Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel
sogenannte Remakes mit einer Hüte tragenden Schauspielerin ersetzt.
Nach ihrer Scheidung 1928 fuhr Agatha Christie mit ihrer Tochter erst einmal in den Orient, lernte in den Ruinen von Ur den dreizehn Jahre jüngeren Professor für vorderasiatische Archäologie, Sir Max Mallowan, kennen, den sie später heiratete. Ein Altertumsforscher sei als Ehemann sehr günstig, meinte sie, denn je älter die Frau werde, desto interessanter sei sie für ihn. Am Ende ihres Lebens saß die Greisin, in wollene Stricksachen gekleidet, meist in ihrem Rollstuhl am Fenster ihres Hauses in der Grafschaft Devon und sah auf den River Dart. Gestorben ist sie in ihrem Wochenendhaus bei Oxford, während ihr Mann ihre Hand hielt.
Lady Agatha blieb auch der Nachwelt ein Geheimnis. Nie hat sie Journalisten empfangen, und warum sie kurz nach ihrem ersten großen Erfolg im Jahre 1926 für zehn Tage verschwand und erst nach landesweiter Suche in einem Hotel unter falschem Namen von der Polizei
gefunden wurde, ist nie wirklich geklärt worden. Die Zeitungen spekulierten nach ihrem Ableben über das hinterlassene Vermögen, das die »Daily Mail« auf fünfundfünfzig Millionen Mark taxierte: die reichste Schriftstellerin der Welt.
Daniel Defoe
Daniel Defoe war der Sohn eines Fleischers. Seine Familie gehörte zu den Dissentern, der puritanischen Opposition gegen die anglikanische Staatskirche. Als junger Mann mußte er einige Jahre auf dem europäischen Kontinent im Exil verbringen, weil er an einem Aufstand des Duke of Monmouth gegen König James II. teilgenommen hatte. Dann handelte er mit Strumpfwaren in London. Mit zweiunddreißig Jahren war er bankrott. Die Summe seiner Schulden betrug siebzehntausend Pfund.
Er begann Flugschriften politischen Inhalts zu verbreiten. In »An Essay Upon Projects« aus dem Jahre 1697 stellte er für seine Zeit erstaunliche Forderungen auf: die Einrichtung von Kreditbanken, Sparkassen, Witwenkassen, Kriegsschulen, höheren Mädchenschulen und die Einführung voller Pressefreiheit. Eine Satire über die Intoleranz der Staatskirche brachte ihn ins Gefängnis. Er mußte dreimal am Pranger stehen, was die Regierung später aber nicht hinderte, ihn als eine Art Spion anzustellen. Er hatte in geheimer Mission nach Schottland zu reisen,
eine Tätigkeit, die er ebenso bereitwillig übernahm wie das Verfassen offizieller Pamphlete. Denn er hatte eine Frau und sechs Kinder zu ernähren.
Ab 1704 gab er die Zeitschrift »The Review« heraus, ein Vorläufer der moralischen Wochenschriften, die im Jahrhundert der Aufklärung auch in Deutschland für die öffentliche Diskussion sozialer und moralischer Fragen bedeutsam wurden. Seinen ersten Roman veröffentlichte er 1719, im Alter von fast sechzig Jahren: »The Life and Strange Surprizing Adventures of Robinson Crusoe« – ein großer Erfolg. Defoe ließ noch zwei Fortsetzungen folgen und schrieb zahlreiche weitere fiktiv-autobiographische Romane, zum Beispiel die »Abenteuer des Kapitäns Singleton« oder »Denkwürdigkeiten eines Kavaliers«. Das Verzeichnis seiner Werke umfaßt einschließlich der Flugschriften und eines dreibändigen Reiseführers, »Tour through the Whole Island of Great Britain«, nicht weniger als zweihundertfünfzig Titel.
Defoe schuf mit seinem Robinson eine der großen Gestalten der Weltliteratur. Er fand viele Nachahmer. »Teutsche«, französische, italienische, schwedische, sächsische, schlesische, kurpfälzische, Schweizer, sogar arabische Robinsons bevölkerten bald alle fiktiven einsamen Inseln der Südsee. Die Nachahmung geht über den Nazifilm »Ein Robinson«, der Geschichte eines Matrosen, der im Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg unzufrieden ist und sich auf eine Insel träumt, auf der es Radieschen
so groß wie Tomaten gäbe, und dann auch tatsächlich hinfährt, bis zu der Schnulze »Robinson soll nicht sterben«, mit der uns Romy Schneider in den späten fünfziger Jahren beglückte. Und noch immer geistert der Robinson-Ernstfall durch Befragungen: Wenn Sie auf eine einsame Insel müßten, welche Bücher würden Sie mitnehmen? Wo dann »Schopenhauer« geantwortet wird oder »Die Bibel«. Der Vorname »Robinson« ist für alle Zeiten gesperrt, ähnlich wie Kaspar, Melitta oder Mercedes.
Charles Dickens
Wenn ich an Charles Dickens denke, fällt mir der Tunnel ein, der seine von einer Straße getrennten Grundstücke verband. Solche Pfade im verborgenen führen auch zwischen seinen Werken und seinem Leben hin und her.
Er ist als
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