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Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Titel: Um Mitternacht am schwarzen Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Aber die war leer und blieb heil.
    Rüdiger Muhsons Grobgesicht zeigte noch
mehr Röte als üblich. Wenn er angetrunken war, pflegte er in seinen Taschen zu
wühlen und alles, was er fand, auf die Theke zu legen.
    So auch jetzt.
    Vor ihm häuften sich: Zimmerschlüssel,
Autoschlüssel, ein Paket Papiertücher, Portemonnaie, Taschenmesser, goldener
Zahnstocher im Lederetui, Notizbuch, Kugelschreiber und ein abgerissener Knopf,
an dem noch die Fäden hingen.
    Auf den deutete er.
    „Wann... nähst du... den an?“
    Das war an seine Frau gerichtet.
    Sie schielte heftiger, begriff aber,
was er meinte.
    „Mach’s dir doch selber.“
    „Hahah!“ Er wandte sich an Jan. „So...
sind die Frauen.“ Jan grinste pflichtschuldig.
    „Schenk mir ein, Jonathan.“
    Jan goß ihm den Rest ins Glas.
    Muhson reckte das Kinn. „Du! Deinem
Freund... dem... dem braungebrannten Typ... Typ mit den Locken... kannst du
ausrichten, daß ich ihn das nächste Mal windelweich dresche.“
    Jan lächelte gequält.
    „Blödes Volk, deine Freunde!“ stieß
Muhson durch die Zähne. „Alle! Und die Mädchen... Blöde Gören! Beide. Die
Blonde und die... äh... andere! Blöde!“

    „Ich bin da anderer Meinung, Herr
Muhson.“
    „Pst! Du hast keine Meinung. Du bist
hier der Keeper. Du lebst von meinem Geld.“
    „Nicht nur von Ihrem, Herr Muhson.“
    „Ruhe! Ich bin der Gast. Damit bin ich
der König. Die Rechnung, Jonathan!“
    Er zeichnete sie ab. An ein Trinkgeld
dachte er nicht.
    Als er vom Hocker stieg, fiel er fast
um.
    Dreckskerl! dachte Jan.
    Inzwischen hatte Jessica den
Tascheninhalt ihres Göttergatten in ihre Handtasche gewischt.
    Untergehakt wankten die beiden hinaus.
    Jan schnitt eine Fratze. Am liebsten
hätte er ausgespuckt.
    Aber es lohnte nicht, sich derentwegen
aufzuregen.
    Er nahm die Rechnung von der Theke.
    Seine Bewegung stockte.
    Nanu! Dort lag der große
Schlüsselanhänger mit dem Porsche-Emblem. An ihm hingen zwei Autoschlüssel.
    „Hat sie vergessen“, dachte er, „weil
die Rechnung drauflag.“
    Er heftete sie ab, räumte Gläser und
Untersetzer von der Theke, nahm den Sektkübel weg und stellte die leere Flasche
in den Abfall.
    Sein Blick glitt zu dem
Schlüsselanhänger.
    Er wischte die Bar sauber, leerte zwei
Aschenbecher. Ein Sektkorken lag noch herum. Auf dem Flaschenbord befanden sich
feuchte Flecke.
    Jan schaffte Ordnung. Aber immer wieder
suchte sein Blick die Autoschlüssel.
    Jeden Moment mußte Jessica
zurückkommen. Oder?
    Würde sie im Zimmer ihre Tasche
ausleeren und den Verlust bemerken?
    Oder fiel sie wie ihr betrunkener Mann
ins Bett? Und erst morgen früh wurden die Sieben-Sachen zusammengesucht.
    Er spürte, wie seine Handflächen
schwitzten. Der Gedanke saß im Hinterkopf und drängte nach vorn.
    Da war sie wieder, die Versuchung. Sie
bereitete ihm Herzklopfen. Aber das war nicht unangenehm. Außerdem hatte er
diesmal ein edles Motiv. Zumindest reichte es als Entschuldigung vor sich
selbst.
    Klar! Er konnte nachher den Porsche
nehmen und mit ihm zur Stadt heizen. Selbstverständlich nicht, um seiner
unseligen Leidenschaft für heiße Öfen nachzugeben. Bewahre! Darum ging’s
überhaupt nicht. Im Vordergrund stand, daß er sich nach Tanja umsehen wollte.
Kreuz und quer in der City zu suchen — und sei’s noch so planlos war immer noch
besser, als hier im Seehotel an der Matratze zu horchen.
    Die Schlüssel lasse ich eine Weile hier
liegen, beschloß er. Dann werden wir ja sehen. Kommt sie nicht, die Muhson, bin
ich am Drücker.
    Wenn er ganz leise anfuhr, würde niemand
was merken. Sein Onkel und die Muhsons schliefen ohnehin zur anderen Seite
hinaus.
    Nach seiner Rückkehr wollte er den
Porsche exakt dort abstellen, wo er jetzt parkte. Und die Schlüssel wieder
hierherlegen.
    Lediglich der höhere Kilometerstand auf
dem Tacho konnte verräterisch sein. Aber das war Mushons Sache. Sollte er sich damit auseinandersetzen. Wahrscheinlich würde er einen technischen Defekt
heranziehen, um nicht an seinem Gedächtnis zu zweifeln.
    Jan verließ die Bar.
    An der Rezeption und im Büro war bereits
alles dunkel, in der Küche sowieso.
    Sein Onkel, die Köche, die beiden
Serviererinnen — alle waren zu Bett gegangen.
    Er setzte sich in einen Sessel und
wartete. Nach zehn Minuten wurde er kribbelig.
    In seinem Zimmer zog er sich um. Er
schlüpfte in Jeans und Pullover.
    Wenig später stand er vor der Zimmertür
der Muhsons und horchte.
    Hinter dem Schlüsselloch war kein
Licht. Muhson schnarchte

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