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Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Titel: Um Mitternacht am schwarzen Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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hätte man jetzt in den
Raum sehen können, wäre er beleuchtet gewesen.
    „Gut beobachtet, Willi! Ich hätte es
nicht gemerkt. Ja, da ist wer von innen an die Gardine gestoßen. Wer?
Wahrscheinlich doch Werdy. Das heißt, er war zwischenzeitlich hier. Und wir
haben ihn verpaßt. Kruzitürken!“
    „Vielleicht kommt er wieder.“
    „Du sagst es. Aber ob er dann hier
bleibt, bis es uns beliebt, mal wieder vorbeizuschauen — das ist die Frage.
Deshalb gibt es nur eins: Wir müssen auf ihn warten.“
    „Warten?“
    Klößchens Stimme verriet Entsetzen.
    „Warten, wachen, Postenstehen — nenne
es, wie du willst. Ich meine: hier bleiben.“
    „Ohne Schokolade halte ich das nicht
aus. Außerdem wird es kalt heute nacht.“
    „Unter zwölf Grad sinkt die
Septembernacht nicht. Wir haben Pullover an, nicht aus sommerlicher Kunstfaser,
sondern aus verarbeitetem Schafspelz. Da mußt du dir wirklich Mühe geben, wenn
du frieren willst.“
    Klößchen schluckte. „Aber ich bin jetzt
schon todmüde.“

    Hm! Tim überlegte. Würde er sich die
halbe oder ganze Nacht anhören müssen, wie es Klößchen fror oder/und hungerte?
Das konnte mehr an den Nerven knabbern als der Kampf gegen das Sandmännchen. Im
übrigen genügte es, wenn sich einer die Nacht um die Ohren schlug.
    „Machen wir’s so, Willi: Ich fahre
jetzt zur nächsten Telefonzelle und rufe Gaby an, ob’s Neuigkeiten gibt.
Solange bleibst du hier. Dann übernehme ich, und du dampfst zur Penne. Rein kannst
du. Die Strickleiter hängt an der Hausmauer im Weinlaub. Sei leise! Elwe ist
ein Trottel, aber so vertrottelt auch wieder nicht. Und laß um Himmels willen
das Flurfenster offen, damit ich einsteigen kann.“
    „Wie lange willst du hier warten?“
    „Wann graut der Morgen?“
    „Um sieben, glaube ich.“
    „Viel früher. Aber du wirst ja nie
wach. Ich denke es mir so: Wenn Werdy und Riscanto unsere Freundin Tanja
gekascht haben, dann brennt ihnen jetzt die Hornhaut unter den Füßen. Sie
werden nicht wissen, was sie tun sollen, und sich vorläufig überhaupt nicht
mehr blicken lassen. Wenn Werdy bis zum Morgengrauen nicht auftaucht, ist das
für mich der Beweis für meine Theorie. Sollten die beiden unschuldig sein,
machen sie vielleicht nur eine Rundreise durch die Kneipen. Sobald die letzte
schließt, müßte Werdy hier anrollen. Also spätestens im Morgengrauen.“
    Klößchen seufzte erleichtert.
    Tims Theorie gefiel ihm sehr gut.
    Das Beste daran war, daß hier ein
einzelner Posten genügte.
    Während sich Klößchen auf die
Eingangsstufen hockte, radelte Tim zur Straße zurück.
    Er brauchte eine Viertelstunde, bis er
eine Telefonzelle fand. Münzgeld hatte er sich von Klößchen geborgt.
    Er rief Gaby an und erfuhr, daß Tanja
noch immer nicht zurück sei.
    Mit wenigen Worten teilte er mit, was
sich inzwischen getan hatte, und wie es — aufgrund seiner Vermutung — weitergehen
sollte.
    „Da könnte was dran sein“, meinte sie. „Ich
werde alles Papi unterbreiten.“
    „Ich denke, er ist dienstlich verreist.“
    „Ist er. Aber eben rief er an. Er kommt
schon morgen früh zurück.“
    „Ein Glück!“
    „Und du willst die ganze Nacht vor
Werdys Bude wachen?“
    „Mir macht das nichts aus. Und wenn wir
jetzt nicht am Ball bleiben, können wir das Spiel gleich abpfeifen. Haben
Leihmeiers Vermißtenanzeige erstattet?“
    „Als ich sie vorhin anrief, wollten sie
gerade zur Polizei gehen.“
    „Sollen sie. Bis morgen früh kann der
Böhml keinen Schaden anrichten.“
    „Der“, meinte Gaby geringschätzig, „setzt
nur ein Protokoll auf und pennt dann weiter am Schreibtisch. Ich überlege
gerade. Weshalb ist Werdy noch mal in seiner Datscha (russisches
Wochenendhaus) gewesen?“
    „Dafür gibt es mehrere Gründe.
Vielleicht hat er sich stadtfein gemacht für die Sause. Oder er holte was.
Geld, zum Beispiel. Oder er wollte sich die Füße waschen, weil sie dufteten wie
sein Transport-Gut.“
    „Wie Käse?“ kicherte sie. Dann wurde
sie ernst. „Oder er hat sich mit dem Typ getroffen, der das versprochene Ding
holten wollte.“
    „Mit diesem Gnazow? Hast recht. Der
hatte Geld mit, wie er sagte. Läßt sich das ein Käsefahrer entgehen? Kaum.
Pfote, das ist der Knackpunkt. Werdy kommt noch mal heim, weil ihm die
Verabredung einfällt. Er trifft sich mit Gnazow. Sie machen das Geschäft. Das
versprochene Ding gegen Kohle. Wenn wir anders nicht weiter kommen, werden wir
uns morgen an Gnazow halten. Vielleicht weiß der, wo Werdy

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