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Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Titel: Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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seines Lebens in seinen Memoiren geurteilt. Mit Johannes R. Becher, dem späteren DDR-Kulturminister, Maxim Gorki und Upton Sinclair gehörte er dem literarischen Beirat des »Zentralorgans der Internationalen Vereinigung revolutionärer Schriftsteller« an, das auf englisch, französisch, russisch und deutsch monatlich in Moskau erschien.
    1945 kam Dos Passos als Journalist nach Deutschland und schilderte seinen Landsleuten in berühmt gewordenen Reportagen 13 die Lebensbedingungen in den zerstörten Städten, beschrieb das Elend der Flüchtlinge und die Organisation des Neuanfangs. Beim Nürnberger Prozeß war er dabei und hat uns ein eindrückliches Bild von Göring überliefert: das Gesicht wie ein Schauspieler, »zugleich durchtrieben, genialisch, extrovertiert und auf schlaue Art von sich selbst eingenommen«. Die Sowjetunion bezeichnete er jetzt als die düsterste totalitäre Tyrannei der Geschichte. Als konservativer Demokrat hat er
in den fünfziger Jahren gegen die Linken polemisiert und sich für den antikommunistischen McCarthy-Ausschuß ausgesprochen.
    Ich hatte ein so schönes Exemplar seines bedeutendsten Romans »Manhattan Transfer«, eine deutsche Erstausgabe, wenn auch mit einem Stempel verunziert: »Gemeindebibliothek – Aussortiert«. Es ist eines der Bücher, die ich immer wieder zur Hand nahm, weil mich die Art der Collage interessierte und vor allem seine Blöckchentechnik, die berühmte Leerzeile. Dieses mir teure Buch ist das einzige, das mir – auf gut deutsch – geklaut wurde, in den Jahren meiner Literaturseminare
    Dos Passos ist einer der wichtigsten amerikanischen Romanciers dieses Jahrhunderts, der große Experimentierer, der Erfinder des Großstadtromans, der für das Industrie-und Massenzeitalter der Moderne einen adäquaten, kinematographischen Stil in die Literatur einführte. In »Manhattan Transfer« ist die Stadt New York zwischen 1900 und 1925 der eigentliche Protagonist.

Fjodor Dostojewski
    Zu Dostojewski habe ich, wenn man so sagen darf, von vornherein eine Affinität, weil er nämlich auch so lange gesessen hat, in Sibirien, als Angehöriger eines revolutionären Kreises, mit Ketten an den Beinen. Dabei war die Verbannung noch ein Glück gewesen: Als er schon mit anderen Verurteilten zur Erschießung ausgekleidet war, traf buchstäblich in letzter Minute die Begnadigung durch den Zaren ein. Sein Buch »Aufzeichnungen aus einem Totenhaus«, die literarische Verarbeitung der Gefängniserfahrung, hat mich bei bei meiner Arbeit an dem Roman »Im Block« sehr beschäftigt, besonders, wie er die Schwierigkeit meistert, eine Zeit zu beschreiben, in der sich nichts ereignet. Ich habe das Exemplar, im Februar 1957 in Göttingen antiquarisch bei Peppmüller gekauft, für 4,90, jetzt noch einmal aus dem Regal genommen und zahlreiche Anstreichungen wiedergefunden.
    Dostojewski reiste in den sechziger Jahren, wie alle gebildeten Russen seiner Zeit, mehrfach nach Westeuropa, auch, weil der Epileptiker hier im günstigen Klima seltener unter
Anfällen litt. Es gibt ein hübsches Tagebuch von ihm aus Baden-Baden, wo er sich über die Korrektheit der deutschen Beamten amüsiert (so was tut gut!). Hier begann seine Spielleidenschaft; in Wiesbaden und anderswo hat er sich in den folgenden Jahren mehrfach ruiniert, alles verspielt, sich von seiner Frau Geld schicken lassen und natürlich sofort wieder alles verloren. In dem Roman »Der Spieler«, in nur vierundzwanzig Tagen diktiert, sind diese Erfahrungen beschrieben. Aber auch in seiner Heimat war er nach seiner Verbannung hoch verschuldet, immer nahe an der Pleite vorbei. Denn zu allem Überfluß hatte er noch die Verbindlichkeiten seines verstorbenen Bruders übernommen. Der große finanzielle Erfolg des Romans »Schuld und Sühne« brachte auch keine Verbesserung seiner Lage, nur ein Teil der Gläubiger konnte abgefunden werden. Rastlos arbeitete Dostojewski weiter, immer in der Hoffnung, durch Honorare für neue Bücher endlich schuldenfrei zu werden.
    Drei Tage habe ich seinerzeit gebraucht, »Schuld und Sühne« zu lesen, und ich habe nie wieder einen Kriminalroman in die Hand bekommen, der so spannend gewesen wäre. Neuerdings soll das Buch ja in der deutschen Übersetzung »Verbrechen und Strafe« heißen oder »Übertretung und Zurechtweisung«. Wie kann man denn einen so einprägsamen Titel wie »Schuld und Sühne« verändern, egal, ob er nun exakt ist oder nicht! Da könnte einem gleich das ganze Buch zum Ekel werden, wenn es

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