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Und abends etwas Liebe

Und abends etwas Liebe

Titel: Und abends etwas Liebe
Autoren: Mary Scott
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den Eindruck, daß Kenneth Young das ganz und gar nicht gefiel.
    Ken selbst war ein ausgezeichneter Tänzer, aber Cecily schien ihn mit großem Vergnügen an Tony abzutreten, um in den Armen des hübschen jungen Lehrers davonzuschweben. Und auf der Stelle fiel ihre Gleichgültigkeit von ihr ab, die vorher ihre Erscheinung so beeinträchtigt hatte — sie wirkte fröhlich und angeregt. Sie trug ein sehr schönes, weißes Kleid mit einer violetten Stola, und mit ihren dunklen Augen und Haaren wirkte sie einfach verwirrend.
    Ich sah, wie Kenneth den beiden düster über Tonys Kopf weg nachstarrte, und ich merkte, daß dieser ruhige, eher schwerfällige Mann auch rasend eifersüchtig sein konnte. Man konnte nur hoffen, daß Cecily sich zusammennehmen und ihren Kopf nicht verlieren würde. Ich mochte sie gern und wünschte, sie würden sich in der Nähe unserer Farm niederlassen.
    Tony amüsierte sich köstlich mit jedem ihrer Tanzpartner, aber mir fiel auf, daß sie dauernd zur Tür starrte. In einer Pause flüsterte sie mir zu: »Ich dachte, Mr. Craig würde kommen. Das Ganze findet doch für seine Kirche statt. Hoffentlich ist die alte Karre nicht irgendwo zusammengebrochen.«
    Der Pfarrer erschien erst sehr spät und entschuldigte sich vielmals. Er war zu einem kranken Gemeindemitglied gerufen worden, das am äußersten Ende der Pfarrei wohnte. Tony unterbrach den Tanz und ging gemeinsam mit ihrem Partner auf Mr. Craig zu, um ihn zu begrüßen. Dann, ganz plötzlich, sah ich, daß sie bei ihm saß, anstatt weiterzutanzen. Sie unterhielten sich sehr angeregt, und sein vorher müdes, überanstrengtes Gesicht hellte sich zusehends auf. Ich aber blickte eher unruhig zu Tony herüber. Sie schien völlig in dem Gespräch mit dem Pfarrer aufzugehen und nicht die geringste Notiz von den jungen Männern zu nehmen, die ungeduldig darauf warteten, sie von dem Pfarrer wegzuzerren und zum Tanzen zu überreden.
    Dann lächelte sie die wartenden Männer sehr freundlich an, schüttelte aber den Kopf und blieb an Norman Craigs Seite. Anscheinend fühlte sie sich dort absolut wohl und glücklich.
    Ich meinte, das alles sei für den Pfarrer etwas peinlich. Schließlich war es seine Pflicht, sich unter die Leute zu mischen. Auch Larry schien so zu denken. Sie hat übrigens mehr Mut als ich. Wie im Spaß sagte sie: »Komm, Tony. Hilf mir bitte die Herde abfüttern. Du darfst nicht so lange mit Mr. Craig schwätzen. Er muß sich doch nach den vielen kranken Kindern und alternden Müttern erkundigen.«
    Tony stand sofort auf und war bald Mittelpunkt einer Gruppe junger Männer, unter ihnen Barry Lusk. Ich sah, wie Cecily die beiden mißmutig beäugte, dann drehte sie sich weg und sagte etwas zu ihrem Nachbarn. Ich bin sicher, daß ihre Bemerkung nicht überhört werden sollte, aber plötzlich trat einen Augenblick lang eine merkwürdige Stille ein, die mitten im Gewirr von Stimmen auftreten kann, und man konnte Cecilys Stimme schrecklich deutlich hören:
    »Wie das Sonntagskleidchen eines Schulmädchens. Ich hatte einmal geglaubt, wir würden endlich einen Blick auf die Mode von Sydney werfen dürfen.«
    Dann, ebenso plötzlich, begann alles wieder zu reden.
    Es war ein sehr peinlicher Augenblick gewesen, und Cecily wurde knallrot und sah ziemlich unglücklich aus. Tony tat mir sehr leid, aber dieses Mitleid hätte ich mir sparen können, denn sie zeigte sich überhaupt nicht beeindruckt. Sie wandte sich Cecily zu und meinte mit einem freundlichen Lachen: »Wie recht du hast. Das ist dieses schreckliche, alte Schulkleid. Hast du so eins auch mal gehabt?«
    Natürlich erkannte sie nicht sofort, daß dies die erschöpfendste, schlagfertigste Äußerung war, die sie machen konnte. Denn wir alle wußten, daß Cecily Harper nicht etwa ein vornehmes Internat, sondern eine gewöhnliche höhere Schule besucht hatte, die zwar ausgezeichnet war, aber keinen großen Namen hatte. Cecily stotterte vor sich hin, aber Tony fuhr unbekümmert fort: »Na ja, du hattest eben Glück. Ich hasse diesen alten Fetzen, aber macht ja nichts. Susan wird mir ein neues Kleid schneidern, und dann zeigen wir dir, wie die Mode in Sydney aussieht.«
    Perfekt abgekanzelt. Und um so wirksamer, weil unbeabsichtigt und unbewußt. Es überraschte mich überhaupt nicht, daß Cecily bleich wurde. Sie war sich selbst nicht mehr gut, als Barry Lusk sich bei Tony einhakte und sagte: »Das ist kein alter Fetzen. Das ist ein sehr nettes Kleid. Aber komm mit. Hier drinnen haben wir
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