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Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Titel: Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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wurde einer der berühmtesten Romane der Weltliteratur.
    Es bleibt ein Jammer, daß man Flaubert nicht im Original lesen kann. Und sehr zu verstehen ist es, daß Sartre ein halbes Leben an seine Flaubert-Biographie wandte.

Theodor Fontane
    Greuliche Erinnerungen habe ich an Fontanes Balladen, »Die Brück’ am Tay« oder »John Maynard«, mit denen wir in der Schule geelendet wurden. Meine Verehrung und Liebe zu Fontane aber rührt aus einer Zeit, als ich meine Lektüre selber bestimmen konnte. Wenn ich an dieses Lesebehagen denke, besonders bei seinem letzten Roman, dem »Stechlin« … Meine Bindung an Fontane rührt auch noch von einem anderen, wichtigen Teil seines Œuvres her: den »Wanderungen durch die Mark Brandenburg«, eine literarische Großunternehmung, die mich bei meiner Arbeit am »Echolot« bestärkt hat. Dankenswerterweise kommt ja ein Vorfahr von mir in den »Wanderungen« vor, der Pastor Collasius in Protzen.
    Vor vielen Jahren, 1982, besuchte ich einmal Friedrich Luft in Berlin. Das winzige Haus, in dem er lebte, wirkte sehr merkwürdig auf mich, so eine Art Alt-Berlin, rings herum Hochhäuser und dazwischen die gemütliche kleine Straße. Ja, die ist noch aus Fontanes Zeiten, erklärte mir der große Theaterkritiker.

    Fontanes erster Roman, »Vor dem Sturm«, der ihn mehr als zehn Jahre lang beschäftigt hatte, erschien im Jahre 1878. Fontane war zu diesem Zeitpunkt immerhin fast sechzig Jahre alt. Er hatte Kriegsbücher veröffentlicht, über den Schleswig-Holsteinischen Krieg im Jahre 1864 etwa oder über den Krieg gegen Frankreich 1870/71, hatte als Journalist gearbeitet, als Korrespondent in London und als Theaterkritiker. »Vor dem Sturm« hielt er für »Arbeit und Inhalt meines Lebens«, wie er kurz vor dem Erscheinen meinte. Tatsächlich aber war es der Auftakt zu einer großen Reihe: Fast jedes Jahr erschien nun eine neue Erzählung oder ein neuer Roman.

Max Frisch
    Max Frisch — er hatte einen leichten Sprachfehler, was nicht auffiel, wenn er an seiner Pfeife sog, und er war mit der Bachmann liiert. Ich hatte mal ein gutartiges und mal ein böses Gespräch mit ihm, in Berlin und in New York, wo er eine Wohnung hatte.
    Bevor Frisch als Romancier zu Weltruhm kam, war er, wie Rudolf Alexander Schröder, Architekt. Er gewann einen Wettbewerb um die Freibadanlage Letzigraben in Zürich, 1942 war das, als im übrigen Europa ganze Städte zerstört wurden.
    Max Frisch betrieb ein ordentliches Architekturbüro. Ich weiß nicht, ob die Häuser funktionieren, die er gebaut hat. Seine weltbekannten Bücher jedenfalls (in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt) sind öde und voller Schnitzer. Die sonderbaren Titel: »Mein Name sei Gantenbein«, »Der Mensch erscheint im Holozän« und »Stiller«, Bücher, die ich aus diesen Gründen nicht zu Ende lesen konnte. Und die ständige Suche nach der eigenen Identität, Schreiben als Selbsterfahrung, als »Notwehr«,
wie Frisch es einmal ausdrückte? Irgendwann hat man davon eben genug. — Und seine Theatersachen, die ununterbrochen aufgeführt werden? »Biedermann und die Brandstifter«: Ganze Generationen von Schulkindern sind durch das alberne Laienspiel geelendet worden, und »Andorra«: Da kommen dann immer zwei Menschen mit Ledermänteln vor, »Nazi« soll das heißen oder »Faschist«. Der große Max Reinhardt hat das erste Stück des damals sechzehnjährigen abgelehnt, was nichts bedeuten muß.
    Hierzulande empfahl sich Max Frisch vor allem durch Tagebücher, die wohl in jeder Studienratsbibliothek stehen. Wie rasend haben sie sich verkauft. Das war so richtig was für die Deutschen, die ihm den Büchnerpreis schon 1958 verliehen und den Friedenspreis des deutschen Buchhandels 1976. Nachdem wir über seinen Briefwechsel mit Dürrenmatt informiert wurden, bescherte man uns kürzlich auch seinen Briefwechsel mit Uwe Johnson. Daß er dem Norddeutschen Geld gegeben hat, finde ich gut. Andere, die genug davon hatten, hielten sich bedeckt.
    Seine Freundschaft zu Dürrenmatt, der weiße Kakadus liebte, ist bekannt. Da hätte man gerne mal zuhören wollen, wenn sie sich – in hohem Maße alkoholisiert – gegenseitig anschrien. Als es an der Zeit war, hat Max Frisch, der gern im Züricher Café Odeon saß und schrieb, immerhin das saubere Schweizer Nest beschmutzt. An den Siebenhundert-Jahr-Feierlichkeiten des Landes nahm er, der sich auch mal auf einem SPD-Parteitag mit Willy
Brandt sehen ließ, nicht teil. Dreiundvierzig Jahre lang war er vom

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