Und abends etwas Liebe
dürfen. Und sie wird das gleiche Spielchen mit Paul versuchen.«
»Paul paßt schon auf sich auf.
Vergiß jetzt diese biestige Kuh, komm herein und bade das Bein in einer
desinfizierenden Lösung.«
»Ach, das Bein ist doch in
Ordnung. Meinst du nicht, mit Mr. Craigs Hilfe sollten wir noch einen Versuch
machen? Ich kann nicht vertragen, mich von einer dummen Kuh so aufs Kreuz legen
zu lassen.«
Tröstend meinte daraufhin
Craig: »Darüber würde ich mir keine Gedanken machen. Du scheinst dich doch ganz
wacker geschlagen zu haben. Wo ist Paul eigentlich?«
»Am See, macht dort endlich
einmal ein paar Tage Ferien. Nur zwei Tage. Er ist davon überzeugt, daß seine
Farm eine längere Abwesenheit nicht übersteht. Was machen Sie denn schon so
früh hier draußen? Kommen Sie doch herein und trinken Sie eine Tasse Kaffee!«
»Ich habe gehofft, Sie würden
mich hereinbitten. Mein Wagen schreit nach Wasser, das ich bei Ihnen holen
wollte. Dann hörte ich aber den Schlachtenlärm, der mich in den Stall lockte.
Ich bin auf dem Weg zu einem alten Mann. Ich glaube kaum, daß er sich gern als
eines meiner Pfarrkinder bezeichnen läßt, aber er ist ein guter Freund. Er
wohnt ungefähr sechs Meilen von hier, an der kleinen Seitenstraße oben auf dem
Hügel.«
Ich schämte mich regelrecht,
bisher nichts von diesem einsamen Mann gewußt zu haben. Während der Pfarrer
seinen Kaffee trank, erkundigte ich mich genauer.
»Warum sollten Sie ihn kennen?
Er kommt nie nach Tiri, und die Post und andere Sachen werden ihm von der
anderen Seite hergebracht. Er besitzt kein Auto. Nur durch einen Zufall lernte
ich ihn kennen. Denn ich hatte direkt vor seinem kleinen Anwesen eine
Reifenpanne, und er kam aus seinem Haus, um zu fragen, ob er mir helfen könne.
Ein wirklich netter, alter Herr, aber es wird wohl bald mit ihm zu Ende gehen.«
»Hält er Kühe?«
»Nein, er ist überhaupt kein
Farmer. Er lebt in dem Teil der Gegend, der vor Jahren auf gegeben wurde. Das
Häuschen stand da, und ein paar Morgen Grasweide, genug, um darauf eine alte
Kuh und ein paar Hühner zu halten. Er ist dort alleine mit seinem Hund und
füttert Toss besser, als er sich selbst zugesteht.«
»War er denn jemals Farmer?«
»Er war Viehtreiber und bezieht
eine Rente aus dem Ersten Weltkrieg. Er ist schon weit über siebzig Jahre alt.
Im Krieg wurde er schwer verwundet, aber er konnte noch reiten, und das faule
Leben machte ihm Spaß. Bis vor wenigen Jahren war er noch Viehtreiber. Aber
dieser Beruf stirbt sowieso in einer Zeit aus, in der alles nur noch per
Lastwagen transportiert wird.«
Tony zeigte sich brennend
interessiert.
»Hat er denn genug, um leben zu
können?«
»Aber ja, er hat seine Rente,
und der Besitzer des Grundstücks überläßt dem Mann das Häuschen für ein paar
Shilling Miete pro Woche. Der Hund ist der einzige Luxus, den er sich leistet,
und ein treuer Gefährte. Toss ist der letzte
Gefährte, der ihm geblieben ist, und auch der ist schon sehr alt.«
»Werden Schafe und überhaupt
das Vieh in Neuseeland heutzutage nicht mehr über Land getrieben?«
»Nicht über kurze Entfernungen.
Es gibt noch die großen Trecks von der Küste aus, aber der alte Bursche könnte
das nicht mehr. Er kann einfach nicht mehr reiten. Er ist schon ziemlich
gebrechlich.«
»Besuchen Sie ihn oft?« Tony
stellte immer wieder Fragen.
»Nicht so oft, wie ich
eigentlich möchte, aber immer, wenn ich in der Gegend zu tun habe oder mich
morgens einmal freimachen kann.«
»Könnte ich Sie heute nicht
dorthin begleiten? Dann könnte ich das Häuschen saubermachen und ihm etwas
kochen. Bitte, ja?«
Er lächelte in der freundlichen
Art, die anscheinend Tony vorbehalten war, und sagte: »Tony, das würde dir
nicht besonders gefallen da oben. Das Häuschen ist ziemlich verkommen. So etwas
hast du wahrscheinlich noch nie in deinem Leben gesehen.«
»Dann wird es aber endlich
Zeit. So etwas macht mir übrigens nichts aus. Wenn der alte Mann nichts dagegen
hat, oder?«
»Na ja, offen gesagt macht er
sich nicht gerade viel aus Frauen, aber gegen ein junges Mädchen wird er sicher
nichts einzuwenden haben.«
Tony errötete. Ich glaube kaum,
daß sie besonders glücklich darüber war, als ein Kind bezeichnet zu werden.
Aber sie meinte dann nur: »Also, ich komme mit Ihnen. Susan, kann ich einen
Schrubber und einen Besen mitnehmen?«
Wenn ich an den Zustand von
Tonys eigenem Zimmer dachte, dann war es für mich ein wunderbares Gefühl, zu
sehen, was Liebe
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