mache. … Ich hielt die angedachten Maßnahmen zur Rettung eines Kinderlebens für verhältnismäßig. Aus zeitlichen Gründen kamen mir keine weiteren rechtlichen Überlegungen in den Sinn. Das Kind befand sich, wie wir alle glaubten, in höchster Lebensgefahr, und jede Verzögerung konnte zum Tod führen. … Ich habe an sein Gewissen appelliert, habe ihm eindringlich gesagt, er werde Jakob nie vergessen, habe dies gestisch unterstützt, indem ich rotierende Bewegungen mit meiner Hand bzw. meinem Zeigefinger gemacht habe, was bedeuten sollte, dass die Gedanken an den Jungen ihm immer im Kopf herum gehen würden und er das Kind niemals vergessen werde. …
    Während der Befragung des Beschuldigten ging mir schließlich der Gedanke durch den Kopf, in welcher Situation Jakob sich gerade befinden könnte. Ich hatte verschiedene Bilder vor Augen, so zum Beispiel: Er ist lebendig in einer Kiste begraben, er ist geknebelt, er ist verletzt und durch bislang noch nicht bekannte Mittäter von Gäfgen eingesperrt oder einfach nur abgelegt worden, er könnte um Hilfe schreien. Ich dachte an seine Verzweiflung und sein panisches, angsterfülltes, um Hilfe flehendes Gesicht. Dies setzte ich gegenüber Gäfgen um, indem ich ihm diese Bilder vor Augen führte und immer wieder fragte bzw. aufforderte: ›Wo ist Jakob? Du wirst Jakob nie vergessen. Sein Flehen um Hilfe, sein Schreien werden dir nie mehr aus dem Kopf gehen, werden dich für immer verfolgen. Dein Leben lang. Hast du ihm

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