Um Mitternacht mit dir im Bett
ziemlich überlaufen scheint.”
Er schaute sich im Saal um. “Sehr richtig. Dennoch sehe ich niemanden, der so zum Anbeißen wäre wie du.”
Beim Klang seiner rauchigen Stimme wurden ihr die Hände in den Handschuhen feucht. Flirtete dieser Mann tatsächlich mit ihr? Ungeachtet ihres Plans, den Safe zu knacken, hatte sie nicht viel für Abenteuer übrig. Doch irgendetwas an ihm zog sie wie magisch an. Sie hätte nicht sagen können, ob es der dunkle Bartschatten an seinem kantigen Kinn oder das verwegene Glitzern in seinen Augen war. “Ich wette, das erzählst du allen kleinen Mädchen, die sich in deinem Wald verirren.”
Er machte einen Schritt auf sie zu. “Wie gesagt, im Wald kann es gefährlich sein.”
“Ich bin nicht ängstlich.”
“Aber ich bin ein sehr hungriger Wolf.” Er kam ihr noch näher. “Ich kann mich gar nicht an dir sattsehen.”
Da war er wieder – der raue Unterton, der ihr verriet, dass sein Interesse an ihr über ein beiläufiges Maß hinausging. Es war lange her, dass ein Mann so unmissverständlich um sie geworben hatte, und sie fand das Gefühl berauschend wie den Champagner, der in den Gläsern der Gäste perlte. Aber sie kannte Michaels Ruf als Frauenheld. “Vorsicht, lieber Wolf, ich könnte dir auf den Magen schlagen oder dir Herzschmerzen verursachen.”
“Unmöglich”, sagte er mit einem Lächeln, das eher ihr auf den Magen schlug. “Ich habe kein Herz.”
Davon hatte sie ebenfalls gehört, aber das Geständnis schien ihm nichts auszumachen. Zweifellos hatte er bisher eine Reihe von Herzen gebrochen. War er in der Liebe ebenso kaltblütig wie im Geschäftsleben? Seine Erfolge als Konzernleiter wurden regelmäßig in den Medien gerühmt. Die neusten Zeitungsartikel hatten unter Sarahs Kollegen die Runde gemacht, nachdem er kürzlich die Dachgesellschaft der Consolidated Bank gekauft hatte.
“Du dagegen”, fuhr er fort und beugte den Kopf zu ihr herunter, “hast wahrscheinlich viel zu viel Herz. Willst du deine Großmutter heute nicht einmal vergessen und dir ein wenig Spaß gönnen?”
Damit traf er ihren wunden Punkt. Ihre Familie ging ihr über alles. Deshalb war sie auch heute hier und setzte ihre Zukunft aufs Spiel, anstatt mit ihren Freunden Silvester zu feiern. Sie hatte sogar schon gute Vorsätze fürs neue Jahr gefasst: spontaner sein, mehr wagen, sich endlich einen Freund suchen.
Letzteres war schwierig, solange sie studierte und zwei Jobs hatte. Doch ihre Reaktion auf Michaels harmlosen Flirt bewies, dass sie endlich wieder mit einem Mann ausgehen musste. Ihre Wangen brannten, als sein bewundernder Blick an ihr hinabglitt, und sie fragte sich, wie sich seine Bartstoppeln auf ihrer Haut anfühlen mochten. Oder seine große Hand auf ihrem Körper.
Wirklich, sie lebte schon viel zu lange enthaltsam. Sie sollte auf Distanz gehen, bevor sie sich noch zu etwas Unbesonnenem hinreißen ließ. “Tut mir leid, Großmutter wartet auf mich.” Sie wandte sich zum Büfett. “Am besten packe ich ein paar Leckereien für sie in meinen Korb und mach mich auf den Weg.”
Im nächsten Moment hätte Sarah sich am liebsten geohrfeigt. Warum musste sie bloß den Korb erwähnen, den Michael sich jetzt neugierig besah? Wenn er den Deckel aufklappte, würde er sofort das blaue Samtetui sehen … und wiedererkennen. Und dann wäre die Hölle los.
Er nahm jedoch zwei Gläser mit Champagner vom Tablett eines vorbeieilenden Kellners und reichte ihr eins. “Erst musst du mit mir anstoßen. Auf das kommende neue Jahr.”
Michael Wolff hatte ihr klares Denken bereits beeinträchtigt, Alkohol wäre ihr Untergang. “Danke, nein”, sagte sie. “Ich mag keinen Champagner.”
“Was für ein braves Mädchen”, murmelte er und stellte ihr Glas auf einem Tisch ab. Dann setzte er seins an die Lippen.
Sie wollte ihm widersprechen, aber er hatte ja recht. Brav war sie in der Tat. Wenn man in einer Familie mit einer kranken Großmutter und einem wenig gesetzestreuen Großvater aufwuchs, lernte man, seinen Angehörigen keine Probleme zu machen. Als ihre Eltern im letzten Jahr nach Kalifornien zogen, war sie dann auch bei ihrem Großvater geblieben, um sich um ihn zu kümmern. Was gar nicht so einfach war, nachdem er sein Diebeshandwerk wieder aufgenommen hatte.
Fasziniert betrachtete sie Michaels Kehlkopf, der beim Trinken auf und ab hüpfte, bis er das Glas absetzte und sie wieder mit diesem Glitzern in den Augen ansah. “Wir haben den Champagner aus Frankreich einfliegen
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