Und abends etwas Liebe
Aber komm mit. Hier drinnen haben wir schon genug Zeit
verschwendet. Die sollen endlich etwas Musik machen.«
Während dieses kleinen
Zwischenfalls schaute ich zufällig zu Norman Craig hinüber, der bei Cecilys
häßlicher Bemerkung die Stirn runzelte. Er bewegte sich instinktiv auf Tony zu,
so, als wolle er sie beschützen. Aber er hielt sich dann doch zurück und
lächelte, als er Tonys schlagfertige Antwort hörte. In diesem Lächeln lag eine
gewisse Zärtlichkeit und Zuneigung.
Sobald sie ihren verschiedenen
Partnern entkommen war, eilte sie wieder zu ihm und meinte: »Es ist heiß hier
drinnen. Ich mag auch nicht mehr tanzen. Erzählen Sie mir doch bitte noch etwas
mehr von der Marine. Ich möchte mich lieber unterhalten als tanzen.«
Und wieder hatte ich dieses
unbehagliche Gefühl. Tony war sonst verrückt aufs Tanzen. Die jungen Männer rissen
sich um sie. Es war unnatürlich, daß sie sich hinsetzte und mit einem Mann
plauderte, der in ihren Augen zu dem guten Mittelalter zählen mußte. Dazu kam,
daß sie ruhig und aufmerksam zuhörte.
Ich forderte Paul auf: »Geh und
versuch, Tony zum Tanzen aufzufordern. Sie kann doch unseren Pfarrer nicht ganz
für sich mit Beschlag belegen. Der sollte sich doch mit allen unterhalten. Geh
und rette ihn«, und genau das tat mein Mann sehr gründlich, obwohl ich aus
Tonys Gesicht ablesen konnte, daß sie die Onkels für eine sehr blöde und
störende Einrichtung hielt. Dennoch folgte sie Paul, lächelte aber vorher den
Pfarrer noch an: »Alles so interessant, aber Sie sind eine zu wichtige
Persönlichkeit, als daß Sie hier sitzen und sich mit mir unterhalten könnten. Um
Gottes willen. Noch ein Walzer. Bring mich bloß aus der Nähe dieses
schrecklichen Freeman weg, Paul. Paul, meinst du, Craig könnte trotz des Beins
tanzen?«
Ich mußte an die instinktive
Bewegung Craigs denken, als Tony sich gegen Cecilys Spitzfindigkeiten wehrte.
Ich hatte das Gefühl, daß Tony leicht einen falschen Weg einschlagen könnte.
Norman Craig war mehr als zwanzig Jahre älter als sie, und es wäre eine
Katastrophe, wenn das Mädchen Ritterlichkeit mit etwas anderem, wesentlich
Ernsterem verwechseln würde. Der Pfarrer mochte Tony gern. Wenn er sie öfter
sehen würde, könnte er sogar mehr für sie empfinden. Würde sie reif genug sein,
Freundschaft von Liebe zu unterscheiden?
Der Abend endete gegen ein Uhr
mit der englischen Nationalhymne. Ich war sehr müde, und auch Paul gähnte
verschiedentlich versteckt hinter der Hand. Mr. Craig sah bleich und
überanstrengt aus, aber Tony strahlte und lief noch einmal zu ihm hin, um sich
von ihm zu verabschieden. »Und auf jeden Fall müssen Sie uns bald besuchen und
uns mehr von diesen großen Reisen erzählen. Paul sagt, wir könnten dann auch
gemeinsam ausreiten.«
Er lächelte sie an und meinte:
»Das wäre sehr schön!« Aber er versprach nicht, zu kommen, und wandte sich
einem Dutzend anderer Leute zu, um sich von ihnen mit der gleichen
offenherzigen Freundlichkeit zu verabschieden.
Natürlich war Larry nichts
verborgen geblieben, aber ihr einziger Kommentar war: »Welch ein Glück. Dieses
Kind darf nicht noch einmal verletzt und gekränkt werden. Wir müssen etwas
unternehmen, Susan.«
Aber als ich mich dann noch
einmal an den Gesichtsausdruck Tonys erinnerte, während sie Norman Craigs
Worten lauschte, da hatte ich plötzlich das Gefühl, daß Larry etwas unternehmen
wollte, das auch ihre erheblichen Kräfte überfordern könnte.
6
Unsere Männer hatten Larry und
mich schon oft des ebensowenig ansprechenden wie verderblichen Hobbys der
Stiftung von Ehen beschuldigt. Aber diesmal wollten wir genau das Gegenteil
erreichen. Wir waren fest entschlossen, Tony die Möglichkeit zu nehmen, Norman
Craig zu treffen oder in der Vorstellung zu schwelgen, einen Mann zu lieben,
der bestimmt nicht die Absicht hatte, ein junges Mädchen zu heiraten, wenn er
überhaupt Gedanken in dieser Richtung hegte.
Ärgerlich sagte Larry: »Es gibt
einen Haufen von Männern in unserer Gegend, die alles das haben, was ein Mann
haben muß. Jung, gutaussehend, gesund und bereit, sich in ein hübsches Mädchen
zu verlieben. Was, um Himmels willen, findet sie bloß an diesem Mr. Craig?«
»Er ist mutig, freundlich und
sehr aufrichtig. Außerdem ist er anders. Sie macht sich aus den anderen einfach
deshalb nichts, weil sie alles haben. Wenn doch Barry, Jim Carr oder Peter
Anstruther etwas zustoßen würde, nichts Schreckliches natürlich und nur
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